In den 1950er Jahren begann eine goldene Zeit für die Kinowelt. Auch der Raum Lichtenfels erlebte damals einen Kino-Boom. Es wurden in vielen Dörfern und Städten moderne Kinoneubauten errichtet. Lichtenfels hat sogar mehrere Lichtspielhäuser.
Die Familie Günther plante einen Kino-Neubau mit 500 Sitzplätzen, der im Jahr 1952 in der Nähe des Unteren Tors begonnen wurde. Es war eines der ersten großen Neubauprojekte in Lichtenfels nach dem Zweiten Weltkrieg.
1952: Kino-Neubau mit 500 Sitzplätzen
Nach nur dreieinhalb Monaten Bauzeit, am 20. November 1952, öffnete das „moderne Großkino“ unter dem Namen „Neue Filmbühne“ mit einer festlichen Einweihungspremiere.

Die Zeitungsartikel berichteten begeistert: „Formschönheit wetteifert mit modernster Technik“, „Prachtbau“, „ausgezeichnete Akustik“, „schön und elegant“. Das Fazit lautete: „Endlich hat Lichtenfels ein stattliches repräsentatives Kino, das sogar mit städtischen Großkinos mithalten kann.“
Carmen Ulbrich berichtet: „Ich kann mich noch genau an den ersten Film erinnern, der in der Neuen Filmbühne gespielt wurde. Er hieß 'Vater braucht eine Frau' mit den damals berühmten Schauspielern Dieter Borsche und Ruth Leuwerik.“
Der Eintritt kostete in den 1950er Jahren zwischen 1,20 DM für die billigsten Plätze und 2,50 DM für die Logenplätze. In einem kleinen Bereich an der Kasse konnten die Besucher Drops, Vivil oder auch Schokolade erwerben.
Das Kino sei schnell zu ihrer zweiten Heimat geworden, sagt Carmen Ulbrich heute. „Ich habe schon als Kind fleißig mitgeholfen: Als Platzanweiserin, an der Kasse, der Garderobe oder ich habe auch mal mit sauber gemacht. Dafür durfte ich mir den einen oder anderen Film anschauen. Nach und nach wurde die Leidenschaft für die großen Filme und die Kinowelt bei mir geweckt und die ist bis heute geblieben.“
„Unterhaltsamer Treffpunkt und gesellschaftliche Verpflichtung“
Zum 35-jährigen Geschäftsjubiläum 1956 wurde das Kino in Lichtenfels technisch noch einmal erweitert und damit die Aufführung von Cinemascope-Filmen auf Breitbildleinwand möglich. Heinz Rühmann, Romy Schneider, O.W. Fischer: Es sind die großen deutschen Film-Klassiker und Schauspieler, die mit dieser Zeit verbunden sind. Kino ist jetzt unterhaltsamer Treffpunkt und gesellschaftliche Verpflichtung in einem.

Aber mit dem Wirtschaftswunder und dem Durchbruch des Fernsehens in den 1960er Jahren begann für die Lichtspieltheater eine harte Zeit. Es war nicht mehr notwendig, ins Kino zu fahren, um sich einen Film anzusehen. Nachrichten gab es abends in der Tagesschau. Ein großes Kinosterben war die Folge. In Lichtenfels überlebte nur ein Kino diese Zeit: die „Neue Filmbühne“.
„Wir haben die Corona-Pause genutzt, die Neue Filmbühne weiter umzustrukturieren. Sie wird nach der Wiederöffnung noch familien- und teamorientierter ausgerichtet sein.“
Carmen Ulbrich, Geschäftsführerin „Neue Filmbühne“
Nach dem Tod des Kinopioniers Erich Günther 1969 übernahm Peter Günther das Kino. Er verpachtete das Günthersche Unternehmen an Otto-Max Schöpf, der das Kino fast 30 Jahre lang selbstständig führte.
In diese Ära gehört das erste Popcorn, das in der „Neuen Filmbühne“ gekocht wird und der Kassenschlager „ET - der Außerirdische“, durch den lange Menschenschlangen vor dem Lichtenfelser Kino entstehen. „Like Ice in the Sunshine“ ist der Ohrwurm, der diese Zeit begleitet und vor jedem Kinofilm werden Eispralinen verkauft. „Dirty Dancing“, „Pretty Woman“, „Top Gun“, „Rain Man“, „Titanic“ – alle Mega-Blockbuster der 1980er Jahre fallen in diesen Abschnitt der Neuen Filmbühne.
Mit 1998 kommt wieder ein Jahr der großen Veränderungen. Das Gebäude der Neuen Filmbühne von 1952 wird abgerissen. An seiner Stelle entsteht der heutige Gebäudekomplex mit Kaufhaus und neuem Miniplextheater.
Peter Günther, der die Pläne für das neue Kino geschmiedet hat, erlebt seinen Neubau nicht mehr und gibt den Staffelstab an seine Schwester weiter.
Im Mai 1999 wurde das neue Kino, jetzt am Unteren Tor in der Bamberger Straße, als „Neue Filmbühne Lichtenfels“ und unter der Geschäftsleitung von Carmen Ulbrich, im Team mit ihrem Theaterleiter Bernd Hidding, neu eröffnet.
Es ist der erste Kinoneubau in der Region mit drei Sälen und 365 Sitzplätzen, ausgestattet mit 35mm Filmprojektion und 6 Kanal Surround Digitalton.
Stets unter den 100 Lieblingskinos in Deutschland
Und damit ist die „neue“ Neue Filmbühne Lichtenfels nicht nur ein Ersatz für das vorhergehende Kino, sondern – ganz im Sinn von Erich Günther – eine Weiterentwicklung des Kinogedankens.

2005 war die „Filmbühne“ das zehnte Kino in Deutschland mit digitaler Filmprojektion in Full HD. 2011 wurden die neuesten Digitalprojektoren installiert und auf 8 Kanal Dolby Surround aufgerüstet.
Im Sommer 2014 erfolgte wieder eine komplette Entkernung des Kinogebäudes und die Erneuerung der Innenausstattung nach aktuellstem Standard.
An die letzten 20 Jahren denkt die Chefin, wie Carmen Ulbrich liebevoll von den Mitarbeitern genannt wird, mit einem Lächeln zurück: „Unvergessen ist das Open-Air-Kino im Kurpark in Bad Staffelstein, die legendäre WM-Übertragung 2006 auf dem Parkdeck und natürlich die großen Filme der letzten Jahre: James Bond 007, Fluch der Karibik, Herr der Ringe.“
Dass die Neue Filmbühne in Lichtenfels Anklang findet, wird bei der Wahl zu Deutschlands Lieblingskino deutlich: Sie kam drei Jahre in Folge unter die 100 Lieblingskinos in Deutschland, eine riesige Wertschätzung für das gesamte Kino-Team.
Carmen Ulbrich fasst zusammen: „Es gab in den letzten 100 Jahren gute Zeiten und es gab schlechte Zeiten, aber wir haben immer mit viel Herzblut Kino gelebt und Kino angeboten, das wird auch in der Zukunft so bleiben.“

Sie fügt hinzu: „Seit 2015 unterstützt mich meine Tochter Yvonne im Tagesgeschäft und wir haben die Corona-Pause genutzt, die Neue Filmbühne weiter umzustrukturieren. Sie wird nach der Wiederöffnung noch familien- und teamorientierter ausgerichtet sein.“
Und Yvonne Ralfs ergänzt „Das 100-jährige Kino-Familien-Jubiläum haben wir uns ohne Lockdown gewünscht und ganz anders vorgestellt. Aber eines ist sicher: Sobald es geht, werden wir wieder öffnen.“ Und dann werde das Motto wie 1952 lauten: „Stets guter Film in diesem schönen Lichtspielhaus.“