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LICHTENFELS: Mehr als 450 Einsätze im Landkreis Lichtenfels wegen Unwetter

LICHTENFELS

Mehr als 450 Einsätze im Landkreis Lichtenfels wegen Unwetter

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    Nahezu hüfthoch staute sich das Wasser in der Unterführung, die von der Lichtenfelser Innenstadt in Richtung Fachmarktzentrum führt.
    Nahezu hüfthoch staute sich das Wasser in der Unterführung, die von der Lichtenfelser Innenstadt in Richtung Fachmarktzentrum führt. Foto: Markus Häggberg

    Es schien wie die Ruhe vor dem Sturm: Trotz Unwetterwarnungen ging bis Samstagmittag bei den Feuerwehren im Landkreis Lichtenfels nur eine Alarmierung ein. Vier Stunden später sollte sich das ändern: Am Nachmittag erreichten die Zentrale knapp 30 Alarmierungen – allein zwischen 16 und 18 Uhr. Und da war der Abend noch jung.

    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten. Foto: Markus Huber

    Zu diesem Zeitpunkt rauschten bereits braune Wassermassen durch die Bamberger Straße in Lichtenfels. Die Autobahnausfahrt Lichtenfels-Ost war aus beiden Richtungen nicht mehr passierbar. Video-Aufnahmen zeigen, wie das Wasser an einer Fast-Food-Kette vorbeifließt, Räder von Autos sind nicht mehr zu erkennen.

    „Alleine die Szenen zu Beginn des Einsatzes haben sich vielen von uns ins Gedächtnis gebrannt“, schrieben Florian Helmbrecht und Holger Reinlein von der Feuerwehr Lichtenfels in einer gemeinsamen Mitteilung, die sie am Sonntag veröffentlichten. „Manch einer zweifelte, ob man das Feuerwehrhaus überhaupt noch mit dem eigenen Fahrzeug erreicht.“

    Dieser Mann konnte noch durchgehen. Später wurde die Unterführung zeitweise gesperrt.
    Dieser Mann konnte noch durchgehen. Später wurde die Unterführung zeitweise gesperrt. Foto: Markus Häggberg

    Millionen Liter setzten der Feuerwehr zufolge die Hauptverkehrsader vom Güterbahnhof bis zum Kriegerdenkmal in Seubelsdorf fast einen halben Meter unter Wasser. „Die Auswirkungen des Unwetters zogen sich durch das ganze Stadtgebiet, mit Schwerpunkt Kernstadt, Seubelsdorf, Wallenstadt und dem Stiftsland.“

    Mehr als 450 Mal wurden die Feuerwehren im Landkreis Lichtenfels alarmiert. „Ich kann mich in meinen 36 Jahren bei der Feuerwehr nicht erinnern, dass es schon mal so viele Einsätze gab“, sagte Markus Witzgall von der Kreisbrandinspektion Lichtenfels.

    „Ich kann mich in meinen 36 Jahren bei der Feuerwehr nicht erinnern, dass es schon mal so viele Einsätze gab.“

    Markus Witzgall Kreisbrandinspektion Lichtenfels

    500 Feuerwehrfrauen und -männer waren laut dem Kreisbrandmeister in der Region unterwegs. Kurzzeitig fiel die Funkverbindung der Feuerwehrleute aus. Witzgall selbst sei in der Nacht zum Sonntag erst um 4.45 Uhr ins Bett gekommen – um 6.20 Uhr folgte die nächste Alarmierung: Keller unter Wasser.

    In den meisten Fällen handelte es sich um Wasser in Kellern und Gebäuden sowie um überschwemmte Fahrbahnen und Gehwege. Die Unterführung am Ortseingang von Lichtenfels – von Bad Staffelstein kommend – blieb bis Sonntag gesperrt, da sich dort Schlamm gesammelt hatte.

    Zwölf Stunden Dauereinsatz

    Beinahe hüfthoch staute sich das Wasser in der Unterführung zum Fachmarktzentrum in der Coburger Straße. Nahe Seubelsdorf fielen am Samstag rund 80 Liter pro Quadratmeter. Verletzt wurde aufgrund des Unwetters niemand.

    Auf die Hilfe von Passanten musste ein Bad Staffelsteiner Autofahrer bauen, dessen Auto am späten Samstagnachmittag in der Unterführung (Coburger Straße) liegen geblieben ist. Zwei "Anschieber" fand er.
    Auf die Hilfe von Passanten musste ein Bad Staffelsteiner Autofahrer bauen, dessen Auto am späten Samstagnachmittag in der Unterführung (Coburger Straße) liegen geblieben ist. Zwei "Anschieber" fand er. Foto: Markus Häggberg

    Schon die Tage zuvor füllten Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) Sandsäcke und unterstützten die Wehren beim Stapeln sowie bei Pumparbeiten und der Tank-Logistik. „Wir waren rund zwölf Stunden, von 16.30 bis fünf Uhr morgens, im Dauereinsatz“, sagte Daniel Schell, Zugführer des THW, Ortsverband Bad Staffelstein. Um ein Wohngebiet vor dem Wasser zu schützen, pumpte das THW in Tiefenroth mehrere Stunden eine Baugrube ab.

    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels.
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels. Foto: Holger Reinlein

    Auch in Kösten pumpten Wehren bis in die frühen Morgenstunden Wasser von einem Pendlerparkplatz ab. Bei einem Einsatz der Feuerwehr in Nedensdorf streifte am Samstag ein Verkehrsteilnehmer ein geparktes Feuerwehrauto. Laut Polizei beschimpfte und beleidigte der Fahrer die Rettungskräfte anschließend.

    Für den Landkreis Lichtenfels hat das Wasserwirtschaftsamt Kronach am Wochenende eine erneute Hochwasserwarnung erlassen. Diese endet am Montag, 3. Juni, um 12 Uhr. Die Feuerwehr Isling sagte ihren Festumzug am Sonntag ab. Auf Facebook hieß es: „zum Schutze aller Beteiligten bei diesem Wetter“.

    „Wir hatten Glück“

    Mit einem Wischmopp steht Simon Holl von „Eggs-klusiv“ am Sonntagmorgen in seinem Verkaufscontainer am „Alten Güterbahnhof“ in Lichtenfels. In dem 24-Stunden-Laden können regionale Produkte, wie Eier oder Milch, aus Automaten gezogen werden. „Das Wasser ist trotz der Erhöhung eingedrungen“, erzählte der Landwirt, der am Tag des Geschehens nicht in der Region war. Eine Anwohnerin hatte ihm ein Video von den Wassermassen geschickt, die vor seinem Laden nicht Halt machten. „Die Automaten blieben unbeschädigt. Wir hatten Glück.“

    Bürgermeister Andreas Hügerich besuchte am Samstag die Einsatzkräfte der Feuerwehr Lichtenfels. Florian Helmbrecht und Holger Reinlein baten um Verständnis: „Personen in Fahrzeugen und Wohnungen in Gefahr eingeschlossen und Objekte, die bis zur Decke unter Wasser standen, hatten gegenüber zehn Zentimeter hohem Wasser im Keller Vorrang.“

    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels.
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels. Foto: Holger Reinlein

    Markus Witzgall resümierte: Die Region sei mit einem „blauen Auge“ davongekommen. Das formulierten Helmbrecht und Reinlein ähnlich: „Und zwar mit: einem blauen Auge, einem abgebrochenen Zahn, Schürfwunden, leichten Erschöpfungszuständen und zahlreichen Blasen an den Füßen.“

    Außerdem seien bei der Feuerwehr Lichtenfels zwei Großfahrzeuge aufgrund von Problemen mit der Elektrik vorübergehend nicht mehr einsatzbereit. Der Kommando-Wagen wurde, so die beiden, „durch die schieren Wassermassen wie aus dem Nichts überrollt und wird ein wirtschaftlicher Totalschaden sein“.

    Dramatische Szenen spielten sich in Süddeutschland ab: Die Pegel eines Jahrhunderthochwassers waren laut Bayerischem Umweltministerium an mehreren Orten im Freistaat bereits am Samstag erreicht oder überschritten worden.

    Mehrere Kommunen riefen den Katastrophenfall aus. In hochwassergeplagten Gebieten wurde gebeten, in Notfällen ein weißes Laken aus den Fenstern zu hängen. Im Landkreis Pfaffenhofen waren am Sonntag zwei Dämme gebrochen, ein weiterer Dammbruch drohte.

    Tödlich verunglückt

    Viele Teile Süddeutschlands haben mit Überschwemmungen zu kämpfen - so auch Dinkelscherben im schwäbischen Landkreis Augsburg.
    Viele Teile Süddeutschlands haben mit Überschwemmungen zu kämpfen - so auch Dinkelscherben im schwäbischen Landkreis Augsburg. Foto: Sven Grundmann/NEWS5/dpa

    Dort verunglückte auch ein 42-jähriger Feuerwehrmann bei einem Einsatz. In der Nacht zum Sonntag waren mehrere Menschen in einem Bungalow eingeschlossen, der vom Wasser umgeben war. Vier Feuerwehrler setzten sich in ein Boot, um sie zu retten. Dieses Boot kenterte. Die Leiche des 42-Jährigen wurde gegen 2.20 Uhr gefunden.

    Ein ähnlicher Unfall ereignete sich im Landkreis Günzburg: Ein Boot kenterte bei einer Evakuierung in der Nacht zum Sonntag. Seither wird ein 22-jähriger Feuerwehrmann vermisst.

    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU, li.) und Landesinnenminister Joachim Herrmann stehen am Rande einer überfluteten Straße in Diedorf, einem Markt im Landkreis Augsburg. Dort ist der Katastrophenalarm ausgerufen worden.
    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU, li.) und Landesinnenminister Joachim Herrmann stehen am Rande einer überfluteten Straße in Diedorf, einem Markt im Landkreis Augsburg. Dort ist der Katastrophenalarm ausgerufen worden. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

    Nach Schwaben reisten am Samstag  der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder sowie der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Am Sonntag kamen außerdem Vizekanzler Robert Habeck und der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.

    Umweltminister Glauber rief die Menschen auf, sich über Warndienste und den Hochwassernachrichtendienst (HND) über die Lage zu informieren und sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Bundeskanzler Olaf Scholz will sich am Montag selbst ein Bild von der Lage in den Hochwassergebieten machen. Er plane eine Reise ins Katastrophengebiet, hieß es am Sonntag in Regierungskreisen. 

    Hilfe aus Oberfranken

    Die Regierung von Oberfranken sendete am Wochenende Einsatzkräfte in die stark von Hochwasser betroffenen Gebiete. Rund 280 Helferinnen und Helfer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), des Bayerischen Roten Kreuzes und der Feuerwehr haben sich auf den Weg gemacht. 

    Sowohl der DLRG Bezirksverband Oberfranken sowie die Wasserwacht des BRK sind seit der Nacht auf Sonntag mit Boot- und Tauchtruppen unterwegs. Rund 800 Soldaten der Bundeswehr sind außerdem in Bayern im Einsatz. Weitere Hilfeleistungskontingente wurden vorbereitet, um sich kurzfristig auf den Weg machen zu können bzw. um die Kameradinnen und Kameraden abzulösen. "Unsere oberfränkischen Helferinnen und Helfer werden in den stark betroffenen Gebieten dringend benötigte Unterstützung leisten“, sagte Regierungspräsident Florian Luderschmid. „Kommen Sie alle wohlbehalten wieder nach Hause!"

    Menschen, die in unmittelbarer Nähe eines Gewässers leben, sollten bei Unwetterwarnungen die Hinweise und Informationen von Kommunen und lokalen Feuerwehrleitstellen beachten.

    Bilder aus der Region

    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels.
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels. Foto: Holger Reinlein
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels.
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels. Foto: Holger Reinlein
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels.
    Überschwemmte Straßen nach Starkregen am 1. Juni 2024 in Lichtenfels. Foto: Holger Reinlein
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten. Foto: Markus Huber
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten. Foto: Markus Huber
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten. Foto: Markus Huber
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Screenshot von einem Video, das zeigt, wie Wassermassen am 1. Juni 2024 durch die Bamberger Straße in Lichtenfels strömten.
    Auch stehendes Wasser in manchen Schrebergärten war die Folge der massiven Regenfälle.
    Auch stehendes Wasser in manchen Schrebergärten war die Folge der massiven Regenfälle. Foto: Markus Häggberg
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