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KUTZENBERG: Mario Deller im Schlaflabor: Aufgewacht im doppelten Sinne

KUTZENBERG

Mario Deller im Schlaflabor: Aufgewacht im doppelten Sinne

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    Zugegeben, das Bild von mir nach dem Anstöpseln regt zum Schmunzeln an. Doch jedes einzelne Kabel, jeder Sensor, hat seine ernsthafte Bedeutung zur Messung von wichtigen Kenngrößen wie etwa Tiefschlafphasen, Anteil der Nasen-Atmung im Schlaf, Sauerstoffsättigung und natürlich der Anzahl der Apnoen (Atemaussetzer).
    Zugegeben, das Bild von mir nach dem Anstöpseln regt zum Schmunzeln an. Doch jedes einzelne Kabel, jeder Sensor, hat seine ernsthafte Bedeutung zur Messung von wichtigen Kenngrößen wie etwa Tiefschlafphasen, Anteil der Nasen-Atmung im Schlaf, Sauerstoffsättigung und natürlich der Anzahl der Apnoen (Atemaussetzer). Foto: red

    Gut, auf die Waage stelle ich mich seit geraumer Zeit nicht mehr so gerne. Seit einmal - und zwar ganz vorne auf der Digitalanzeige - die Neun gegrüßt hat. Ansonsten aber schätze ich mich für meine 48 Jahre als einigermaßen gesund ein. Von Nervosität daher keine Spur, als ich einchecke, um eine Nacht im Schlaflabor des Bezirksklinikums Obermain in Kutzenberg zu verbringen. Am nächsten Morgen werde ich wieder die Heimreise antreten und mein Leben einfach weiterleben. So malte ich es mir zumindest vorher aus. Doch der Spiegel, der einem vorgehalten wird, irrt nicht.

    Kurze Unruhe vor dem Startschuss – wegen des Corona-Tests

    „Hallo, ich bin die Steffi“, werde ich bei der Aufnahme freundlich begrüßt. „Notieren Sie hier bitte Namen, Geburtsdatum, Körpergröße und Gewicht. Ich komme gleich wieder für den Corona-Test, der muss leider sein“. Auch wenn ich die AHA-Regeln befolge, spüre ich eine gewisse Unruhe. Kurze Zeit später die erlösende Nachricht – negativ. Ich atme tief durch. Im ungünstigsten Fall hätte dieser Moment den Startschuss für ein Erlebnis ganz anderer Art gebildet.

    Blutdruck, Puls, Lungenfunktion – die dem Aufenthalt im Schlaflabor vorausgehende Überprüfung verschiedener Werte bringen auch keine unschönen Überraschungen mit sich. Alles andere hätte mich nach über 80 Blutspenden, bei denen ich jedes Mal durchgecheckt wurde, auch ziemlich verwundert.

    „Hier ist ihr Zimmer, in dem Sie die Nacht verbringen werden“, erklärt die Fachkraft und ergänzt: „Wir haben im Schlaflabor natürlich nur Einzelzimmer, sechs an der Zahl. Denn jeder schläft ja zu unterschiedlichen Zeiten ein, Mehrbettzimmer wären da nicht so schlaffördernd“. Dann erklärt sie kurz den Fernseher und die Notglocke, um sich noch einmal zu verabschieden mit den Worten: „Leben Sie sich erst einmal kurz hier ein. Wie besprochen komme ich später wieder, um Sie anzustöpseln“

    Jetzt wird es ernst: Ich werde angestöpselt

    Mein 76-jähriger Vater war selbst einst hier im Kutzenberger Schlaflabor. Aber die Schilderung anderer zu hören oder den Prozess am eigenen Leib zu durchleben, sind halt zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Das wird mir spätestens dann klar, als mir die Mitarbeiterin schließlich ein knappes Dutzend Mess-Sensoren über meinen ganzen Körper verteilt anlegt, am Kopf, am Oberkörper und an den Beinen. Zwei nur zwei Zentimeter kurze Schläuche führen in die Nase. Traumphasen, Sauerstoffsättigung, das Verhältnis Mund- zu Nasenatmung während des Schlafs oder auch das eventuelle Vorliegen eines Restless-Legs-Syndroms – allerhand Erkenntnisse hinsichtlich der Qualität und Ausprägung meines Schlafs liefern sie in die Maschine neben dem Bett und hierüber wiederum mit dem PC im Auswertungsraum verbundenen Messfühler.

    Anfängliche Unbekümmertheit war wohl eher Fassade

    „Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht. Herr Deller“. „Danke“, entgegne ich kurz. Vielleicht ahne ich insgeheim schon zu diesem Zeitpunkt, dass meine anfängliche Unbekümmertheit vielleicht doch mehr Fassade als Realität war. Jedenfalls zermartere ich mir – entgegen meiner eigentlichen Gewohnheit, schlaffördernde Mittel waren zeitlebens für mich ein Fremdwort – plötzlich das Hirn. Ich würde schnarchen, hat mir einmal mein jüngerer Bruder lachend zugeraunt, als ich einmal bei ihm übernachtet habe. Und davon abgesehen ist es hin und wieder schon vorgekommen, dass ich mich früh etwas schlappt fühle trotz acht Stunden vermeintlich tiefen Schlafs.

    Um halb sechs früh werde ich – nachdem ich ohnehin auf die Toilette muss – schließlich abgestöpselt. „Ich denke, wir haben genügend Daten und müssen die Sensoren nicht noch einmal anschließen“, meinte die für den Nachtdienst eingeteilte Fachkraft zu mir.

    Birgit Fersch kann in den Kurven lesen wie in einem Buch

    „Guten Morgen, Herr Deller“, begrüßt mich lächelnd die Leiterin des Schlaflabors, Birgit Fersch, nachdem ich ein wenig aufgeregt das ins Zimmer gebrachte Frühstück zu mir genommen habe. Die höflich ergänzte Frage „Wie haben Sie geschlafen?“ ist freilich gänzlich rhetorischer Natur. Denn sie weiß es um ein Vielfaches besser als ich selbst. Wie oft ich auf dem Rücken und auf der Seite schlafe, wie oft und lange ich im Tiefschlaf war und manches mehr – alles verraten die Kurven und

    Mein Schlaf in Kurven: Die Fachkräfte des Schlaflabors lesen darin wie in einem Buch. Dass ich vermehrt durch den Mund atme und bis zu 30 Atemaussetzer pro Stunde habe, blieb ihnen nicht verborgen. Sollte ich eine Schlafmaske benötigen, kann ich mir Tipps von meinen eigenen Vater holen.
    Mein Schlaf in Kurven: Die Fachkräfte des Schlaflabors lesen darin wie in einem Buch. Dass ich vermehrt durch den Mund atme und bis zu 30 Atemaussetzer pro Stunde habe, blieb ihnen nicht verborgen. Sollte ich eine Schlafmaske benötigen, kann ich mir Tipps von meinen eigenen Vater holen. Foto: red

    Zahlen, die sie mir präsentiert. Sie kann in den Kurven, die etwa die Traumphasen anzeigen, lesen wie in einem Buch.

    Gerne hätte ich nun gehört „Alles tipptopp – beneidenswert“. Das, was ich dann tatsächlich zu hören bekomme, istr jetzt zwar keine Hiobsbotschaft, holte mich aber auf den Boden der Tatsachen zurück. Das ungute Gefühl am Abend zuvor trog nicht. 23 Atemaussetzer (Apnoen) sowie acht Phasen mit eingeschränktem Atemfluss (Hypopnoen) hatte ich des Nachts pro Stunde.

    „Und dann melden Sie sich halt noch einmal bei uns. Sicher sagen lässt sich dies noch nicht – aber gut möglich, dass eine Schlafmaske bei Ihnen Sinn macht“

    Birgit Fersch, Leiterin Schlaflabor

    Über solche Werte sollte man nicht mehr tatenlos hinweg sehen, so die Einschätzung des medizinischen Personals hierzu. Ich solle wegen meiner vorwiegenden Mundatmung noch einmal beim HNO-Arzt einen Termin vereinbaren, um ein Apnoe-Screening machen zu lassen. „Und dann melden Sie sich halt noch einmal bei uns. Sicher sagen lässt sich dies noch nicht – aber gut möglich, dass eine Schlafmaske bei Ihnen Sinn macht“, konfrontiert mich Fersch unverblümt mit der unbequemen Wahrheit.

    Jetzt bin ich aufgewacht, quasi zum zweiten Mal an diesem Morgen. Einfach so zur Tagesordnung übergehen, das geht ja jetzt irgendwie gar nicht. Und irgendwie fühle ich mich auch erleichtert nach der Einschätzung der Fachleute des Schlaflabors.

    Im Übrigen habe ich im unmittelbaren familiären Umfeld einen „Experten“ in Sachen Schlafmaske. Bei meinem 76 Jahre jungen Vater wurde nämlich einst eine starke Schlafapnoe festgestellt, auch er war im Kutzenberger Schlaflabor. „Obwohl ich nachts durchgeschlafen habe, fühlte ich mich morgens immer wie gerädert“, erinnert er sich. Und so kam eines zum anderen. „Klar muss man sich erst eine Weile an die Maske gewöhnen, aber das geht schon. Und vor allem fühle ich mich am Morgen seitdem wieder viel ausgeruhter – ein Unterschied wie Tag und Nacht“, lobt er die Wirkung.

    Kein Makel, sondern Ausdruck von Stärke und Vernunft

    Das Aufsetzen der Schlafmaske ist für meinen Vater längst zur Routine geworden. Ganz abgesehen von der mit starker Schlafapnoe einhergehenden enormen gesundheitsgefährdenden Belastung des Herz-Kreislauf-Systems muss er sich nun nicht mehr alle zwei Stunden ausruhen, sondern frönt jetzt im Frühjahr wieder energiegeladen seinem Lieblingshobby, der Tomatenzucht. Wenn sich herausstellen sollte, dass auch ich eine Schlafmaske tragen muss, dann ist das Tragen derselben kein Makel, sondern vielmehr Ausdruck von Stärke und Vernunft.

    Fortsetzung: Morgen, liebe OT-Leser, finden Sie an gleicher Stelle ein Interview, das Mario Deller kurz nach seinem Aufenthalt im Schlaflabor mit dem Chefarzt der Kutzenberger Klinik für Erkrankungen der Atmungsorgane, Allergologie, Umweltmedizin und Schlafmedizin, Dr. Saleh Al Hamoud, Geführt hat. Es geht um Themen wie Atemmasken, Schlafhygiene und Dankbarkeit.

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