Eigentlich würde der alte Titel „Schutzmann“, den man vor allem im 19. Jahrhundert für „Polizisten“ benutzt hat, auch gut für die Ehrenamtler der Lichtenfelser Sicherheitswacht passen – auch wenn diese keine Polizisten sind. Denn er vermittelt klanglich genau das, was die derzeit sieben Frauen und Männer den Bürgern vermitteln.
„Die Menschen fühlen sich aufgehoben, wenn sie unsere Ehrenamtlichen sehen oder gar im Gespräch sind“, so der Leiter der hiesigen Polizeiinspektion, Erich Günther. „Sie wissen, die Sicherheitswacht steht in engem Kontakt mit den Polizeikräften.“ Vor allem in Zeiten deutlich weniger polizeilicher Fußstreifen gewinne das Projekt nochmals an Bedeutung. Die Ehrenamtlichen auf Streife seien zusätzliche Augen und Ohren der Polizei im Dienst der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Auskünfte und Funde
Seit dem Korbmarkt im September sind die Frauen und Männer im Einsatz. Sie waren vor allem Ansprechpartner für eine Vielzahl von Fragen. So erkundigten sich Gäste nach der Tourist-Information, der BRK-Station, der Haltestelle des Shuttle Busses oder nach der Ausstellungsörtlichkeit im Stadtschloss, erinnert sich das Team. Auch zwei Fundsachen, Smartphones, konnten ihren Besitzern zurückgegeben werden. Doch nicht nur bei großen Veranstaltungen ist die Sicherheitswacht im Einsatz. Auch an Werk- und Feiertagen ist das Team unterwegs, stets zu zweit. Dabei legen sie in ihren jeweiligen Einsatzstunden viele Kilometer zurück, ihr Gebiet ist groß und betrifft nicht nur die Kernstadt Lichtenfels. Auch einige Stadtteile und Michelau waren schon Ziel der Streifen. In der Nacht leisten die Ehrenamtlichen keinen Dienst.
Ein „Danke“ reicht den Ehrenamtlern
Zu allen anderen Tageszeiten werden sie vor allem aber erstmals wahrgenommen, erzählt der Ehrenamtliche Thomas Wagner. Die Menschen seien neugierig, in einigen Fällen haben sie seinen Kollegen und ihn auch mal begleitet. Der langjährige Betriebsratsvorsitzender kann auf zahlreiche Freiwilligenämter zurückblicken, doch das soziale Engagement treibt den 62-Jährigen weiter: „Ich habe gern mit vielen verschiedenen Menschen zu tun und es macht mir Spaß zu helfen“, betont er. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Sicherheitswacht, die nach seinen Angaben jeden Tag mehr und mehr zusammenwachse, hat er das Auswahlverfahren, über 30 Stunden theoretischen Unterricht sowie mehrere Prüfungen durchlaufen. Die Lerninhalte erstrecken sich von Strafrecht über Erste-Hilfe-Maßnahmen bis hin zur Eigensicherung und interkulturellen Kompetenz. Stets dabei: Rollenspiele und Übungssituationen. „Hart, aber es hat sich gelohnt,“ resümiert Thomas Wagner. Ein „Danke“ für seine Arbeit „draußen“ reiche ihm. Er weiß: „Wir leisten einen kleinen, aber wichtigen Beitrag, das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu stärken.“
Claudia Böhm erlebt: „Meine Heimat ist sicher“.
Auch Claudia Böhm, im Beruf Sachbearbeiterin, hat ihr neues Ehrenamt noch nicht bereut. Die 51-Jährige interessieren ihre Aufgaben sehr, hat gerne gelernt und freut sich auch auf neue Inhalte, die mehrmals im Jahr gelehrt werden. Sie gelange oft mit Bürgern in interessante Diskussionen und erlebe Vertrauen: „Meine Heimat ist sicher“. Die wenigen Ausnahmen zeigen Claudia Böhm gegenüber Gleichgültigkeit, Pöbeleien habe sie noch nicht erlebt.
Wie stehen die Jugendlichen zur Sicherheitswacht?

Durch die Flexibilität ihrer Einsatzstunden finde sie auch immer genügend Zeit für ihr Ehrenamt. Ihre Kollegin Heike Fleischmann befindet sich in der Ruhephase ihrer Altersteilzeit und stimmt ihr in diesem Punkt zu. Hatte sie vor ihrer Bewerbung keinerlei Berührungspunkte mit der Polizei, stellten sie manche Phasen der Ausbildung vor Herausforderungen. Sie denkt dabei beispielsweise an Inhalte zur Eigensicherung zurück, hat aber ihr Ziel nie aus den Augen verloren.
Körperliche Kräfte hat noch niemand aus dem Team einsetzen müssen. „Es geht um Kontakt zwischen den Bürgern, nicht um Verteidigung und Strafe“, so Erich Günther. Das betreffe auch Jugendliche. Bisher sei Holger Knab nur interessierten und neugierigen Jugendlichen begegnet: „Was macht ihr denn da?“, höre er oft. Ob bald ein Austesten ihrer Grenzen folgt, erhofft er sich nicht. Möglicherweise trage die Anwesenheit der Sicherheitswacht aber auch zu einem Rückgang kleiner Delikte bei: „Wenn beispielsweise Einbrecher wissen, dass wir regelmäßig auf einer bestimmten Route Streife laufen, hält das eventuell auch den ein oder anderen davon ab“, so Thomas Wagner. Er ist regelmäßig mit Holger Knab unterwegs. Letzterer ist Fachkraft für Arbeitssicherheit und auch als ehrenamtlicher Feuerwehrmann aktiv. Durch seine technischen Kenntnisse unterstützt er etwa auch oft die Kollegen in der Handhabung des Funkgeräts. Dennoch sei das Vorstellungsgespräch „das härteste in meinem ganzen Leben gewesen und hat gleichzeitig Spaß gemacht“, blickt er zurück.
Alle Frauen und Männer sind zwischen 18 und 62 Jahre alt. Allen gemeinsam ist ihnen ihre Empathie, ihre hohe Sozialkompetenz und Offenheit für andere Menschen. „Sie kommen aus der Mitte unserer Gesellschaft und „können mit den Leuten“, wie es so schön heißt“, beschreibt Erich Günther.
Den Erfolg der Sicherheitswacht kann er nach der kurzen Einsatzzeit natürlich noch nicht beurteilen, zeigt sich aber sehr stolz auf das Projekt, das seit Jahren in vielen bayerischen Städten und Kommunen existiert. Vor allem Aufklärung sei für die Bevölkerung wichtig: „Die Kräfte der Sicherheitswacht sind keine Hilfs-Sheriffs, wie sie oft hören.“ Auch andere Städte und Gemeinden haben Interesse an der Sicherheitswacht bekundet, beispielsweise Weismain und Redwitz. In Hochstadt am Main hat der Gemeinderat bereits dem Projekt zugestimmt. Anfang 2023 möchte die Polizeiinspektion Lichtenfels damit beginnen, weiterhin Interesse für dieses besondere Ehrenamt zu wecken.
Corinna Tübel hat sich in Lichtenfels umgehört:

Christa Rautenberg kennt die Sicherheitswacht bislang noch nicht. Als sie von deren Aufgaben hört, ist sie begeistert. „Das ist vielleicht ganz gut, die Polizei sieht man nicht so oft. Ich würde mich definitiv wohler fühlen, wenn ich weiß, da kommt jemand öfter vorbei.“
Andrea Friese und Katrin Durmann, Mitarbeiterinnen im Juwelier Schwahn haben ebenfalls noch nichts über die Sicherheitswacht erfahren. „Nicht schlecht“, nennen sie das Projekt jedoch später. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die Schaufensterbeleuchtung nicht mehr so lange an ist.“ Sie wünschen sich mehr Information zur Sicherheitswacht.
Benedikt Engel dagegen hat von der Sicherheitswacht gehört, erkennt deren Nutzen nach eigenen Angaben jedoch nicht. „Wenn was passiert, ist die Polizei da. Wenn ich eine Information brauche, schau‘ ich aufs Handy oder frage ich jemanden, den ich grade sehe.“ Sein Freund Marcel Müller stimmt ihm zu: „In Sicherheitswacht steckt ja das Wort Sicherheit drin. Aber ob mit oder ohne Streife: Das ändert ja nichts am eigenen Sicherheitsgefühl.“