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LICHTENFELS: Mietwohnungen sind Mangelware am Obermain

LICHTENFELS

Mietwohnungen sind Mangelware am Obermain

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    Hier werden Wohnhäuser gebaut. Der heimische Mieterverein sieht hingegen den Bereich Lichtenfels sowie unsere gesamte Region mit Mietwohnungen und mit Wohnraum für sozial Schwächere unterversorgt.
    Hier werden Wohnhäuser gebaut. Der heimische Mieterverein sieht hingegen den Bereich Lichtenfels sowie unsere gesamte Region mit Mietwohnungen und mit Wohnraum für sozial Schwächere unterversorgt. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

    Mieten oder kaufen? Wenn es ums Wohnen geht, stellt sich für viele Menschen früher oder später diese Frage. Kann der Traum von den eigenen vier Wänden nicht in Erfüllung gehen, dann sollte es eine Wohnung sein, in der man sich wohl fühlt und die bezahlbar ist. Schlecht ist es, wenn in einem Ort oder in einer Region zu wenig freier und obendrein bezahlbarer Mietwohnraum zur Verfügung steht. Diese Situation sieht der Vorsitzende des Mietervereins Lichtenfels, André Steffen, für den heimischen Landkreis. Der Rechtsanwalt spricht wörtlich von einer „sehr angespannten“ Lage.

    In Filmen wird diese Situation häufig dargestellt: Eine Wohnung wird frei und die Interessenten stehen beim Besichtigungstermin Schlange. André Steffen weiß aus sicherer Quelle, dass sich auch auf viele frei werdende Mietwohnungen im Landkreis gleich mehrere Wohnungssuchende melden. Für den Vermieter sei dies eine komfortable Situation, wenn es um die Wahl des Nachmieters gehe. Potenzielle Mieter hingegen tun sich bei starker Nachfrage schwer. Besonders Alleinerziehende, Familien mit Kindern oder Menschen aus dem sozial schwächeren Bereich seien im Nachteil, weiß der Mietervereinsvorsitzende aus Gespräche mit Betroffenen. „Das ist ein landkreisweites Thema“, so Steffen weiter.

    „Der soziale Wohnungsbau bei uns ist komplett zusammengebrochen“

    Er wisse aus seiner Arbeit, dass Wohnungssuchende aus Lichtenfels, die in der Stadt keinen bezahlbaren Wohnraum finden, in Landkreisorte umziehen, wo preiswerter Wohnraum vorhanden sei. Dafür müssten sie jeden Tag längere Strecken zur Arbeit in Kauf nehmen. Besonders gefragt seien in diesem Zusammenhang frühere Siemens-Wohnungen in Redwitz, von denen immer mal wieder eine frei werde.

    Für Lichtenfels und die Region beobachtet Steffen indessen „extreme Unterschiede“ beim Mietpreis pro Quadratmeter. Es gebe Mietpreise zwischen rund drei Euro in Altbauten bis zu acht Euro in Neubauten mit altersgerechter Ausstattung. Im Durchschnitt seien wir im Landkreis Lichtenfels inzwischen bei etwa 6 Euro angekommen. Ausreißer bei den Mietpreisen sei Bad Staffelstein mit Mietpreisen von sechs bis zu zwölf Euro für den Quadratmeter. „Oder sogar höher,“ so Steffen.

    Eine weitere Folge mangelnden freien Wohnraums in unserer Gegend betrifft laut Steffen Senioren und Seniorinnen. „Wir haben ältere Menschen, die selbst ein große Wohnung oder ein Haus bewohnen, was ihnen eigentlich viel zu groß ist,“ sagt er. Selbst wenn sie sich wohnlich verkleinern wollten, fänden sie häufig keine bezahlbaren kleineren Wohnungen. „Also bleiben sie weiterhin in einer viel zu großen Wohnung zu bezahlbaren Preisen wohnen.“

    Dass es in Lichtenfels wie mancherorts im Landkreis nicht nur an freiem, sondern auch an bezahlbarem Wohnraum mangelt, ist für André Steffen hauptsächlich die Folge mangelnden sozialen Wohnungsbaus. Mehr noch: „Bei uns ist der soziale Wohnungsbau komplett zusammengebrochen.“

    Er kenne keine Gemeinde im Landkreis, wo dieses Bauprogramm momentan laufe. Sofern es an anders sei, freue er sich und würde gerne mit den Bauträgern Kontakt haben. Demgegenüber nehme die Zahl der Einfamilienhäuser landkreisweit zu. Steffen: „Der Abbau von Sozialwohnungen ist einer der größten Fehler der Politik in den letzten Jahrzehnten gewesen.“

    Es geht aber auch anders. Steffen wirft neidisch den Blick in den Landkreis Coburg. „Dort wird sozialer Wohnungsbau wieder praktiziert“ sagt er. Aktuell entstehe im Bereich um die Hochschule herum preiswerter neuer Mietwohnraum „ohne Ende“ auf der Grundlage sozialer Wohnungsbau. Die Rede sei von 200 zusätzlichen Wohneinheiten. Solche Projekte liefen im Raum Coburg mehrfach.

    „Ich freue mich immer, wenn Firmen bei uns expandieren oder neue Arbeitskräfte an den Obermain ziehen wollen. Ich frage mich dann aber immer: Wo sollen die Leute hier denn wohnen?“

    André Steffen, Vorsitzender des Mietervereins

    Im Zusammenhang mit dem sozialen Wohnungsbau hat für den Vorsitzenden des Mietervereins „die Politik versagt.“ Dies gelte nicht nur für Bund und Land. Es liege sehr viel an den einzelnen Kommunen, sagt Steffen. Er meint, dass bei diesem elementaren Thema der Landrat sowie die die Rathauschefs und –chefinnen vorangehen müssen. Er glaube, dass unsere Kommunen immer noch genug Finanzen haben, um sozialen Wohnungsbau am Obermain wieder anzukurbeln. Er könne auch die Aussage nicht akzeptieren, es sei kein Bedarf vorhanden. Er vermute vielmehr, dass mancherorts in den Rathäuser einfach auch nicht genug Interesse für das Thema da sei.

    Bedauerlich sei zudem für Lichtenfels, dass sich einige Projekte privater Investoren mit Ziel Mietwohnungen offensichtlich in die Länge ziehen oder erledigt hätten. An der Langen Straße nahe der Einmündung in die Bamberger Straße unweit der „Wallachei“ zum Beispiel sei jüngst der Investor für ein geplantes großes Bauprojekt in Richtung sozialer Wohnungsbau abgesprungen. Bedauerlich sei zudem, dass die hiesige Baugenossenschaft nicht, wie es eigentlich ihr Auftrag sei, in Lichtenfels mehr Wohnraum bauen lasse.

    Nicht zufrieden ist Steffen auch mit der Situation der früheren Sozialwohnungen für Eisenbahner im Bereich Thüringer Straße/Frankenstraße in Wallenstadt. Diese habe die Bahn vor etlichen Jahren an ein privates Unternehmen verkauft, das den gesamten Bestand ihrerseits an eine private Immobilienfirma in Friedberg bei Frankfurt verkauft habe. Verwaltet werden diese Wohnungen von der Bayerischen Immobilien Management GmbH. In München. Die Preise für den Wohnraum dort seien inzwischen überteuert, der Zustand häufig dringend verbesserungsbedürftig. Die Besitzer hätten eine Sanierung angekündigt. „Die Mieter müssen aber wohl damit rechnen, dass dann die Mieten steigen werden,“ sagt Steffen.

    „Ich freue mich immer, wenn Firmen bei uns expandieren und neue Arbeitskräfte an den Obermain ziehen wollen. Ich frage mich dann aber immer: Wo sollen die Leute hier denn wohnen?“, so Steffen weiter.

    André Steffen, Vorsitzender des Mietervereins und Rechtsanwalt.
    André Steffen, Vorsitzender des Mietervereins und Rechtsanwalt. Foto: Mieterverein

    Für die verantwortlichen Politiker müsste es eigentlich oberste Maxime sein, diese neuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch als Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu halten und dafür zu sorgen, dass sie ihr Geld dort ausgeben, wo sie es verdienen. Dazu müsse eben ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehen.

    Kein Mietspiegel: Der Markt macht den Preis

    Der Mangel an Wohnraum und die starke Nachfrage in unserem Bereich erleichtere es, nach einem Mieterwechsel die Mietpreise zu erhöhen. Bei einem laufenden Mietverhältnis sei dies nicht so einfach, Wohnungen würden saniert und die Kosten auf die Miete umgelegt. „Der Markt macht den Preis,“ sagt Steffen. Kein Gesetzgeber könne dies momentan verbieten. Einen Mietspiegel als Richtlinie bei Neu- und Nachvermietungen gebe es für Lichtenfels nicht. Die Kosten dafür seien verhältnismäßig hoch, lägen bei mindestens 30.000 Euro. Deshalb gelte bei uns das System der marktbezogenen Vergleichsmieten.

    Erschwerend zur allgemein angespannten Wohnraumsituation am Obermain komme seit der Flüchtlingskrise hinzu, dass zusätzlicher Wohnraum für Geflüchtete benötigt werde und gesetzlich zur Verfügung gestellt werden müsse. Diese Personengruppen kommen derzeit wohl am ehesten für den Bezug von preisgünstigem Wohnraum in Frage, meint Steffen.

    Diese Menschen sollen zweifelsohne aufgenommen und mit Wohnraum versorgt werden, aber: die Lage auf dem Wohnungsmarkt insgesamt spitze sich durch diese sozialen Verpflichtungen für die Kommunen weiter zu. Eine erfreuliche Entlastung habe es allerdings dadurch gegeben, dass in jüngster Zeit etliche Hausbesitzer am Obermain freien Wohnraum in ihren Immobilien frei gemacht hätten und ihn als Wohnungen für Geflüchtete zur Verfügung stellen.

    Deutliche Signale aus Landratsamt und Rathäusern gefordert

    Der Vorsitzende des Mietervereins wünscht sich von Rathauschefs, aber vom Landrat deutliche Signale für die Zukunft des sozialen Wohnungsbaus am Obermain: „Unser Bürgermeister in Lichtenfels muss ankündigen, dass in Lichtenfels innerhalb einer gewissen Zeitspanne 100 neue Wohnungen im Sozialbau entstehen sollen,“ sagt Steffen. Dem Landrat stünde es gut an, wenn er den Rathauschefs im Landkreis ans Herz lege, den sozialen, aber auch den allgemeinen Wohnungsbau ernster zu nehmen. Hier seien seiner Meinung nach und nach Ansicht vieler Mitarbeiter aus den Mieterorganisationen die Kommunen in der Pflicht.

    Angesichts der derzeit explodierenden Nebenkosten und steigender Lebenshaltungskosten sieht der heimische Mieterverein höchste Eisenbahn für eine zentrale Forderung: Ein Mietenstopp für sechs Jahre müsse endlich gesetzlich verankert werden. „Durch den Mietenstopp fixieren wir den Großteil der Mieten auf dem derzeitigen, eh schon hohen Niveau,“ so Steffen.

    Wohnen am Obermain Der beistehende Artikel „Mietwohnungen sind Mangelware“ ist Auftakt für eine neue OT-Serie. Dabei geht es um die Situation beim Bestand, bei den Möglichkeiten, bei der Nachfrage und bei der Planung von Mietwohnraum in den elf Städten, Märkten und Gemeinden im heimischen Landkreis. Deren Situation wird in der nächsten Zeit im Rahmen dieser Serie in loser Folge aus Sicht der jeweiligen Kommune beschrieben und bewertet. (art)

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