Bei Roman Jachnik steht das Telefon nicht still. Es ist kurz nach halb sechs an einem Dienstagabend, vor wenigen Minuten hat in „Roman's Pizza Express“ in Bad Staffelstein die Abendschicht begonnen. Auf den ersten Blick scheint es so, als liefen die Geschäfte nicht schlecht für Staffelsteiner Pizza-Lieferdienst. Doch der Eindruck täuscht.
„Die Leute sind jetzt mehr daheim und kochen selber. Dementsprechend wird auch weniger bestellt“
Roman Jachnik, Bad Staffelstein
Ob sein Betrieb vom Lockdown profitiere? Das Gegenteil sei der Fall, meint Inhaber Roman Jachnik: „Die Leute sind jetzt mehr daheim und kochen selber. Dementsprechend wird auch weniger bestellt.“ Erst im März 2020 hat er das Geschäft von seinem Vorgänger übernommen, doch trotz geschlossenen Restaurants gehen bei ihm eher weniger Bestellungen ein als vorher.
Etwas besser sieht es bei dem Pizza-Lieferdienst „Pizza Jon“ in Lichtenfels aus. Zwar spricht auch hier keiner von einem Boom der Lieferdienste, doch der Umsatz blieb 2020 weitestgehend stabil. „Ich würde sagen, es ist ziemlich gleich geblieben. Anfang der Corona-Phase war ein bisschen weniger los, aber es hat sich dann wieder ausgeglichen“, berichtet Ice Caliskan von „Pizza Jon“.
Deutschland: Lieferando profitiert von Stilllegung des Lebens

Die Erfahrungen der regionalen Anbieter unterscheiden sich damit deutlich von dem Unternehmensbericht der deutschen Lieferdienstplattform Lieferando. Seit 2019 ist Lieferando, der zu dem holländischen Konzern „Just Eat Takeaway“ gehört, Marktführer für Lebensmittel-Lieferungen in Deutschland und profitierte gerade im ersten Halbjahr 2020 klar von der Stilllegung des öffentlichen Lebens. In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Bestellungen um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und der Umsatz verdoppelte sich von 80 Millionen Euro auf 161 Millionen Euro.
Dass sich bei Lieferdiensten im Landkreis Lichtenfels kein ähnlicher Trend zeigt, lässt sich durch zwei Punkte erklären. Zum einen nehmen vor allem Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren Lieferangebote in Anspruch. In ländlichen Regionen dagegen leben mehr ältere Menschen, die von Lieferservices eher selten Gebrauch machen. Zum anderen sind, ebenfalls bedingt durch den ländlichen Raum, die Entfernungen zu den Kund*innen größer als in den Städten, was längere Lieferzeiten nach sich ziehen kann
Menschen holen weniger ab, Lieferzeiten werden länger
Mit Letzterem hat auch Roman Jachnik zu kämpfen. Denn während vor Corona viele seiner Kund*innen die bestellten Gerichte selbst abholten, sind nun vor allem Lieferungen gefragt. „Dadurch hat man längere Lieferzeiten, weil man ja nicht von drei Lieferautos auf zehn hoch gehen kann.“ Dass die Lieferzeit statt einer Stunde nun eineinhalb Stunden beträgt, stößt bei vielen Kund*innen allerdings auf Unmut und Unverständnis. Auch Ice Caliskan von „Pizza Jon“ berichtet, dass sich seit der Corona-Krise ein größerer Teil der Kundschaft die Bestellungen nach Hause liefern lässt.
Betriebe setzen auf weitgehend kontaktlose Übergabe

Was die Lieferanten angeht, so setzen beide Betriebe auf strenge Hygienemaßnahmen und eine weitestgehend kontaktlose Übergabe. Die gelieferten Gerichte von „Pizza Jon“ können bei den Lieferanten zwar nach wie vor mit Bargeld bezahlt werden. „Aber wir legen viel Wert darauf, dass die Hände desinfiziert werden. Auch im Auto der Lieferanten ist immer eine Desinfektionsmittelflasche. Unseren Fahrern haben wir gesagt, dass sie darauf achten sollen. Auch wenn sie in den Landen zurückkommen, müssen sie die Hände waschen und desinfizieren. Die Maske wird natürlich auch immer getragen“, versichert Ice Caliskan.
Bei „Roman's Pizza Express“ wird zusätzlich eine eigene App fürs Smartphone angeboten. „Die bestellten Gerichte können so auch direkt über die App bezahlt werden“, erklärt Roman Jachnik. Als Profiteur des Lockdowns sieht sich keiner. Und so hoffen beide, dass bald wieder alles normal wird.