Staub wird aufgewirbelt und der Kies knirscht unter den Reifen des Trucks von Schäfer Daniel Stief, als dieser den Feldweg von Klosterlangheim kommend in Richtung Solarpark hinauf fährt. Am Wagen ist ein Anhänger befestigt, den Stief in einem kurzen Wendemanöver zum Tor hin rückwärts einparkt.
Dieses hat vorher bereits Oliver Partheymüller geöffnet. Er wartet gespannt darauf, wie die Vierbeiner auf ihr neues Zuhause auf Zeit reagieren. „Ich bin sicher, wenn sich die Hängerklappe öffnet und sie das ganze Grün sehen, gibt es kein Halten mehr“, so Partheymüller. Schließlich kommen sie nun, kurz vor Ostern, aus ihrem Winterquartier im Stall ins Freie.
Und Partheymüller soll Recht behalten: 20 Schafe springen aus dem Hänger, kaum hat Daniel Stief die Lade aufgemacht. Die Tiere wurden aus den Rassen Dorper- und Cheviotschaf gezüchtet. Sie haben dunkles Fell am ganzen Körper, merkt Stief an. Das sei auffällig, denn das aus Südafrika stammende Dorperschaf hat lediglich einen schwarzen Kopf, während Cheviots ganz weiße Wolle haben.
Die Tiere erkunden kurz den Solarpark. Dabei laufen sie stets eng beieinander, als Herde. Dann halten sie unter einem der Modultische an und genießen frisches Gras im Schatten. Denn die Sonne scheint an diesem Tag Anfang April vom wolkenlosen Himmel auf den Solarpark oberhalb von Klosterlangheim herab. Oliver Partheymüller betreut den Park für den Betreiber, die Raiffeisenbank Küps-Mitwitz-Stockheim eG. Ihm ist es hauptsächlich zu verdanken, dass hier Schafe weiden.
Perfekte Symbiose
Während die beiden die Herde beobachten, erinnert sich Partheymüller, wie es zur Zusammenarbeit mit Schäfer Daniel Stief aus Buckendorf kam. Einst habe Partheymüller für ein Projekt Flächen bei Stiefs Vater gepachtet.

Daniel Stief fragte an, ob er einige Schafe in den entstandenen Solarparks weiden lassen könne. Partheymüller machte dies möglich. Was zuvor mit dem Halten von drei Ziegen begann, wächst über die Jahre zu Stiefs eigenem Betrieb (diese Redaktion berichtete, OT vom 11. Mai 2024). Der hauptberufliche Schäfer hat erst vor Kurzem einen neuen Stall gebaut und beschäftigt mittlerweile vier Mitarbeiter.
Heute hält er auf 3500 Quadratmetern rund 700 Tiere, über das Jahr rechnet er mit 500 bis 600 Tieren an Nachwuchs. Neben Schafen hält er Burenziegen.
Für die Schafbeweidung habe sich Oliver Partheymüller in der Folge eingesetzt und zusammen mit Stief eine erfolgreiche Zusammenarbeit etabliert. Seit 15 Jahren setzt der Schäfer die Tiere in die Anlagen, damit diese dort mähen – nicht nur laut und schallend, sondern vor allem das wachsende Gras. Im Park bei Klosterlangheim sind die Vierbeiner das dritte Jahr in Folge und können nach ihrer Ankunft bis spätestens Dezember dort bleiben.
Verschiedene Bewohner
„Uns war es wichtig, die Flächen nicht zu mulchen“, führt Partheymüller aus. Der Solarpark bei Klosterlangheim entstand im Sommer 2022. Als Bürger-Solarpark ist die Bevölkerung an den Gewinnen beteiligt. Die Anlage auf der im Westen gelegenen Anhöhe unweit des Sees erstreckt sich über 6,3 Hektar auf einer ehemaligen Ackerfläche. „Die Flächen sollten ihre natürliche Funktion behalten“, so Partheymüller. Er hat den Park von Anfang an für die Bank als Projektentwickler begleitet und ist selbstständig in der wirtschaftlichen und kaufmännischen Betreuung von Solaranlagen. Er weiß über den Park bestens Bescheid. So berichtet er, dass vor allem Feldhasen und Bodenbrüter dort anzutreffen sind.
Als sogenannte „Kompensationsmaßnahmen“, also Ausgleiche in der Natur für den „Eingriff Solarpark“, wurden auch eine dreireihige Hecke, ein Totholz- und ein Steinhaufen angelegt. Hier stößt man zum Beispiel auf heimische Schlangen, Eidechsen und Insekten. Diese Maßnahmen sind Vorgabe und eng mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Dass Technik und Tiere sich gegenseitig gefährden, kann der Spezialist ausschließen. Nicht zuletzt, weil man in der Vergangenheit immer wieder dazu gelernt hat.

„Anfangs hingen die Kabel an den Modultischen noch zu tief. Das richtige Set-Up zu finden, war eine Kunst“, erläutert Partheymüller. Deshalb sind die Kabel nun „hoch genug“ angebracht. Daniel Stiefs Schafe haben noch dazu die richtige Kopfhöhe – sie passen mit 60 bis 65 Zentimetern Größe bequem unter den 90 Zentimeter hohen Modultischen hindurch. „Das ist wichtig, vor allem im Fluchtfall, da können sie sich nicht anstoßen“, so Partheymüller. Außerdem kommen ausschließlich unbehornte, geschorene Mutterschafe in den Park. Die Trafostation und die Wechselrichterbänke an den Modulen sind eingezäunt und somit „Technik und Tiere strikt voneinander getrennt. Das Tierwohl steht für uns an wichtigster Stelle.“
Beachtlich: „Die Anzahl von Schäden in der Schafbeweidung beträgt geschätzt zehn Prozent, gegenüber dem maschinellen Mähen.“ Partheymüller verzeichnet also mit den Tieren deutlich weniger Schäden, als wenn beispielsweise Maschinen beim Rasenmähen ständig an den Modultischen anecken.

Während Oliver Partheymüller und Daniel Stief über die Anlage spazieren, wird die unkomplizierte und freundschaftliche Basis ihrer Zusammenarbeit deutlich: Es wird sich nach anstehenden Aufgaben erkundigt, aber auch zusammen gelacht. Stief bekräftigt auf Nachfrage, wie sehr er die Arbeit mit Tieren mag, auch wenn sie oft schweißtreibend ist. „Jeder Tag ist verschieden: Tiere kontrollieren, Zäune aufbauen, Tiere in die Parks einsetzen – aber dafür ist man sein eigener Herr.“
Hohe Nachfrage
Und die Nachfrage ist in den vorigen Jahren enorm gestiegen. Sowohl Schafe für die Beweidung von Solarparks sind stark nachgefragt als auch das Fleisch der Böcke für den Konsumenten. Noch am selben Tag wollen die beiden eine weitere Anlage besuchen, auch für den geplanten „Solarpark Bohnberg“ (diese Redaktion berichtete) ist eine Schafbeweidung angedacht.

Doch bevor sich die beiden auf den Weg machen, möchte Oliver Partheymüller vom Experten wissen, wieso sich die Schafe so gern in die Nähe der surrenden Wechselrichterbänke legen. Stief muss nicht lange nachdenken: „Vielleicht sorgen die Lüfter in den Bänken für etwas Luftzirkulation.“ Diese halte womöglich lästige Fliegen fern. Das sei typisches Verhalten für Schafe, denn selbst wenn sie ein schattiges Plätzchen am Boden haben könnten, würden sie eher einen Hügel bevorzugen, über den der Wind weht. „Da ist ihnen die Sonne ein kleineres Übel, als Mücken.“

Und so zeigt sich: Auch nach 15 Jahren lernen die beiden wirtschaftlichen Partner noch voneinander.