Lichtenfels hat eine ansehnliche Bilanz, was die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit anbelangt. Dies macht mich als Lichtenfelserin, die in New York lebt und arbeitet, stolz. Ich bin denen dankbar, die dies hauptsächlich geleistet haben – den Verantwortlichen und Zuständigen des Landkreises, der Stadt und des Meranier-Gymnasiums. Lichtenfels sollte auf diesem Weg weitergehen und mit Mut und Kreativität auch die Zukunft des Sonnenhauses gestalten. Ein Verkauf dieses historisch bedeutsamen Gebäudes wäre schlichtweg enttäuschend.
Hier in den USA ist Lichtenfels auf dem Weg, als Musterbeispiel der deutschen Erinnerungskultur bekannt zu werden. Dies ist das Verdienst von Lisa Salko, der Enkelin des jüdischen Führerscheinhalters Sigmund Marx. Frau Salko gibt Vorträge über ihre Reise nach Lichtenfels im November 2018, als 80 Jahre nach dem Novemberpogrom von 1938 die Nachkommen der 13 Führerscheinhalter eingeladen wurden. Sie beschreibt, wie warmherzig sie empfangen wurde, wie sie durch das 13-Führerscheine-Projekt ihre Familiengeschichte zurückbekam, wie der Eintrag ins Goldene Buch des Landkreises den guten Namen ihrer Familie wiederherstellte und wie froh sie ist, dass die Stolpersteine an das Leben ihrer Vorfahren in Lichtenfels erinnern. Sie sagt, dass das 13-Führerscheine-Projekt ihr Leben verändert hat.
Am 25. Oktober sprach Frau Salko am Baruch College in New York. Nach ihrem Vortrag schrieb mir eine Studentin Folgendes: “Viele Orte auf der Welt kehren ihre Geheimnisse unter den Teppich. Doch die Menschen in Lichtenfels waren stark genug, die Fehler der Vergangenheit zu erkennen und die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“
Dürfte ich einen Beitrag zur Diskussion über die Zukunft des Sonnenhauses leisten und an etwas anschließen, das Stadtrat Dr. Arndt-Uwe Schille in seiner Stellungnahme erwähnte? Wie wäre es, wenn das Sonnenhaus dem gewidmet würde, was die Familien Bamberger und auch Pauson so außergewöhnlich machte: dem Weitblick, die Bedeutung moderner Kunstströmungen zu erkennen (sei es der Expressionismus oder das Bauhaus) und diese Künste zu fördern.
Wie wäre es, wenn Lichtenfels Teil einer Bauhausstraße würde (z.B., Dessau-Weimar-Probstzella-Lichtenfels-Tel Aviv)? Gäbe es für einen derartigen Plan vielleicht Zuschüsse vom Bund, die für die Restaurierung des Hauses verwendet werden könnten? Man könnte dann zumindest ein Stockwerk im Haus der Bauhauseinrichtung und den Kunstsammlungen widmen. Ich höre schon das Gegenargument, dass keine Möbel mehr vorhanden sind und Originalbilder heute unerschwinglich wären (das Ernst-Ludwig-Kirchner-Gemälde “Berliner Straßenszene” im Besitz von Thekla Hess, geb. Pauson zum Beispiel wurde 2006 für 38 Millionen Dollar verkauft). Aber man könnte zumindest ein paar Räume mit ähnlichen Bauhausmöbeln ausstatten . . . oder besser noch, in Zusammenarbeit mit dem FADZ die Kunst und Möbel in einem Raum durch augmented reality oder gar virtual reality wieder zum Leben erwecken. Wenn ja, könnte man dann das obere Stockwerk für eine Studentenwohnung nützen?
Egal was, bitte verkaufen Sie das Haus nicht, werte Stadträte. Haben Sie Mut, etwas Besonderes zu schaffen, das die beispielhafte Arbeit, die bisher in Lichtenfels geleistet wurde, weiterführt und unsere Heimatstadt noch attraktiver macht, als sie schon ist.
Prof. Elisabeth Gareis
Tarrytown, New York