Das Gedenken an Heilige ist heutzutage nicht mehr sehr üblich. Es spielt allenfalls noch eine Rolle, wenn es um Namenstage geht, oder aber, wenn einer der vielen Bräuche, die sich in früheren Zeiten mit Heiligen verbanden, noch praktiziert wird. Dazu gehört auch die heilige Barbara, eine der 14 Nothelfer, die in so mancher fränkischen Kirche anzutreffen ist.
Sie ist eine der bekanntesten Heiligen, wohl auch deshalb, weil sich mit ihr ein auch heute noch geübter Brauch verbindet. Ihr Tag ist der 4. Dezember, der bereits seit 1170 begangen wird. An diesem Tag holt man sich gerne einige Zweige aus dem Garten, vom Apfelbaum, von der Kirsche, vom Flieder oder der Schlehe, und stellt sie in warmes Wasser.
Wenn die Zweige zum Christfest blühen, verheißt das Glück. Blühen sie bei Unverheirateten auf, soll das neue Jahr die Heirat bringen, blühen sie bei alten Menschen, dürfen die sich auf ein weiteres gutes Jahr freuen.
Die Legende der heiligen Barbara
Dieses Zweige-Schneiden hat mit der Legende der Heiligen zu tun. Barbara, die schöne und kluge Tochter eines reichen Heiden namens Dioskuros aus Nikomedia, sollte von ihrem Vater getötet werden, als der erfuhr, dass sie Christin geworden war.

Sie flüchtete, wurde aber gefangen. Auf dem Weg ins Gefängnis blieb sie an einem Kirschzweig hängen, den sie mitnahm und dessen Aufblühen in der Zelle sie als göttliches Versprechen für ihr ewiges Leben verstand. Schließlich richtete sie ihr eigener Vater hin, wofür ihn ein Blitz als göttliche Strafe verbrannte.
Aus Barbara wird eine „Bercht“
Barbara gilt heute als Schutzpatronin der Bergleute, der Artillerie und als Helferin bei Sturm- und Brandgefahr. Das ist die offizielle Seite der Heiligen. Sie hat aber auch noch eine andere, nämlich die als Berchtengestalt: An ihrem Tag, dem 4. Dezember, trat sie früher auch in Oberfranken unter verschiedenen Namen gar nicht heiligmäßig in Erscheinung.
Dieses Schicksal teilt Barbara mit einigen anderen Heiligen. Die „Bercht“ ist eine Frauengestalt, die schon im Mittelalter bekannt war, und deren Name vielleicht mit dem Epiphaniasfest zu tun hat. Davon aber löste sie sich immer mehr und begann ein Eigenleben zu führen. Dieses wird in Verbindung mit heidnisch anmutendem Brauchtum gebracht. Die Perchtenläufe, die heute noch in Teilen Altbayerns und der Oberpfalz stattfinden, geben davon eine gewisse Vorstellung.
Die Bercht ist nicht immer an ein festes Datum gebunden. Von Dezember bis Januar gibt es aber verschiedene Tage, die mit ihr in Verbindung gebracht werden. So gehört auch zur heiligen Lucia eigenartiges Brauchtum: In Ostbayern geht an ihrem Namenstag, dem 13. Dezember, die „Schiache Luz“ um, im Lumpengewand mit einem Buckelkorb und einem Messer, um den faulen Kindern sadistische Strafen anzudrohen. Im Fichtelgebirge ist es statt der „Luz“ die „Specht“, die mit Stroh bekleidet ist und eine Sichel bei sich trägt, um faulen Kindern die Fersen abzuschneiden.
„Wildbärbel“ und „wilde Beada“
Ähnlich darf man sich die Perchtengestalt vorstellen, die für Oberfranken für den Tag der heiligen Barbara belegt ist. So gab es in Reichenbach im Frankenwald die „Wildbärbel“, in Zapfendorf im Landkreis Bamberg die „Hatschebarbara“, in Nankendorf in der Fränkischen Schweiz die „Eiserne Bäada“ und in Neukenroth im Frankenwald die „wilde Beada“. All diese Figuren zeichen sich durch ihr archaisch-martialisches Äußeres aus und dadurch, dass sie unartige Kinder strafen, indem sie ihnen den Bauch aufschlitzen und mit Stroh füllen.
Wann und wie lange solche Bräuche üblich waren, ist nicht konkret zu beantworten. Im 20. Jahrhundert wurden die Perchten weitgehend vergessen. Doch während sie in Oberfranken vergessen blieben, erlebten sie anderswo in den vergangenen Jahrzehnten eine Renaissance. Von der Oberpfalz bis zu den Alpen und auch in Nürnberg sind zahlreiche Gruppen entstanden, die das „Perchtenlaufen“ wieder ausüben.