In der Genussschule in Plankenfels stapeln sich Kisten und Umzugskartons. Unter anderem zieht hier Wolfgang Bornschlegel mit seiner Rösterei Garten-Café ein. Der Hollfelder Unternehmer bezieht seine Kaffeebohnen von kleinen Bauern weltweit und röstet sie in Plankenfels. Nicht in der Plastikverpackung, sondern in der Mehrwegflasche können seine Kunden das Produkt kaufen.
Bornschlegel trägt aktiv zu einer nachhaltigen Lebensweise bei und bringt so die Region voran. Daher ist er Teil der Initiative Heimatunternehmen der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung. Beraten wird er von Marion Deinlein, die seit September 2021 eine von zehn Heimatentwicklerinnen und -entwicklern in ganz Bayern ist.
Deinlein ist zuständig für den Regierungsbezirk Oberfranken. Sie erklärt: „Wir alle kennen die Stimmen, die neue Ideen grundsätzlich erst mal ablehnen: Das geht nicht, das haben wir noch nie so gemacht.“ Vor allem in ländlichen Regionen seien starre Strukturen häufig ein großer Bremsklotz für Innovation.
Bei der Initiative Heimatunternehmen gehe es darum, unternehmerisch aktive Menschen zu unterstützen, die Mehrwert für ihre Region bringen. Damit solle eine positive Atmosphäre entstehen, die den Wandel auch auf dem Land voranbringt.
Stephan Hauer hält schottische Hochlandrinder
Zu den bisher gelisteten Heimatunternehmern – einsehbar auf der Website www.heimatunternehmen.bayern – gehört etwa Stephan Hauer aus Pullendorf bei Pottenstein. Er hält in der Fränkischen Schweiz schottische Hochlandrinder. Hintergrund ist der Wunsch nach mehr Tierwohl und Gesundheit für seine Familie. „Was ihn zum Heimatunternehmer macht, ist die Transparenz und die Interaktion mit seinen Kunden. Hauer gibt Verbrauchern Einsicht in die Produktion von Lebensmitteln“, so Deinlein.
Dazu bietet er unter anderem sogenanntes Rinderleasing an: Kunden zahlen eine monatliche Rate und können ein bestimmtes Rind persönlich von der Aufzucht bis zur Verarbeitung begleiten.
Julius Stintzing und Philipp Hermann vermarkten heimische Köstlichkeiten
Das Heimatunternehmen Boxenstopp von Julius Stintzing und Philipp Herrmann ist ein junges Start-up, das sich der Vermarktung heimischer Köstlichkeiten verschrieben hat. Regionalprodukte werden in Geschenkboxen kombiniert und online verkauft. „Was Stintzing und Herrmann zu Heimatunternehmern macht, sind ihre Werte: Ehrlichkeit, Fairness und die Überzeugung, dass man durch Zusammenarbeit in der Heimat noch mehr bewirken kann“, erklärt Deinlein.
Viele kleine Erzeuger hätten keine eigenen Onlineshops oder könnten diese nicht pflegen. Hier komme Boxenstopp ins Spiel. Langfristig sei es Ziel des Unternehmens, mit Hilfe automatisierter Abholstationen die Verfügbarkeit sämtlicher Regionalprodukte zu verbessern.
Kerstin Rentsch verfasst Kochbücher mit fränkischen Rezepten
Genussbotschafterin Kerstin Rentsch in Kleintettau im Frankenwald verfasst unter anderem Kochbücher mit alten fränkischen Rezepten. „Sie kennt das Gesicht und die Geschichte hinter jeder Zutat“, so Deinlein. Bekannt sei Rentsch vor allem durch ihre Genusstouren im Kronacher und Kulmbacher Land sowie ihre Klöß-Kochkurse in den Mönchshofmuseen. Ihren Gästen und Besuchern will die Genussbotschafterin ihre Wertschätzung für regional erzeugte Lebensmittel weitergeben. „Kerstin Rentsch erhält ein Stück Kulturgut, das sonst in Vergessenheit geraten würde“, bestätigt Deinlein.
Koordiniert wird die Initiative Heimatunternehmen in Oberfranken vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) in Bamberg. Bayernweit hat Norbert Bäuml in München die Projektleitung. Er erklärt: „Ein Heimatunternehmer ist jemand, der mit Leidenschaft eine Vision verfolgt, die seine Heimat und das Gemeinwohl positiv beeinflusst.“ Bäuml zufolge unterscheiden sich Heimatunternehmerinnen und -unternehmer von „normalen“ Geschäftsleuten dadurch, dass sie das lokale Leben bewusst mitgestalten.
„Ein Heimatunternehmer ist jemand, der mit Leidenschaft eine Vision verfolgt, die seine Heimat und das Gemeinwohl positiv beeinflusst.“
Norbert Bäuml, Projektleiter
Solche Menschen brauchen ein aktives Netzwerk, das geprägt ist vom Ermöglichen, vom Mut machen und von konstruktivem Feedback: „Wir unterstützen die Macher der Region, verbinden, schubsen, diskutieren und hören zu.“ Die oberfränkische Heimatentwicklerin Marion Deinlein fügt hinzu: „Man könnte sagen, wir sind Hebammen für innovative Ideen!“ (red)