An das geschichtsträchtige Ereignis vor einem halben Jahrhundert erinnerte der Informationsabends „50 Jahre Eingemeindung Mistelfeld“. Im vollbesetzen Schulsaal der alten Schule nutzen viele Mistelfelder das Angebot der Mistelfelder Ortsvereine. Informationen, Bilder, Zeitungsartikel und ein anschaulicher Lichtbildervortrag gaben einen umfassenden Überblick über die Geschehnisse im Rahmen der Gebietsreform. Bei Freibier und Bratwürsten wurde bis spät in den Abend noch zahlreiche Geschichten erzählt.

Stadtrat Bernd Krauß begrüßte in Namen der Mistelfelder Ortsvereine die rund 70 Besucher. Er freute sich, dass die geschichtliche Entwicklung des Spankorbmacherdorfes nicht in Vergessenheit gerät. In ihrem Grußwort bedankte sich Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner bei den Ortsvereinen für die gute Organisation der Veranstaltung. Ihr Lob ging insbesondere auch an die zahlreichen Jugendlichen, die an der Veranstaltung teilnehmen und so ihr Interesse am politischen Geschehen der ehemaligen Gemeinde Mistelfeld bekunden. Die Überschrift der Tageszeitung vom 7. Januar 1974 „Vereinigung in herzlicher Atmosphäre besiegelt“ kommentierte sie vollen Lobes: „So kenne ich meine Mistelfelder!“

Weg zur Selbstständigkeit
Stadtarchivarin Christine Wittenbauer zeigte in ihren Festvortrag den Weg zur selbstständigen Gemeinde auf. Begonnen hat alles im Jahr 1803, als das damalige Kloster Langheim aufgelöst wurde. Bereits 1817 gab es eine erste Gebietsorganisation, bei der Mistelfeld und Degendorf zu einer Gemeinde zusammengeführt wurden. Mit Gustav Weiß kam 1885 ein Mann nach Mistelfeld, der den Grundstein für die Mistelfelder Spankorbmacherei legte. Viele Tagelöhner und Kleinbauern nutzen die Chance, das Handwerk zu erlernen.

Ministerpräsident Alfons Goppel kündigte schließlich in seiner Regierungserklärung vom 25. Januar 1967 die Gebietsreform als die wichtigste innenpolitische Aufgabe an. Zwischen 1970 und 1978 verringerte sich die Zahl der bayerischen Gemeinden von 7.073 um über zwei Drittel auf 2.052 kreisangehörige Gemeinden. Nach Weingarten war Mistelfeld die zweite Gemeinde, die schließlich am 1. Januar 1974 in die Kreisstadt Lichtenfels eingegliedert wurde. Bei einer Bürgerversammlung am 30. Dezember 1972 und einer geheimen Abstimmung am 26. August 1973 votierten die Bürger mit deutlicher Mehrheit für den Anschluss nach Lichtenfels. Was amtlicherseits am 1. Januar 1974 bereits vollzogen war, wurde am 5. Januar 1974 in betont herzlicher Atmosphäre besiegelt.
Eingemeindung besiegelt
Der ehemalige Bürgermeister Johann Ahles und das Lichtenfelser Stadtoberhaupt Dr. Günther Hauptmann besiegelten im Gasthof Fischer die Eingemeindung durch die Unterzeichnung der Urkunde. Ein bewegender Augenblick war die offizielle Übergabe der Gemeinde Mistelfeld an die Stadt Lichtenfels, symbolisch vollzogen durch einen kräftigen Händedruck von Bürgermeister zu Bürgermeister. Nach der Unterzeichnung stand ein historischer Augenblick auf dem Programm: der Grenzstein der Stadt Lichtenfels wurde entfernt. Dr. Hauptmann brachte seine Freude darüber mit den Worten „Damit es von nun an nichts mehr gibt, was zwischen Lichtenfels und Mistelfeld steht, und sei es auch nur ein Grenzstein!“ zum Ausdruck.

Eine der Gründe, die insbesondere für die Eingemeindung maßgeblich waren, war die Trinkwasserversorgung im Ort. In Mistelfeld gab es keine zentrale Wasserversorgung, sondern nur Gruppenversorgungsanlagen. Durch das Absinken des Grundwasserstandes kam es immer wieder bei vielen Anwesen zu einer Wassernot. Deshalb sicherte Dr. Günther Hauptmann den Mistelfelder Bürgern zu, die Wasserversorgung mit Anschluss an die Fernwasserversorgung Oberfranken zu erneuern. Auch der Bau der Ortskanalisation mit Anschluss an die Kläranlage Lichtenfels wurde zugesagt.
Martin Dirauf zeigte in einer umfangreichen Präsentation wie das politische Leben in Mistelfeld abgelaufen ist. Er berichtete über Besprechungen und Ausflüge unter Bürgermeister Adam Zech, der von 1945 bis 1961 die Geschicke des Spankorbmacherdorfes leitete. Bis 1974 hat schließlich Altbürgermeister Johann Ahles, der am 26. Februar 2014, verstorben ist, mit seinem Gemeinderat verantwortungsbewusst die Entwicklung der Gemeinde mitbestimmt. Dirauf ging näher auf die letzten Sitzungen aus dem Jahr 1973 ein, wo die Gemeinderäte auch wichtige Entscheidungen für die Mistelfeder Vereine getroffen haben. Historische Ortsansichten, Bilder von Renovierungsarbeiten der Kirche St. Andreas und der alten Schule sowie der Gestaltung des Kirchplatzes schlossen den 100 Folien umfassenden Vortrag ab.
In Gedichtform
Der ehemalige Gemeinderat Georg Lypold hat die Geschehnisse um die Eingemeindung etwas wehmütig in Gedichtform vorgetragen: „Die Eingemeindung in die Stadt war vorgegeben, eine andere Möglichkeit hat es nicht gegeben. Die frühe Eingemeindung, ist sie richtig oder nicht, diese Frage stellte sich nicht!“ Er und Michael Holhut, der zum Schluss Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Mistelfeld war, kommentierten als Zeitzeugen gekonnt die Ereignisse. Auch viele Bilder und Zeitungsberichte aus der Zeit der Eingemeindung säumten auf großen Stellwänden den Eingangsbereich der alten Schule.