Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Lichtenfelser Marktplatz: Funde bezeugen frühere Siedlungen

LICHTENFELS

Lichtenfelser Marktplatz: Funde bezeugen frühere Siedlungen

    • |
    • |
    Michael Jandejsek mit dem kleinen gefundenen Gefäß, das möglicherweise eine Art Rassel war.
    Michael Jandejsek mit dem kleinen gefundenen Gefäß, das möglicherweise eine Art Rassel war. Foto: Werner Diefenthal

    Es sind oft die kleinen Dinge, die Großes bewirken können. So kann man den Abend treffend zusammenfassen, an dem Michael Jandejsek, Archäologe und Grabungsleiter, die Funde und Ergebnisse vorstellte, die man während den Grabungen unter dem jetzigen Archiv der Zukunft machte. Und so wurde aus dem Archiv der Zukunft das Archiv der Vergangenheit.

    Keller bezeugt Alter

    Rund 50 Interessierte hatten sich eingefunden und wurden mit Erkenntnissen förmlich überschüttet. „Lichtenfels ist wohl weit älter, als man bisher angenommen hat“, begann Jandejsek seine Ausführungen.

    Als man das Gebäude Marktplatz 2 abriss, trat darunter ein Gewölbekeller zum Vorschein. Und man machte sich an die Arbeit, grub rund um den Keller in mehreren Bereichen. „Es war die erste Grabung, die im Stadtkern von Lichtenfels unternommen wurde.“

    Fünf Monate lang grub man links und rechts des Kellers, kartierte, sichtete, siebte und sammelte bis auf den ursprünglichen Boden hinunter. Und fand teilweise erstaunliches. „Diese Schichten“, so der Grabungsleiter, „sind für uns Archäologen wie ein Buch, in dem man lesen kann. Es macht für uns Geschichte nachvollziehbar.“

    Wichtiger Punkt auf der Karte

    Der Marktplatz, so referierte er, läge im hochwasserfreien Bereich des Mains. Und direkt an zwei ehemaligen Fernstraßen, einmal nach Kronach/Bamberg/ Erlangen und nach Coburg. Also sozusagen ein früher Verkehrsknotenpunkt. Bis dahin war noch alles so, wie man es gewohnt war, keine neuen Erkenntnisse. Doch dann ließ Jandejsek die Bombe platzen.

    „Anhand der ältesten Funde, die wir gemacht haben, gehen wir jetzt von einer frühen Besiedlung bereits um 1000 vor Christus aus.“ Atemlose Stille herrschte, das musste erst verdaut werden. „Dann haben wir Keramikfunde, die wir ins Jahr 500 bis 600 nach Christus datieren können. Das können wir anhand der Brennart einwandfrei einordnen.“

    Dieser Schlüssel wurde gefunden und wird zur Zeit restauriert, bevor man ihn als 3D-Druck rekonstruiert.
    Dieser Schlüssel wurde gefunden und wird zur Zeit restauriert, bevor man ihn als 3D-Druck rekonstruiert. Foto: Werner Diefenthal

    Gab es bis dahin noch zweifelnde Blicke, so konterte Jandejsek. „Eine Scherbe macht noch keine Siedlung, aber wir haben das Glück, eine zweite Grabung machen zu können, und zwar ein paar Meter von hier, am Marktplatz 10. Und mit Funden dort konnten wir einige Lücken schließen. Wir gehen also jetzt davon aus, dass im fünften und sechsten Jahrhundert hier dauerhaft gesiedelt wurde.“

    Artefakte zum anfassen

    Ging man bisher davon aus, dass es Besiedlungen erst im siebten und achten Jahrhundert gab, so könnte es jetzt sein, dass die Stadtgeschichte umgeschrieben werden muss. Zum ersten Mal erwähnt wird Lichtenfels 1142, ab 1231 gilt das von Otto VIII., Herzog von Meranien, verliehene Stadtrecht.

    Michael Jandejsek stellte weitere Funde vor, davon ein Großteil Keramik aus verschiedenen Zeiten, vieles davon Scherben, die teilweise als Füllmaterial für einen vom Knopsberg in Richtung Markt führenden Graben verwendet wurden. Unklar ist, ob dieser Graben eine natürliche Verwerfung war oder einst künstlich angelegt wurde, um das Wasser vom Berg abzuleiten. Besonders interessant waren Funde, die er präsentieren konnte, wie ein zweiköpfiges Pferd, ein größeres Gefäß und ein sehr kleines. Durch das „Machbar“ ist es gelungen, diese Artefakte im 3D-Druck zu rekonstruieren, so dass man diese in die Hand nehmen und begutachten konnte. Auch ein Schlüssel wurde gefunden, der sich zurzeit noch in der Restaurationsphase befindet und dessen Zweck noch nicht geklärt werden konnte.

    Ein gefundenes Gefäß, dessen Zweck unklar ist.
    Ein gefundenes Gefäß, dessen Zweck unklar ist. Foto: Werner Diefenthal

    War es wirklich ein Keller?

    Wozu der Keller, der wieder originalgetreu eingebaut wurde, damals genau diente, ist noch nicht ganz sicher. Aber anhand der Bodenschichten und der Funde gehe man davon aus, dass der ursprüngliche Platz tiefer war als heute und der Keller damals möglicherweise ebenerdig war. Dafür würden auch die drei gefundenen Zugänge sprechen. Michael Jandejsek vermutet, dass es sich bei dem ursprünglich an dieser Stelle gestandenen Gebäude möglicherweise um eine Kemenate gehandelt haben könnte, auch ein Teil eines alten Gutshofes wäre denkbar. Für diese Theorie spräche, dass die Ablagerungen an dem gefundenen Schlüssel sehr stark nitratbehaftet waren, welche auf Viehhaltung schließen ließen.

    „Die hier bei den Grabungen zutage getretenen Funde, rund 40 Kisten an Material, dienen uns jetzt als Grundlage für die Arbeit am Marktplatz 10. Es kommt sehr selten vor, dass man in so kurzer Zeit an zwei nur wenige Meter auseinanderliegenden Stellen graben kann und es auch noch der gleiche Ausgrabungsleiter ist. Es bleibt auf jeden Fall spannend“, schloss Jandejesk seinen äußerst spannenden und interessanten Vortrag. Und wer weiß, möglicherweise muss die Chronik der Stadt am Ende doch noch geändert werden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden