Jedes Jahr zur Brutzeit häufen sich bei der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) Meldungen über scheinbar hilflose Jungvögel, die aus dem Nest gefallen sind. Die erste Vorsitzende Marion Damm bestätigt, dass tatsächlich viele Junge das Nest verlassen, bevor sie voll flugfähig sind.
„Die Jungvögel müssen erst das Fliegen lernen. Es dauert einige Tage, bis sie es richtig können. Beim Üben müssen sie sich immer wieder ausruhen und sitzen dann wie hilflos herum“, sagt die Vorsitzende. Gemeinsames Kennzeichen all dieser Jungvögel sei es, dass sie bereits ein recht voll entwickeltes Gefieder hätten, wenn auch die Federn noch zum Teil in den Kielen stecken. „Die Gründe für das vorzeitige Verlassen des Nestes kann z.B. eine Störung am Nest sein, so dass die Vogelkinder geflohen sind. Bei einigen Arten, wie z.B. beim Waldkauz, verlässt der Jungvogel oft ohne äußere Einwirkung das Nest, bevor er richtig fliegen kann. Diese werden dann als 'Ästlinge' bezeichnet", sagt Marion Damm. Gelegentlich würden sie abstürzen und dann scheinbar hilflos in der Gegend herum sitzen. Hier kümmerten sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Altvögel weiter um die Jungen. Die Jungvögel ständen mit ihren Eltern durch Lok und Bettelrufe in Verbindung und würden somit weiter versorgt und sorgfältig beobachtet.
Altvögel finden ihre Jungen wieder
„Man soll, wenn man derartige Jungvögel findet, sie entweder ganz in Ruhe lassen oder höchstens an einem geschützten Ort setzen, der natürlich nicht allzu weit vom Fundort entfernt sein darf. So kann man z.B. einen abgestürzten Waldkauz wieder in einen Baum setzen. Die Altvögel werden auf jeden Fall ihre Jungen wieder finden“, so die Kreisvorsitzende weiter. Man brauche keine Bedenken zu haben, dass sie nach dem Anfassen von ihren Eltern verstoßen würden. Die Vögel hätten im Gegensatz zu vielen Säugetieren einen relativ schlechten Geruchssinn.
„Die Chance, dass er in Freiheit überlebt ist weit größer, als bei einem Aufzuchtversuch.“
Marion Damm, Gruppenvorsitzende
„Nach dem Umsetzen soll man sich aber rasch entfernen, damit die meist recht scheuen Altvögel ihre Jungen wieder füttern können“, so Marion Damm. Als Faustregel sagt sie: „Findet man einen im Gefieder schon recht weit entwickelten Jungvogel, so sollte man diesen auf keinen Fall mitnehmen, um ihn aufzuziehen. Die Chance, dass er in Freiheit überlebt ist weit größer, als bei einem Aufzuchtversuch.“
Die zweite Gruppe der Jungvögel seien Junge, die noch nackt sind und aus irgendwelchen Gründen aus dem Nest gefallen sind. Die Ursachen hierfür könnten recht verschieden sein, wie zum Beispiel die Plünderung des Nestes durch eine Katze oder ein Unwetter. „Sind die Jungen noch sehr klein, so ist die Aussicht, dass sie von den Eltern weiter versorgt werden, relativ schlecht.
Allerdings sind die Überlebenschancen bei einer Aufzucht durch den Menschen meistens nur unwesentlich größer. Zum einen ist sehr viel Sachkenntnis und Mühe nötig, da die Jungvögel regelmäßig besonderes Futter brauchen. Zum anderen haben die Jungvögel durch einen Sturz aus dem Nest oft nicht sichtbar innere Verletzungen, an denen sie dann verenden. So sei in der Mehrzahl aller Fälle die gut gemeinte Arbeit umsonst. Marion Damm empfiehlt deshalb, Jungvögel nur in wirklich begründeten Ausnahmesituationen mitzunehmen und einen Aufzuchtversuch zu wagen.
Reisighaufen wahre Lebensretter für die Tiere
Die Vorsitzende bittet darum, eine große Vielfalt in der Landschaft und im Garten zu schaffen oder zu erhalten. Die Gefahren für Jungvögel könnte wesentlich vermindert werden, wenn genügend Versteckmöglichkeiten vorhanden seien, wie dichte und stachelige Hecken. Vor allem Reisighaufen seien für die Jungvögel wahre Lebensretter. Hier könnten sie sich zurückziehen und seien sicher vor größeren Fressfeinden.