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LICHTENFELS: Lichtenfelser Tierheim am Rand seiner Kapazität

LICHTENFELS

Lichtenfelser Tierheim am Rand seiner Kapazität

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    Auch diese drei Huskies landeten im Tierheim. Ein Tier-Schmuggler wollte die Jung-Tiere in Deutschland gewinnbringend verkaufen.
    Auch diese drei Huskies landeten im Tierheim. Ein Tier-Schmuggler wollte die Jung-Tiere in Deutschland gewinnbringend verkaufen. Foto: Till Mayer

    Im Tierheim endet der Sommer mit dunklen Wolken. „Wir sind wirklich langsam am Rande unserer Kapazität angelangt“, sagt Leiterin Sandra Schunk.

    Hinter ihr drängeln sich drei Huskies an den Zwingerzaun. Die Jungtiere warten schwanzwedelnd auf ein paar Streicheleinheiten. In der Nachbarparzelle scharren friedlich Hühner auf dem Boden. „Für das Trio könnten wir sicherlich schnell jemanden finden“, sagt die 51-Jährige.

    Nur – auch ausreichend verantwortungsvollen Menschen? Sandra Schunk ist von so manchem Zweibeiner gerade schwer enttäuscht. „Jetzt sind die Corona-Maßnahmen beendet. Kein Lockdown mehr, es kann wieder in den Urlaub gehen. Und einige Herrchen und Frauchen geben ihre Tiere ab wie Streichelspielzeuge, die jetzt ihren Dienst getan haben“, sagt sie ärgerlich.

    25 Hunde sind derzeit im Tierheim, mehr als doppelt so viel wie sonst üblich. Nur die wenigsten sind Rassetiere mit einem hohen „Marktwert“ wie die Huskies. Die Zahl der Katzen beziffert sie mit 74: „Das ist gut ein Drittel mehr als sonst üblich.“ Dann fügt sie hinzu: „Deutschlands größtes Tierheim in Berlin hat schon einen Aufnahmestopp verhängt. Aber ganz ehrlich, wir wissen bald auch nicht mehr wohin. Und zu dem fehlt auch Personal für so viele Tiere“, erklärt sie.

    Das Husky-Trio hinter ihr fordert mittlerweile ein wenig Aufmerksamkeit. Ab und an gibt es ein aufgeregtes Kläffen. „Schöne Hunde sind das, sicherlich. Huskies sind gerade eine In-Rasse. Klar, da ist das Interesse groß“, führt sie aus. Aber das mit den Mode-Rassen findet die Tierschützerin bedenklich. „Da sehen die Menschen nur noch darauf, wie drollig eine bestimmte Rasse aussieht, oder wie edel. Es geht gar nicht mehr um den Charakter des Hunds. Er soll gut ins Wohnzimmer passen oder beim Gassi-Gehen für Aufmerksamkeit sorgen. Als wäre das Tier ein Möbelstück oder ein Accessoire. Ob sein Temperament, das seiner Rasse, dann auch das Richtige für eine enge Wohnung oder eine Familie ist, das wird einfach nicht ausreichend hinterfragt“, schüttelt sie den Kopf.

    Weil die Nachfrage groß ist, werden bestimmte Rassen in Massen „vermehrt“, wie die 51-Jährige es nennt. „Weil das mit verantwortungsvollem Züchten nichts mehr zu tun hat. Leider nimmt die Zahl derer zu, die denken, sie können sich als Pseudo-Züchter gutes Geld hinzuverdienen“, fügt sie hinzu. Aber die Nachfrage sorgt für einen großen Markt.

    Die drei Huskies befanden sich in einem illegalen Tiertransport von der Slowakei Richtung Portugal. „70 Tiere in einem Kleintransporter. Da kommen nicht alle Hunde lebend am Zielort an. Aber das wird einberechnet. Die Gewinnquote scheint zu stimmen“, führt die 51-Jährige weiter aus. Das Trio kam nach Lichtenfels, nachdem die Polizei den Tierschmuggel stoppte.

    Sandra Schunk führt weiter. Zwei Mischlingswelpen tapsen unbeholfen im Quarantänebereich über den Kachelboden. „Die beiden hat jemand in einen Rucksack gesteckt, ist mit der Bahn von Polen aus durch halb Deutschland gefahren, um die Jungen hier zu verkaufen. Dann ist die Polizei eingeschritten. Ungeimpft und völlig verwurmt sind die beiden bei uns angekommen.“

    Sandra Schunk leitet das Lichtenfelser Tierheim. Die Kapazitäten der Einrichtung sind so gut wie erschöpft.
    Sandra Schunk leitet das Lichtenfelser Tierheim. Die Kapazitäten der Einrichtung sind so gut wie erschöpft. Foto: Till Mayer

    „Wir müssen solche Tiere impfen, sie gegebenenfalls medizinisch behandeln. Die Kosten für den Tierarzt und die Medis müssen erst einmal gestemmt werden. Dann kommt das Futter hinzu, das Gehalt für unsere Hauptamtlichen. Jetzt bereiten uns die steigenden Energiekosten mit dem beginnenden Herbst zusätzlich Sorgen. Die Inflation macht natürlich auch das Tierfutter teurer“, erklärt die Leiterin der Tierheims.

    „Wir stehen schon vor sehr großen finanziellen Herausforderungen“, meint sie. Auf der Facebook-Seite des Tierheims hatte sie dazu einen Post gesetzt. Besser gesagt, es war ein Hilferuf. „Unser Tierheim ist im Moment voll belegt“, heißt es da, mit der Bitte, dem Lichtenfelser Tierschutzverein beizutreten. „Das hat schon Wellen geschlagen. 35 Neumitglieder. Jetzt haben wir über 680 Menschen im Verein, die durch ihre Beiträge die Einrichtung unterstützen“, freut sie sich.

    „Aber ganz ehrlich, wir wissen bald auch nicht mehr wohin. Und zu dem fehlt auch Personal für so viele Tiere.“

    Sandra Schunk, Leiterin des Tierheims

    Aber sie weiß, das reicht nicht aus. Es kommen schwierige Zeiten. „Der Einsatz für den Betrieb des Tierheims ist immer schon ein Kampf, aber jetzt kommen einige Herausforderungen hinzu. Wir brauchen dringend Spenden“, erklärt sie.

    „Wir sind froh für jedes gute Zuhause, das unsere Schützlinge finden“, sagt die Tierheimleiterin. „Aber es muss eben wirklich ein gutes Zuhause für die Tiere sein. Deswegen sehen wir uns die zukünftigen Halterinnen und Halter der Tiere genau an. Sehen, welcher Hund und welche Katze zu ihrem Lebensumfeld passt. Daran wird sich auch in dieser angespannten Situation nichts ändern“, macht sie klar. „Noch dazu sind viele unsere Hunde nichts für völlig unerfahrene Halter. Da müssen wir aufpassen. Aber wir freuen uns über jeden Interessenten, der sich Zeit nimmt, sich auf das Tier einlässt. Zum Beispiel eine Zeit lang Gassi mit ihm geht“, erklärt sie.

    Es geht nur mit Gassi-Führerschein

    Diesen Welpen transportierte ein Tier-Schmuggler in seinem Rucksack.
    Diesen Welpen transportierte ein Tier-Schmuggler in seinem Rucksack. Foto: Till Mayer

    Übrigens eine Aufgabe, für die auch Ehrenamtler gesucht werden. „Aber unseren kleinen Gassi-Führerschein, den müssen sie vorher schon absolvieren“, sagt sie augenzwinkernd.

    Vielleicht findet sich ja jemand, der mit Kalle klar kommt. Der Amerikanische Akita ist ein wuchtiges Tier. Und wirkt hinter dem Zaun im Freilauf-Zwinger sehr relaxt. „Das täuscht. Kalle hat sich durch durch ein schweres Leben beißen müssen. Vielleicht finden wir jemanden, der mit seinem schweren Charakter klar kommt. Seit über drei Jahren ist er nun hier. Unser dienstältester Zögling“, sagt Sandra Schunk zum Abschied.

    Für Spenden: Sparkasse Coburg-Lichtenfels; IBAN: DE 20 7835 0000 0092 5019 15; BIC: BYLADEM1COB.

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