Am Görauer Anger und auf dem Veitsberg waren Dekanin Dr. Ulrike Schorn und ihr Mann, Dekan Dr. Markus Müller, bereits wandern. Auch Kloster Banz und die Basilika Vierzehnheiligen haben sie schon besucht. Somit verbinden die beiden schon einige schöne Erlebnisse mit dem Landkreis Lichtenfels.
Nun freuen sie sich vor allem darauf, auch die Kirchengemeinden und die Menschen in diesen nach und nach kennenzulernen.
Denn sie treten nach dem Weggang von Dekanin Stefanie Ott-Frühwald die Vertretung des Dekanatsbezirks Michelau im Umfang eines halben Stellenanteils an. Das bedeutet: Das Ehepaar übernimmt gemeinsam die Dekanefunktion für den Dekanatsbezirk Michelau, der das ganze Kreisgebiet umfasst. Das bedeutet aber auch, dass sich für Dr. Ulrike Schorn und Dr. Markus Müller ihr Zuständigkeitsbereich geografisch nochmals massiv erweitert: Denn seit August 2020 sind sie in Stellenteilung Dekane des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirks Kronach-Ludwigsstadt, also von der Cranach-Stadt bis hoch in den oberen Frankenwald.
Da kann es laut Ulrike Schorn schon einmal vorkommen, dass man 550 Kilometer in einer Woche zurücklegt. Wenn beispielsweise eine Pfarrkonferenz in Ludwigsstadt im Terminplan steht und später am Tag ein Treffen in Zapfendorf. Daher könnte die neue Aufgabe durchaus Herausforderungen mit sich bringen, doch die gebürtige Nürnbergerin macht deutlich: „Dass das immer der Fall ist, zeichnet sich nicht ab.“ Die beiden freuen sich auf die kommende Zeit.
In Franken unterwegs
Zahlreiche Erfahrungen und grundlegende Werte bringen beide mit in die Region. Im Gespräch mit der OT-Redaktion berichtet Ulrike Schorn beispielsweise, dass sie, 1964 geboren, in einem Pfarrhaus aufwächst. Während der Kindheit und Jugend lernt sie alle Teile Frankens kennen, verbringt Jahre in Fürth, in Ebrach und in Schweinfurt.
Ihr Studium führt sie schließlich nach Erlangen, Heidelberg und Wien.
Auch im Ausland sammelt Ulrike Schorn Erfahrungen, etwa beim Gemeindepraktikum in Irland. Ein Stipendium am Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes der Evangelischen Kirche in Deutschland bringt ihr die Möglichkeit, sich in Jordanien und Israel bei biblischen archäologischen Ausgrabungen einzubringen.
Diesen Teil ihres Lebens bezeichnet sie als besonders prägend – schließlich blicke man noch einmal ganz anders auf Textstellen in der Bibel, wenn man bestimmte Orte selbst mit eigenen Augen gesehen hat.
„In North Carolina habe ich Kirche anders kennengelernt“
Dr. Markus Müller, Dekan
Diese Erfahrung macht auch Dekan Markus Müller: Er war ebenso Stipendiat des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes der Evangelischen Kirche in Deutschland in Amman, Jordanien, und Jerusalem, Israel mit Fachexkursionen in Syrien, im Libanon, Jordanien und Israel. Der Archäologie-Community bleibt Ulrike Schorn lange erhalten, erzählt sie. Als Kunstinteressierte ist sie außerdem im Markgrafenkirchenverein tätig. Nach Abschluss ihrer Dissertation im Fach „Altes Testament“ an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen war sie Vikarin in der Kirchengemeinde Würzburg-Heuchelhof.
„Dort war mein Schwerpunkt Arbeit mit Behinderten und Senioren“, führt sie aus. Noch heute engagiert sie sich in diesem Bereich besonders und hat fest vor, sich auch im Landkreis Lichtenfels dahingehend ein Netzwerk aufzubauen. Rückblickend hebt sie außerdem ihr Vikariat im Würzburger Stadtteil Heuchelhof hervor. Hier habe sie viele verschiedene Menschen kennenlernen dürfen, die sich – damals noch ohne Kirche, dafür im Gemeindehaus-Saal, zusammengefunden und zusammengehalten haben. Eine große Gemeinsamkeit, die sie mit ihrem Ehemann teilt, ist die starke Verbundenheit zur Stadt Durham in North Carolina, USA. Die rund 284.000 Einwohner zählende Stadt besuchen die beiden oft.
Das ist so, seitdem Markus Müller im Rahmen seines Theologiestudiums als Austauschstudent an die Duke University in Durham kommt. Er absolviert in der First Presbyterian Church in Durham auch ein Gemeindepraktikum. „In North Carolina habe ich Kirche anders kennengelernt“, erinnert sich Dekan Müller zurück.
Dass er es mit dem Theologiestudium „versuchen“ wolle, wird ihm bereits während seiner Konfirmandenzeit klar. Müller, geboren ebenfalls 1964, in Dietersheim, habe während dieser Zeit erkannt, dass die Taufe und das, was ihm seine Eltern im Leben über Gott mitgaben, „Gültigkeit besitzt“. Er engagierte sich in der Folge im Kindergottesdienst, absolviert das Abitur und denkt im Studium zunächst ganz praktisch von Prüfung zu Prüfung. „Klappt es mit den fremden Sprachen?“, lautet zunächst die Frage an sich selbst. Das tut es, und ihm wird klar, „das ist der richtige Weg“.
In der Zeit in Durham bilden sich schließlich Werte heraus, die er verinnerlicht und in seine kirchliche Arbeit und Gottesdienste einfließen lässt. „Kirche in den USA ist völlig anders organisiert“ so Dekan Müller. Anders als in Deutschland, wo eine Kirchensteuer erhoben wird, finanziert sich die Kirche in Amerika über freiwillige Spenden. Dekan Müller und seine Ehefrau entwickeln dadurch die Haltung: „Wenn es einem selbst gut geht, gibt man etwas ab.“ Eine Quintessenz des kirchlichen Lebens und des Zusammenkommens zum Gottesdienst ist für sie, für diejenigen da zu sein, die sich nicht selbst helfen können.
Die beiden sind daher bis heute fasziniert von der in Niederschwelligkeit und persönlichen Zugewandtheit in amerikanischen Gottesdiensten.
Fürbitten sind der Schlüssel
„Die ganze Atmosphäre begeistert uns“, fängt Ulrike Schorn an. Vor dem Gottesdienst begrüßen die Pfarrerinnen und Pfarrer die Gläubigen, ein herzliches, ernst gemeintes „Wie geht's dir?“ folgt. Berichten die Gottesdienstbesucher und -besucherinnen von Trauer- oder Krankheitsfällen und bedrückt sie etwas anderes, wird das spontan in die Fürbitten aufgenommen und ein enger persönlicher Bezug hergestellt. „Natürlich hat ein Gottesdienst eine Form, eine Liturgie – aber das Persönliche darf nicht fehlen. Das versuche ich hier bei uns zu übernehmen“, fasst Schorn zusammen und erntet dafür zustimmendes Nicken von ihrem Ehemann.
„Natürlich hat ein Gottesdienst eine Form, eine Liturgie – aber das Persönliche darf nicht fehlen. Das versuche ich hier bei uns zu übernehmen.“
Dr. Ulrike Schorn, Dekanin
„So wird klar, dass man Freud und Leid als Gemeinschaft miteinander teilt. Genau dafür stehen die Fürbitten“, fügt Dekan Müller hinzu. Als die beiden als sogenannte „Visiting Scholars“ eingeladen werden, erfahren sie die Zeit in Durham als Sinnbild der von Martin Luther King beschriebenen „beloved community“: Die Gemeinschaft kann Liebe ausstrahlen, weil sie von Gott geliebt wird. Aufgrund der aktuellen politischen Lage in den USA blicken sie derzeit aber auch besorgt auf das Land.
Nach der Zeit in den Vereinigten Staaten geht es für Dekan Markus Müller zunächst nicht direkt ins Vikariat, dem nächsten Schritt auf dem Weg zum Pfarrer. Es eröffnet sich auch für ihn die Möglichkeit zur Promotion, er schreibt seine Doktorarbeit im Fach „Neues Testament“. Anschließend habilitiert er sich im Jahr 2002 in Erlangen. In der Mittelfränkischen Großstadt lernt sich das Ehepaar am ersten Tag des Studiums im November 1983 kennen. Beide schätzen an ihren Lehrenden, dass diese „auch gern Pfarrer waren“ und somit nah am kirchlichen Leben.
Das Paar heiratet 1998, 2001 kommt Sohn Julius zur Welt, der aufgrund der verschiedenen „Einsatzorte“ der Eltern schon als Kind viel von der Welt sieht. Auch in Deutschland üben die Eltern im Laufe der Jahre verschiedene Lehrtätigkeiten aus, beispielsweise in Mainz, Jena, Bayreuth und Würzburg.
Aufgaben aufteilen
Seit 1. August 2020 befinden sich Dr. Ulrike Schorn und Dr. Markus Müller in Stellenteilung, vertreten so den Dekanatsbezirk und sind zusätzlich Pfarrerin und Pfarrer in der Kirchengemeinde Kronach und Fischbach.
Als Dekanin und Dekan haben sie den Vorsitz in leitenden Organen inne und üben die Dienstaufsicht über das theologische, theologisch-pädagogische und kirchenmusikalische Personal aus. Nun wollen sich die beiden in ihren neuen Bereich einfinden, bestenfalls natürlich die vakanten Pfarrstellen im Dekanatsbezirk Michelau langfristig wieder besetzen.
Doch, und das sei ein großer Vorteil: In einigen Bereichen sind der Landkreis Kronach und der Landkreis Lichtenfels bereits eng miteinander verknüpft. Das sind Schorn zufolge etwa das Schulreferat, das diakonische Werk, das Evangelische Bildungswerk sowie der Freizeit- und Jugendbereich, wo unter anderem Fahrten für Konfirmanden organisiert werden. „Besonders wichtig ist uns die Ökumene“, betont Dekanin Schorn zum Schluss mit Blick auf die Zukunft im Dekanatsbezirk.
Sie seien inspiriert vom Zusammenhalt und Umgang verschiedener Konfessionen in der amerikanischen Kirchengemeinde in Durham. Die beiden sind sich sicher, dass sie in der Region auf offene, freundliche Menschen stoßen und noch viele neue Erfahrungen sammeln werden.
→ Am Sonntag, 13. April, um 14 Uhr, werden Dekanin Dr. Ulrike Schorn und Dekan Dr. Markus Müller durch Regionalbischöfin Berthild Sachs in der Johanneskirche in Michelau eingeführt.