Die Schließungen im Rahmen des zweiten Lockdowns treffen Friseursalons schwer. Existenzsorgen, ausbleibende staatliche Hilfen und die Gefahr vermehrter Schwarzarbeit belasten die Unternehmer und Mitarbeitenden. Was die „Pause“ zudem für die Auszubildenden bedeutet.
Geht es um Fehleinschätzungen, falsche Versprechungen oder Besänftigung? Die Rede ist von Aussagen des Gesundheitsministers Jens Spahn im September vergangenen Jahres in den Medien: „Man würde mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, keine Friseure und keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren.“ Und es ist doch passiert. Seit 16. Dezember sind die Friseursalons in Deutschland geschlossen – so auch im Landkreis Lichtenfels. „Das war ein Schlag ins Gesicht“, erinnert sich Michael Espach, Inhaber von „espach Friseure“ in Ebensfeld. „Damit hätte ich nicht gerechnet.“ So erging es etwa auch Silke Müller, Inhaberin des „Salon Silke“ am Lichtenfelser Klinikum oder Daniela Franzl von „Gerdas Haarstudio“ in Burgkunstadt. Als sie von der betroffenen Schließung der Nagelstudios erfahren habe, sei ihr klar gewesen, dass ihre Branche auch diesmal keine Ausnahme bilde.
Hygienekonzepte und erhebliche Kosten

Einerseits habe sie für diese Entscheidung Verständnis, auf der anderen Seite sei die derzeitige Situation der Friseure sehr schlecht. „Das Hauptgeschäft an Weihnachten ist kaputt , und es ist deprimierend, keine Kunden zu haben. Dabei ist ja ein Friseurbesuch für die Menschen, gerade für Ältere, so viel mehr: Es ist auch etwas Soziales. Man hat regelmäßig Kontakt.“ Michael Espach erklärt, dass ein Haarschnitt und die Haarpflege für viele seiner Kunden, etwa mit grauen Haaransätzen, ein Grundbedürfnis sei. „Das hat etwas mit persönlichem Wohlbefinden zu tun.“ Und das sei ja gerade in dieser Zeit der Belastungen und Einschränkungen für viele Menschen von großer Bedeutung, ergänzt die Inhaberin von „Silkes Salon“.
Sie und ihre Berufskollegen haben seit Beginn der Corona-Krise ihre Sicherheits- und Hygienekonzepte stetig erweitert – bis Dezember. Die Friseurumhänge wurden stets heiß gewaschen, das Equipment sowie die verwendeten Produkte regelmäßig desinfiziert. Mitarbeitende und Kunden trugen Masken, die Zahl der anwesenden Kunden im Laden wurde reduziert. Silke Müller spricht hier von rund einem Drittel weniger Umsätze in dieser Zeit. Dafür sind die Kosten für Hygienebedarf stark gestiegen. „Man hat eine Verantwortung für seine Mitarbeiter und die Kunden. Das muss sein!“ Manche Salons haben zudem in Plexiglasscheiben investiert, Abstandsmarkierungen auf dem Boden angebracht und Abläufe umgestellt.
Und nun? Mit „Weltuntergangsstimmung“ beschreibt Silke Müller ihre derzeitige Situation. Sie und sicher auch viele ihrer Kollegen haben schon viele schlaflose Nächte hinter sich, denn die angekündigten staatlichen Hilfen bleiben noch aus. Viele der Mitarbeitenden sind in Kurzarbeit. Finanzielle Reserven aus der Vergangenheit wurden in vielen Fällen schon für die Überbrückung des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 verwendet.
Warum war nur die Ausbezahlung der ersten Hilfen unkompliziert?
In diesem Zeitraum habe zumindest die „Soforthilfe“ die existenzielle Situation für die Unternehmer verbessert – „auch, wenn diese erst im Mai kam, als wir wieder öffnen durften“, blickt Michael Espach zurück. Kurzarbeitergeld habe er beispielsweise vorstrecken müssen. Er betont jedoch: Nur aufgrund von Rücklagen könne man das nicht stemmen! „Warum geht das dieses Mal nicht voran?“, fragt der Lebenspartner von Silke Müller, Dirk Pfadenhauer. „Im Frühjahr hat es doch auch geklappt.“
Zu bedenken sei aber auch die Art der finanziell angekündigten Hilfen: Sind sie nur darauf ausgelegt, die Fixkosten wie Miete und Ähnliches zu decken? Das würde viele Unternehmer selbst stark treffen: Wovon sollen diese ihren Lebensunterhalt bestreiten?
Auszubildende üben weiter, aber der Kundenkontakt fehlt
Zumindest ein Stück weit weniger betroffen, wenn auch nicht weniger mitfühlend sind derzeit wohl die Auszubildenden vieler Friseursalons der Region. Diese können keinen Kurzarbeiter-Status erhalten. Die beiden Auszubildenden der „espach Friseure“ etwa erhalten ihr volles Gehalt und üben derzeit praktische Tätigkeiten im eingeschränkten Raum. Sie trainieren mit Michael Espach an Übungsköpfen oder nehmen am Online-Unterricht teil. „Aber das ist nicht das Gleiche“, weiß ihr Chef.
Die Obermeisterin der Friseur-Innung Bamberg-Coburg-Lichtenfels, Tanja Arnold-Petter, glaubt nicht, dass die technische Ausbildung der Lehrlinge in der Region leide. „Die Friseure sind da sehr kreativ geworden. Viele Firmen bieten außerdem Webinare und Online-Schulungen an und auch in normalen Zeiten sind die Azubis nicht den ganzen Tag im Salon.“ Jedoch leide der zwischenmenschliche Kundenkontakt.
Bei Schwarzarbeit fehlen Rückverfolgungsmöglichkeiten
Auf diesen freuen sich die Friseure im Landkreis Lichtenfels – in der Hoffnung, dass sie am 15. Februar oder eventuell gar früher wieder öffnen dürfen. Die bisherigen Hygienekonzepte sollen fortgeführt werden: „Was sollen wir auch noch machen?“ Silke Müller und ihre Berufskollegen rechnen dann mit einem großen Kundenandrang – ähnlich wie im vergangenen Frühjahr. Damals und im weiteren Verlauf hatte die Inhaberin vom „Salon Silke“ ihre Öffnungszeiten sogar ausgeweitet, stand sie an einigen Tagen bereits um 5.30 Uhr am Morgen im Laden. „Da mussten alle Friseure sehr flexibel sein. Wir haben viele Überstunden gemacht.“
Auf dieses Vertrauen aufbauend, hofft die Branche auf möglichst wenig Schwarzarbeit in diesen Wochen. Viele Salons haben schon Anfragen dieser Art bekommen, jedoch abgelehnt. „Die Versuchung für viele Mitarbeiter ist groß. Manche von ihnen haben ja auch Existenzsorgen, aber es wäre schlimm, wenn das überhandnimmt“, so Michael Espach. Doch die Gefahr der Schwarzarbeit geht über finanzielle Aspekte hinaus: Wenn sich in diesem Rahmen eine Person mit Covid-19 infiziere, dann werde diese es nicht zugeben, gibt die Obermeisterin der Friseurinnung zu bedenken. Er oder sie werde keine Kontaktpersonen angeben, die Infektionskette sei somit nicht mehr nachvollziehbar. In allen Friseursalons werden dagegen detaillierte Listen zu eben diesem Zweck geführt.
Preise sollen stabil bleiben
Die Preise sollen auch bei Wiedereröffnung stabil bleiben. Ein „teurerer“ Friseurbesuch sei aber gegebenenfalls darauf zurückzuführen, dass ein Haaransatz durch einen lange zurückliegenden Besuch nun sehr viel breiter ausfalle als in „normalen Zeiten“, erklärt Silke Müller. Dann sei mehr Farbe notwendig, die natürlich mehr koste. Jüngst haben viele Friseur-Betriebe in der Region für 24 Stunden „das Licht angelassen.“ Sie haben auf diese Weise auf ihre prekäre wirtschaftliche Lage aufmerksam gemacht: „Damit wollen wir zeigen, dass wir noch da sind und genauso darauf brennen, wieder zu arbeiten“, so die Friseurinnung. Auch viele Lichtenfelser Betriebe haben teilgenommen. Die Aktion soll bei Bedarf regelmäßig stattfinden.