Der Plan, den Klinikverbund Regiomed zum Jahresende zu entstricken und die Kliniken nebst ambulanter Einrichtungen wieder an die Landkreise zurückzugeben, ist gescheitert. Der Schock beim Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, Landrat Christian Meißner, sitzt tief. Nun ist die Verunsicherung in der Belegschaft groß: Das Schreckgespenst der Insolvenz geistert herum.
Nachdem sich Stadtrat und Kreistag Coburg sowie der dortige Krankenhausverband am Donnerstag gegen eine Trennung des Klinik-Verbunds ausgesprochen hatten, verschärfte sich die Situation tags darauf. So teilte Landrat Meißner mit, dass zunächst nach einer Dringlichkeitssitzung der Gesellschafter beschlossen worden sei, die Stundung gewährter Kassenkredite der beteiligten Landkreise Lichtenfels, Coburg, Sonneberg und Hildburghausen sowie der Stadt Coburg zu prüfen. Der Geschäftsführer des Regiomed-Verbunds, Michael Musick, sagte dem Bayerischen Rundfunk, dass er am Freitag keinen Insolvenzantrag stellen musste.
Wie es weitergeht, bleibt jedoch offen. Nach BR-Informationen liege das Überleben des Verbunds in den Händen der beteiligten Banken. Sollte davon nur eine ihre Kreditlinie kündigen, bliebe dem Geschäftsführer nur noch die Insolvenz. Still wird es in dieser Sache jedenfalls auch über die Feiertage nicht, wie es zur Entwicklung indes aus dem Coburger Rathaus heißt: Die Beteiligten werden laut Pressemitteilung über die Feiertage weiterarbeiten. Mit der Debatte um die Zukunft von Regiomed geht die Frage einher, wie es um die Jobs der über 5000 Mitarbeitenden – davon 800 in der Helmut-G.-Walther-Klinikum GmbH Lichtenfels – bestellt ist. Das „I-Wort“ hatte bis September niemand aussprechen wollen, doch nun sind die Diskussionen darüber Realität.
Deshalb traten Landrat Meißner und Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner nach Informationen dieser Redaktion am Freitag im Lichtenfelser Klinikum vor die Beschäftigten. Auf Nachfrage kann Zeulner das öffentliche Interesse nachvollziehen, hält sich jedoch bedeckt: „Es geht darum, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Deswegen äußere ich mich noch nicht öffentlich. Die Versammlung diente zur Information der Mitarbeiter nach den vorherigen Entscheidungen der Gremien in Coburg.“
Coburg sägte Vorschlag ab
Wie berichtet, stimmten die Lichtenfelser Kreisräte Mitte Dezember für die Entflechtung und damit die Rückführung der Krankenhausgesellschaften an ihre örtlichen Träger, also die Landkreise Lichtenfels, Coburg, Sonneberg und Hildburghausen. Im Lichtenfelser Kreistag votierte nur AfD-Rätin Heike Kunzelmann dagegen. Nun aber der Nackenschlag aus der Vestestadt.

Der Schritt zum Beschluss einer Entflechtung war nötig geworden, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Dementsprechend erleichtert zeigte sich nach der Abstimmung in Lichtenfels damals Klaus Dworschak, Betriebsratsvorsitzender der Helmut-G.-Walther-Klinikum GmbH: Es stünden tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Entscheidung gingen – nicht nur in Lichtenfels – lange Diskussionen voraus, beschäftigte die finanzielle Schieflage von Regiomed doch schon seit mehreren Monaten die verschiedenen Gremien.
Die Gesellschafterversammlung hatte sich bereits am 11. Dezember für die Entflechtung entschieden. Jedoch wies Landrat Meißner zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass die Beschlussfassung noch unter Vorbehalt stehe: Die beteiligten Landkreise und die Stadt Coburg sowie der dortige Krankenhausverband müssten noch zustimmen. Coburgs Entschluss von Donnerstag mischt nun erneut die ohnehin angespannte Lage weiter auf.
Zu hohe Kosten drohen
Eine deutliche Mehrheit der Verantwortlichen aus Stadtrat, Kreistag und vom Krankenhausverband (KHV) in Coburg fegte die Beschlussvorlage vom Tisch. Es gab jeweils nur eine Ja-Stimme.

Begründet wird das Votum gegen den Vorschlag zur perspektivischen Neuausrichtung des Verbunds mit einer enormen finanziellen Last für dessen Reorganisierung und Sanierung. Die würde fast vollständig auf den KHV zukommen, heißt es in einem gemeinsamen Pressestatement von Stadt und Landkreis Coburg. „Dadurch wären die kommunalen Kassen der Stadt Coburg, des Landkreises Coburg sowie der Gemeinden im Landkreis massiv überlastet worden“, lautet die Begründung. Allein für Trennung und Defizitübernahme in den Jahren 2024 und 2025 hätten bei einer Entstrickung des Klinikverbunds mindestens 60 Millionen Euro durch Coburg Stadt und Landkreis gestemmt werden müssen. Hinzu kämen Kassenkredite von mehr als 40 Millionen Euro. Die übrigen Gesellschafter würden zudem Millionenzahlungen aus Coburg erwarten, um die Entflechtung umzusetzen.
Versorgung und Arbeit sichern
„Unser größtes Anliegen war es immer und wird es auch weiterhin bleiben, eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in Stadt und Landkreis sicherzustellen“, lässt sich Christian Straubel, Coburger Landrat und KHV-Vorsitzender, in der Presseinfo zitieren. „Gleichzeitig ist es uns wichtig, die vielen tausend Arbeitsplätze der engagierten Beschäftigten im Regiomed-Konzern dauerhaft in einem nachhaltig finanzierten System zu erhalten.“

Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig, gleichzeitig 2. Vorsitzender der KHV, ergänzt: „Die Gesundheitsversorgung in der Region ist ein sehr hohes Gut. Wir wollen Coburg Stadt und Land verantwortungsvoll und generationengerecht gestalten und müssen die Qualität der Versorgung auch an anderen Stellen wie beispielsweise Feuerwehr, Straßen, Kita, Schule, und Sport garantieren.“
Den nun abgelehnten Vorschlag brachte Regiomed-Geschäftsführer Michael Musick aufs Tapet, nachdem sich die Partner dagegen entschieden hatten, die Millionensummen zu gleichen Teilen zuzuführen. Hauptziel sei jetzt laut OB Sauerteig, eine Lösung zu erarbeiten, um die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden dauerhaft zu erhalten. Ihnen „größte Aufmerksamkeit“.

Das sagen Regiomed-Verantwortliche und Landrat Christian Meißner zu Coburgs Votum Nach der Ablehnung des Vorschlags antwortet ein Sprecher der Regiomed-Kliniken auf Nachfrage dieser Redaktion, dass der Konzern die Entscheidungen des Kreises und der Stadt Coburg zur Kenntnis genommen habe. Zu den Ergebnissen habe sich am Tag nach der Entscheidung bereits die Gesellschafterversammlung ausgetauscht. Grundsätzlich gelte: Schon seit geraumer Zeit befinde sich das Haus in einem umfassenden Transformationsprozess. Vor diesem Hintergrund arbeite Regiomed – auch unabhängig von der Entscheidung – an Lösungen, mit denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Patientenversorgung langfristig sichergestellt werden sollen. Der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner (CSU) bringt in einem Statement am Freitag seinen Unmut über die Entscheidung klar zum Ausdruck: „Ich bin erschüttert, dass die sehr schwierigen Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern nun doch bei einem Gesellschafter keine Zustimmung gefunden haben.“ Seit September 2023 habe man an den aktuellen Beschlüssen gearbeitet, die laut Aussage Meißner eigentlich auch die Zustimmung aller Gesellschafter gefunden haben. Dass jetzt ein Gesellschafter diesem Kompromiss nicht zugestimmt hat, bedeute einen schwarzen Tag, sowohl für die 380.000 Bürgerinnen und Bürger im Regiomed-Gebiet, für die die Landkreise den Versorgungsauftrag hätten, als auch für die über 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt zwei Tage vor Weihnachten diese Botschaft erhalten haben. „In den Kliniken wird eine sehr gute Arbeit geleistet und das hat keiner verdient“, meint Landrat Christian Meißner. (jak)