Zahlreiche Omas und Opas nahmen auch am jüngsten Monatstreffen der „Omas gegen rechts“ teil. Es entstanden interessante Diskussionen. Bedauert wurde, dass das für Lichtenfels wohl einzigartige Beispiel einer Bauhaus-Architektur, das sogenannte Sonnenhaus, von der Stadt Lichtenfels wieder verkauft wird. Die Anwesenden hätten sich eine würdigere Nutzung gewünscht und äußerten nun die Hoffnung, dass die Stadt sehr sensibel mit dem Verkauf umgeht. Angeregt wurde zumindest eine Tafel am Anwesen, welche auf die ehemaligen Besitzer und den Baustil hinweist. Auch tauchte die Frage nach dem Verbleib des ehemaligen Interieurs auf, und ob nicht alteingesessene Lichtenfelserinnen und Lichtenfelser eventuell hierzu noch etwas wissen könnten.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Sachstand des Antrages der Omas gegen Rechts und des Bündnisses „Lichtenfels ist bunt“ von September 24 zur Anbringung einer Gedenktafel am Lichtenfelser Bahnhof für die von dort deportierten Jüdinnen und Juden erfragt, heißt es in dem Pressetext der „Omas gegen Rechts“. Leider gab es von Seiten der Stadt hier noch keine befriedigende Antwort.
Der Text hinsichtlich weiterer Verfolgter sei noch unklar, so die Auskunft. Die Anwesenden waren jedoch der Meinung, dass, sollte außer dem Gedenken an die jüdischen Deportierten, auch an politisch Verfolgte, Zwangsarbeitende, psychisch Kranke etc. erinnert werden, was ja nicht zwingend erforderlich sei, sicher ein einfacher Satz genügen würde. Hierfür gibt es in Deutschland bereits zahlreiche Beispiele auf ähnlichen Tafeln. Es wurde vereinbart, im September ein persönliches Gespräch mit der Verwaltung anzufragen und die Hoffnung ausgesprochen, dass zum nächsten Deportationstag am 24. April 2026 die Tafel eingeweiht werden kann.
Diskutiert wurde ebenfalls über die Umbenennung der Conrad-Wagner-Straße in Lichtenfels. Es wurde begrüßt, dass die Umbenennung nicht wie ursprünglich von der Verwaltung vorgeschlagen final abgelehnt, sondern die Entscheidung noch vertagt wurde. Man gehe davon aus, dass das Gutachten von Prof. Dr. Günter Dippold, welches nach der Sommerpause vorliegen soll, eine klare Entscheidungshilfe bietet. Wichtig sei hier die Beurteilung, in welcher Weise sich Conrad Wagner im Naziregime aktiv beteiligt beziehungsweise bereichert hat oder begünstigt wurde. Von den Stadträtinnen und Stadträten wird eine gegebenenfalls auch unangenehme Entscheidung erwartet.
Entsetzen löste der neue Gewaltbericht des Innenministeriums aus, erreicht doch der Stand politisch motivierter Straftaten einen neuen Höchstwert. Besonders hoch ist der Anteil von Gewalttaten mit einem rechten Hintergrund. Über 42.000 Straftaten wurden in 2024 in diesem Bereich verzeichnet.
Einig war man sich, dass es daher extrem wichtig sei, dass alle Menschen, und vor allem auch Jugendliche, einen gesicherten Arbeitsplatz mit ausreichendem Einkommen erhalten müssten, damit „diese den Rattenfängern aus dem rechten Milieu nicht auf den Leim gingen“. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Mindestlohn von 15 Euro/Stunde müsse daher unbedingt kommen.
Vorgestellt im Rahmen des Bildungsauftrages wurde diesmal Emilie Schindler als Figur des Widerstandes. Hier ist vor allem bemerkenswert, dass diese lange im Schatten ihres charismatischen Mannes Oskar Schindler stand und erst sehr spät die ihr zustehende Ehrung als Retterin vieler jüdischen Menschen erfuhr, obwohl die praktische Hilfe durch Nahrung etc. vor allem durch sie erfolgte.
Erinnert wurde an die Veranstaltung zum zweijährigen Bestehen der Omas gegen Rechts. Hierzu findet am Dienstag, 21. Juli, 17 Uhr, eine Führung am Lichtenfelser Judenfriedhof durch Prof. Dr. Günter Dippold statt. Alle interessierten Lichtenfelserinnen und Lichtenfelser sind willkommen. Anschließend ist ein gemütliches Beisammensein geplant. Gesonderte Einladung ergeht noch, ebenso zum Monatstreffen im Juni.
Biographie Emilie Schindler Emilie Schindler, geb. Pelzl wurde am 22.Oktober 1907 im mährischen Alt Moletein, Mähren, geboren. Ihre Eltern bewirtschafteten mit ihren Großeltern einen Gutshof. Mit 20 Jahren lernte Emilie Oskar Schindler kennen, den sie am 6. März 1928 heiratet. Er ist ihre große Liebe, obwohl er schon damals zahlreiche Affären hatte. Das Ehepaar Schindler zieht nach Zwittau (heute: Svitavy, Tschechien) zu den Eltern von Oskar. Zweimal wöchentlich besucht Emilie ab 1939 ihren Mann Oskar, der nach dem deutschen Überfall auf Polen in Krakau als Fabrikant arbeitet. Trotz zahlreicher Liebesaffären ihres Mannes zieht Emilie Schindler dann nach Krakau und unterstützt Oskar bei der Versorgung und Verpflegung jüdischer Zwangsarbeiter in der „Deutschen Emailwarenfabrik“ (DEF), die sie größten Teils alleine leitet, da ihr Mann viel unterwegs ist. 1944 wird Oskar Schindlers Fabrik ein Rüstungsbetrieb. Als die Front näher rückt, verlagert er den Betrieb ins mährische Brünnlitz (Brnenec). Das führte zu der berühmten „Schindlers Liste“ da er alle Arbeiter aus der DEF mit nach Brünnlitz nahm. Während der Abwesenheit von Oskar Schindler nimmt Emilie Schindler im Januar 1945 etwa 100 Juden in die Brünnlitzer Fabrik auf, die aus einem Bergwerk nahe dem polnischen Golleschau (Goleszów,Polen) abtransportiert wurden. Die Menschen sollten ermordet werden. Die Versorgung der Arbeiter ist eine schwere Aufgabe für Emilie, da die ihnen zustehenden Nahrungsmittel nicht ausreichen. Emilie kann durch Tauschgeschäfte auf den Schwarzmarkt die Arbeiterinnen und Abreiter versorgen. Im Oktober 1949 wandert Emilie Schindler mit ihrem Mann nach Argentinien aus. 1957 trennt sich Oskar von Emilie und reist allein zurück nach Deutschland. Er hinterlässt ihr beträchtliche Schulden aus fehlgeschlagenen Geschäften. Sie sehen sich nie wieder, Emilie Schindler lebt zurückgezogen in Argentinien und verarmt. Oskar Schindler geht es in Europa gut. Er reist nach Israel und wird dort gefeiert und finanziell unterstützt. Er bekommt einen Orden verliehen für seine Verdienste, zur Rettung der jüdischen Arbeiter. Er stirbt im Oktober 1974. Für Emilie Schindler wendet sich das Blatt erst im Jahr 1990, durch ihre Bekanntschaft mit Erika Rosenberg, einer Journalistin und Buchautorin. Im Juni 1994 endlich bestätigt die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem die Ehrung Oskar Schindlers als „Gerechter unter den Völkern“ und erweitert diese Anerkennung auch auf Emilie Schindler. Anschließend erhält sie zahlreiche Ehrungen. Nach einem Schlaganfall stirbt Emilie Schindler am 5. Oktober 2001 im Alter von fast 94 Jahren im Klinikum Märkisch-Oderland in Strausberg bei Berlin und wird im bayerischen Waldkraiburg beigesetzt.