Der Name einer Schule ist immer mehr als nur eine Bezeichnung für die Gebäude und den Ort. Er vermittelt auch einen gewissen Anspruch und das Selbstverständnis, mit dem sich die Schule verbunden wissen will. Insofern hat das Meranier-Gymnasium gute, wenn auch recht anspruchsvolle Namensgeber.
Die Meranier als eines der führenden Adelsgeschlechter des zwölften und 13. Jahrhunderts stehen nicht nur für europaweite Kontakte und Verbindungen, sie waren auch großzügige Gönner und Mäzene im Bereich von Kunst und Kultur. Darin enthalten ist auch schon der Anspruch, den unser Gymnasium heute zu verwirklichen trachtet. Es will nicht nur fachspezifisches Wissen vermitteln, sondern weltoffene, tolerante, vielseitig interessierte junge Menschen heranziehen, die imstande sind, ihrem Umfeld mit Herz und Hirn zu begegnen.
Dem war aber nicht immer so. Es gab Jahre, nämlich von 1933 bis 1945, als andere Ziele in Schule und Unterricht wichtig waren. Und auch damals war es der Name, der das offizielle Zeichen des Denkens war. Ab 1933 hieß die höhere Bildungsanstalt in Lichtenfels Hans-Schemm-Realschule, benannt nach dem Gauleiter der Bayerischen Ostmark, der gleichzeitig Führer des Nationalsozialistischen Lehrerbunds und Minister für Unterricht und Kultus war.

Ein Blick in den Jahresbericht von 1933/34 zeigt, was damals das schulische Leben prägte. Von den 176 Schülern, die die Realschule in diesem Schuljahr besuchten, war nur noch einer aus einer jüdischen Familie, nämlich Walter Kohn, der damals zehnjährige Sohn des Kaufmanns Kohn. Wie sehr die Schule damals im Geiste des Nationalsozialismus umgestaltet wurde, zeigt sich vor allem an den das Schulleben begleitenden Aktionen, deren Ziel es sein sollte, die „sieghafte nationalsozialistische Revolution auch in unserer Anstalt zu verankern“.
Bereits am 10. März 1933 wurde die Hakenkreuzflagge zum ersten Mal an der Schule gehisst, am 1. Mai, dem „Tag der Arbeit“ fand dann die feierliche Umbenennung statt. Das Schuljahr erhielt seine Schwerpunkte durch die Feiern nationalsozialistischer Gedenktage wie dem 9. November, an dem der Gefallenen der NS-Bewegung gedacht wurde.
Ideologische und militärische Erziehung
Politisch-ideologische Einflussnahme erfolgte daneben auf vielfältige Art und Weise. Dazu gehörten Vorführungen entsprechender Propagandafilme wie „Der Sieg des Glaubens“, „Bleibendes Deutschland“ und der „Hitlerjunge Quex“. Die Bücherei wurde einer genauen Durchsicht unterzogen, um unpassende Werke zu entfernen. Zwölf Jahre später entfernten die Amerikaner die Amerikaner die Nazi-Literatur.
Ein besonderes Augenmerk der Nationalsozialisten lag auf der körperlichen Ertüchtigung und der paramilitärischen Erziehung der Jugend. Dazu wurde der Sportunterricht deutlich verändert. Es gab nun fünf Teilnoten: Leichtathletik, Turnen, Schwimmen, Spiel und Boxen. Um dem gerecht zu werden, wurde die Anzahl der wöchentlichen Sportstunden auf drei erhöht. Dass Sport eines der zentralen Fächer war, zeigt sich auch daran, dass „ein dauerndes Versagen bei den Leibesübungen und ein Mangel an Willen zu körperlicher Härte und Einsatzbereitschaft“ sogar zum Verweis von der Schule führen konnte. Vorgeblich aus diesem Grund hatte man 1936 den letzten jüdischen Schüler aus der Schule entfernt.
Auch die zehn Wandertage dienten der vormilitärischen Erziehung, sollten doch an diesen Tagen Geländespiele mit taktischer Ausrichtung stattfinden oder Vorführungen der „Luftschutztruppe Ekkehard“ oder Gasschutzübungen besucht werden. Ein besonderer sportlicher Höhepunkt war die Teilnahme von 34 Schülern am „Volksdeutschen Staffellauf“, der von einer Grenze des Deutsche Reichs zur anderen ging.
Die Teilnahme am „gesellschaftlichen Leben und der Einsatz für die deutsche Volksgemeinschaft“ waren ein weiterer Aspekt schulischen Lebens. Die Schüler beteiligten sich an den Sammlungen des VDA (Verein für das Deutschtum im Ausland), um die „verhungernden Russlanddeutschen, die Kriegsgräberfürsorge und das Winterhilfswerk“ unterstützen zu können. Daneben wurden vor allem im Krieg auch Materialien aller Art gesammelt. Im Jahr 1941 lagerten über 1500 Kilogramm Alteisen, 500 Kilogramm Altpapier, 300 Kilogramm Lumpen, 70 Kilogramm Knochen und 15 Kilogramm Stanniol im Schulhof, um von dort aus weiter transportiert zu werden.
Organisiert von Studienassessor Ludwig Seng war die Hitlerjugend an der Schule besonders gut vertreten, gehörten ihr doch über 75 Prozent aller Schüler an. Seng kommentiert dies selbst so: „Im Sturm hat sie (die HJ) sich die Herzen der Burschen und Mädel erobert, um jeden Einzelnen zum Träger der nationalsozialistischen Idee zu machen.“
In Uniform treten die Klassen an
Welcher Geist damals am Gymnasium herrschte, zeigte sich schon am Schuljahresbeginn: In Uniform traten die Klassen an, die Schüler in Größe und in Dreiergruppen geordnet, der Klassenleiter stand neben ihnen und führte das Kommando. Dann wurde feierlich die Fahne gehisst und das Horst-Wessel-Lied gesungen. Nach einer Rede des Direktors beendete der Ausruf „Unserem Führer Adolf Hitler und seiner siegreichen Wehrmacht ein dreifaches Sieg Heil!“ die Zeremonie.
Das brachte wenig. Hitler beging Selbstmord, große Teile Europa waren 1945 ein Trümmerfeld und die Wehrmacht geschlagen. Das Deutsche Reich kapitulierte bedingungslos. Die Deutschen lernten zu begreifen, welche grausamen Verbrechen durch die Nationalsozialisten begangen wurden.