Lichtenfels Jeder, der sich in der Schule mit Gedichten befassen musste, kann sich vielleicht erinnern. An Versmaß, Jambus, Daktylus, Kreuzreim, Paarreim und an all die anderen stilistischen Merkmale. Doch in den modernen Gedichten ist dies nicht immer unbedingt der Fall. So auch in den Gedichten, die Nadja Küchenmeister aus Berlin am Meranier-Gymnasium (MGL) bei der diesjährigen Autorenlesung vortrug. Gebannt hörten die Schülerinnen und Schüler, ehemalige und aktive Lehrkräfte sowie die Vertreter des Elternbeirats und des Fördervereins, der diese Lesung wie alle Jahre finanziell unterstützt hat, Küchenmeister zu, die einige ihrer Gedichte vortrug und auch von sich selbst und der Entstehung der Werke erzählte.
Wer ist sie?
Doch wer ist Nadja Küchenmeister? 1981 in Ost-Berlin geboren, studierte sie Germanistik und Soziologie an der Technischen Universität Berlin sowie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. 2010 erschien ihr erster Gedichtband „Alle Lichter“, das im gleichen Jahr von der Darmstädter Jury zum Buch des Monats gewählt wurde. Inzwischen hat sie insgesamt drei Bücher veröffentlicht, das vierte Buch folgt in Kürze. Außerdem schriebt sie Hörspiele und Features, außerdem arbeitet sie als Lehrkraft und Moderatorin.
„Ich wollte eigentlich nicht mehr in Schulen lesen“, begann sie ihren Vortrag. „Ich hab es ja lieber, wenn die Leute freiwillig zu meinen Lesungen kommen.“ Doch das Konzept am MGL und das Programm an der Schule habe sie überzeugt, dass sie hier eine Ausnahme machen könne. „Ich erinnere mich an meine Schulzeit, an die Art und Weise, wie man damals mit Gedichten gearbeitet hat. Und ich weiß noch, wie es ist, zwischen 15 und 18 zu sein. Aber ich weiß nicht, wie es ist, heutzutage so alt zu sein.“
Offene Worte. „Das heute ist auch eine Begegnung mit meiner Vergangenheit“, so Küchenmeister. „Hoffentlich habt ihr nicht zu viel Respekt vor der Gattung Lyrik“, fuhr sie fort. „Es gibt viele Wege, sich einem Gedicht anzunähern, darunter auch neue Wege.“ Die Frage, die man sich oft stellt: Inwieweit ist ein Gedicht Ausdruck des Autors?
„Hinhören. Vorstellen. Verstehen.“ Das wünschte sie sich an diesem Tag. Und ihre Hoffnung wurde erfüllt. Aufmerksam hörte man zu, ließ sich von den Gedichten, ihren Worten, tragen. Und man war neugierig, stellte Fragen. Über ihre Arbeit, wie sie auf ihre Ideen kommt. Und warum sie in ihren Gedichten auf Großschreibung verzichtet.
„In meinen Gedichten gibt es keine Hierarchie in der Schreibweise“, erklärte Küchenmeister. „Alles ist gleich gewichtet, hier entscheidet allein der Leser, wie er die Gewichtung setzt.“
Eine interessante Frage war, wie sie sich einem Gedicht annähert. „Zum Schreiben gehört eine gewisse Disziplin“, erläuterte sie. „Schreiben ist ein fließender Prozess. Früher war ich spontan, schrieb mehr nach Erlebtem. Heute weiß ich am Anfang nicht, was am Ende dabei entsteht. Ich nähere mich langsam an, bis ich dann ganz am Schluss zufrieden bin. Lyrik ist Arbeit an der Sprache.“
Und dann gab sie etwas zu, was die meisten überraschte. „Ich liebe es, geschrieben zu haben, aber ich hasse es, zu schreiben. Das geht wohl den meisten Autoren und Autorinnen so.“
Jeder Autor hat es erlebt
Ob sie schon einmal eine Schreibblockade gehabt habe und wie man damit umgeht, wollte jemand wissen. Hier lächelte sie. „Ich denke, die meisten, die schreiben, haben dies erlebt. Oft ist es nicht die Ideenlosigkeit, sondern einfach das Leben um einen herum, das einen in diese Blockade bringt.“
Es fiel mir schwer, in den inneren Schreibraum zu kommen.“ Raten könne sie in dem Fall nur, es einfach laufen zu lassen, irgendwann komme es von allein zurück. „Einfach die Sprache in Ruhe lassen“, meinte sie. Und die wichtigste Frage war, warum sie auf Reime verzichte. „Ein Gedicht soll klingen. Für mich haben bestimmte Worte miteinander eine Verbindung, haben einen gewissen Reimklang. Es geht dabei mehr um die Klanglichkeit, das Entwickeln der Worte.“
Interessante Einblicke in das Leben und das Wirken einer Lyrikerin und eine Lesung der anderen Art, geprägt von vielen Gesprächen und offenen Antworten.