Manchmal träume ich nachts von Spritzen. Spritzen mit großen, spitzen Kanülen, die in Oberarme stechen. Kein Wunder, gibt es doch kaum noch eine Nachrichtensendung, die die sehnlich erwartete Impfung gegen das Coronavirus mit (was wohl?) Spritzen bebildert. Mal wird der faltige Arm eines offenbar älteren Menschen gepiekst, dann das knackige Ärmchen einer junger Dame. Die einzige Abwechslung: jeweils spiegelverkehrt. Und in penetranter Deutlichkeit sieht man, wie sich die Haut eindellt, bevor der Stahl eindringt.
Ich bin wirklich kein Impfgegner. Ganz im Gegenteil. Ich habe auch bei der Grippeimpfung gleich „Hier!“ gerufen, um nicht im Falle einer Erkrankung ein Krankenhausbett zu blockieren. Aber diese Flut von Bildern, auf denen sich die Spitze der Kanüle in die Haut bohrt, kann ich nicht mehr ertragen. Einfallsloser geht's doch nimmer. Der einzige kleine Lichtblick war neulich ein wahrer Impf-Torero, der die Spritze elegant wie ein Florett mit gekonntem Schwung so schnell platzierte, dass mein müdes Auge kaum mitkam. Dann doch lieber die Fotos von den niedlichen Fläschchen, in denen der Impfstoff aufbewahrt wird, oder so ein Blick ins Hightech-Labor, wo die Forscher geheimnisvolle Geräte bedienen.
Das regt die Phantasie an, schließlich ist der Impfstoff doch das Symbol der Hoffnung. Da wollen wir doch was Anregendes sehen – so anregend, dass auch der letzte Querdenker ins Grübeln kommt. Bei Spritzen dagegen denke ich nur an den Pieks. Der ist auszuhalten, aber nicht gerade werbewirksam.
Früher, als noch alles besser war und es kein Killervirus gab, wussten die Verantwortlichen das. Da gab's Werbesprüche wie „Kinderlähmung ist grausam, Schluckimpfung süß.“ Das war wenigstens ein Versprechen.