Die Uhr ist für heutige Menschen als Zeitmesser längst geläufig. Eine der ältesten Uhren stammt ungefähr aus dem Jahr 1430 und wird heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg gezeigt. Zunächst als Taschenuhr im Beutel getragen, etablierte sich in den 1930er Jahren zunehmend die Armbanduhr. Auch Lichtenfels beherbergte einmal eine Uhrenfabrikation: 1922 wurde die Bayerische Taschenuhrenfabrik in Lichtenfels gegründet, die 1925 in die Bayerische Uhrenindustrie Lichtenfels überführt wurde.
Allerdings meldete die Firma bereits 1932 Konkurs an. Heutzutage jedenfalls schauen viele Menschen mesit aufs Handy, welches ihnen die Uhrzeit sekundengenau anzeigt.
Nur noch in blassen Resten klingen heute die Reste aus einer längst vergangenen Zeit nach: Denn die Menschen früherer Zeiten hatten andere Merkmale, an denen sie die Zeit und ihr Vorrücken festmachten. Der Anbruch des Morgens wurde durch den Hahnenschrei bestimmt. Wenn der Hahn kräht, ist die Zeit der Dämonen, die nachts ihr Unwesen trieben, vorbei.
Der erste Strahl der Morgensonne setzt dem nächtlichen Treiben ein Ende. Die Bezeichnung der Zeit zwischen Mitternacht und 1 Uhr als „Geisterstunde“ ist übrigens relativ jung. Sie setzt ja schon voraus, dass es einen Zeitmesser gab, mit dem diese Stunde bestimmt werden kann. Für die Altvorderen war vielmehr die Zeit vom Einbruch der Dunkelheit bis zum ersten Morgenstrahl eine einzige „Geisterstunde“.
In diesen nächtlichen Geisterstunden geschah auch am Obermain allerhand Unheimliches. Aus Döringstadt erzählt man sich, dass in manchen Häusern nachts ein Hund gebellt habe, obwohl niemand einen besaß. Auch soll ein Mann durch die Straßen gezogen sein, der seinen Kopf in Händen trug. Wird er angesprochen, verschwindet er. Und in Messenfeld soll in den Geisterstunden die „Wäschera“ ihr Unwesen treiben. Sie ist eine unerlöste Frauenseele, die keine Ruhe finden kann.
Feierabend war für die Menschen damals, wenn die Sonne am Untergehen war. Wer diese Zeit überschreitet, fällt den nächtlichen Geistern in die Hände. Manche konnten schon damals am Stand der Sonne ablesen, wann die Mittagszeit gekommen war. Auch nachts half ein Blick an das Firmament: Anhand des Standes der Sternbilder, konnte man die ungefähre Uhrzeit schätzen.
Glockengeläut als Zeitmesser
Um die Uhrzeit während des Tages zu bestimmen, waren die Menschen früherer Zeiten auf den Kirchturm angewiesen. Noch heute läuten in den Dörfern am Obermain dreimal am Tag die Kirchenglocken: Am Morgen, Mittag und Abend rufen sie zum Gebet des „Engel des Herrn“ auf. Mancherorts gibt es auch noch das „Mittagsläuten“ um 11 Uhr. Wenn die Bauern auf den Feldern um das Dorf die Glocke hörten, wussten sie, dass es Zeit ist, um sich zum Mittagessen aufzumachen.

Noch wichtiger als für die Landwirtschaft war das genaue Festlegen der Stunden für die Priester und Ordensleute. Sie mussten ihren geistlichen Verpflichtungen nachkommen und ihr Brevier zu bestimmten Tageszeiten beten.
In den Kirchen und Klöstern werden deshalb auch die ersten Zeitmesser entstanden sein: Sonnen-, Wasser- und Sanduhren, die man aus der antiken Welt übernommen hatte.
Die Uhr hatte aber auch symbolische Bedeutung für das Leben der Menschen: So erzählte man, dass die Uhr beim Tod ihres Besitzers stehenbleibt. Das Leben des Menschen und das Leben der Uhr laufen deshalb parallel. Auch erzählt man sich, dass die Hausuhr stehen bleibt, wenn ein Familienmitglied stirbt. Geht einer dem Tod entgegen, läuft die Uhr langsamer als gewöhnlich.
Noch heute sagt man beim Tod eines Menschen: „Seine Lebensuhr ist abgelaufen“. Früher gab es auch die Vorschrift, die Uhr anzuhalten, wenn ein Mensch im Haus starb. Man meinte, ein Mensch könne nicht sterben, solange die Uhr noch lief. Erst nach dem Begräbnis wurde die Uhr wieder angestoßen.
Manchmal ist es auch geschehen, dass die Hausuhr ohne fremdes Zutun stehenblieb. Dies wurde dann als böses Vorzeichen gedeutet: Es hieß, der Tod eines Hausbewohners stehe kurz bevor oder ein Unglück würde dem Haus nahen. Normalerweise ist der Uhrschlag eine ständig wiederkehrende Konstante. Doch schlägt die Uhr nicht zwölfmal, sondern dreizehnmal, bedeutet dies ein herannahendes Unheil. Viel Aberglauben hatte sich um das Schlagen der Kirchturmuhr entwickelt: Schlägt sie bei der Taufe, stirbt das Kind. Schlägt sie bei der Trauung, ist das ein schlechtes Zeichen. Schlägt sie beim Hinablassen des Sarges, bedeutet das einen weiteren Todesfall in der Familie.
Von einer goldenen Uhr berichtet eine Sage aus der Schney, die im Buch von Elisabeth und Konrad Radunz überliefert ist. Dort heißt es, ein junges Mädchen sah am Ufer auf dem Grund des Mains eine goldene Uhr schimmern. Das Mädchen lief eilends nach Hause und erzählte der Mutter von ihrem Fund. Diese schimpfte die Tochter aus, weil sie die Uhr nicht gleich an sich genommen hatte. Als sie zum Main zurückkamen war die Uhr längst verschwunden. Obwohl man lange Zeit nach ihr suchte, tauchte sie nicht mehr auf. Man erzählte sich, dass sie an einem bestimmten Tag wieder zum Vorschein käme.
So kommt der Geliebte
Doch auch positive Phänomene waren mit der Uhr verbunden: Es heißt, wenn ein Mädchen in der Geisterstunde an das Uhrpendel das Bild des Geliebten hängt, wird dieser um 12 Uhr erscheinen. Und wer beim Lotteriespiel Glück haben möchte, der sollte das Los an das Uhrpendel heften: Dem Los wird keine Ruhe gegönnt und vielleicht hat man dadurch etwas mehr Glück… Bohnen steckt man, wenn die Uhr recht viele Schläge tut, also zwischen 11 und 12 Uhr. Und wenn man Gesichter schneidet und die Uhr gerade schlägt, bleibt einem das Gesicht als Fratze stehen.