Die Karpfensaison hat auch in Oberfranken begonnen. Die Teichwirte in der Region fischen ihre Karpfen aus den Teichen. Doch die Fachberatung für Fischerei rechnet auch in diesem Jahr mit einer unterdurchschnittlichen Ernte – und das im Wesentlichen aus zwei Gründen: ein zu kühles Frühjahr im Fichtelgebirge und die Verluste durch den Fischotter und andere Fischfresser.
Kulturgut
„Unsere heimische Karpfenteichwirtschaft ist ein Kulturgut und der Karpfen ein wichtiger Bestandteil der Fränkischen Küche“, erläutert Bezirkstagspräsident Henry Schramm. in der Pressemitteilung „Die heimischen Teichwirte leisten einen wertvollen Beitrag für den Natur- und Wasserhaushalt und die Artenvielfalt. Leider werden die Rahmenbedingungen immer schwerer, Und so möchte ich allen Teichwirten meinem besonderen Dank ausdrücken, die nach wie vor ihre Teichwirtschaft betreiben.“
Ausreichend Niederschläge im Frühjahr sorgten dafür, dass die Teiche in Oberfranken weitgehend gut besetzt werden konnten, vorausgesetzt ausreichend Satzfische standen zur Verfügung. Dies galt insbesondere für zweijährige Karpfen (K2).
Frustriert
„Generell bilden die zweijährigen Karpfen K2 als Satzfische zunehmend ein Nadelöhr. Auch wenn wir ausreichend gute einjährige Karpfen (K1) abfischen können, holt sich im Folgejahr der Fischotter mit Vorliebe diese Karpfen, sobald sie etwa 200 Gramm erreicht haben. Uns bricht hier dramatisch der Nachschub für die weitere Produktion weg“, erläutert Dr. Peter Thoma, Vorsitzender der Teichgenossenschaft Oberfranken resigniert.
Er selbst bewirtschaftet Teiche im Landkreis Wunsiedel. Dort im Fichtelgebirge waren auch die Monate Mai und Juni zu kühl für den Karpfen. Als Folge zeigt sich bei den ersten Abfischungen, dass die Karpfen nicht das gewöhnliche Gewicht von etwa drei Pfund erreichen.
Massive Verluste
In vielen Teichen seien nach wie vor massive Verluste durch den Fischotter zu beklagen, so Thoma. Wenn überhaupt dann noch Karpfen abgefischt werden können, wiegen selbst dreijährige Karpfen teilweise nur knapp ein Kilo, weil sie durch den Fischotter permanent unter Stress gesetzt wurden.
Nach aktuellen Untersuchungen der Uni Graz wird der Bestand an Fischottern in Oberfranken auf derzeit 170 Tiere geschätzt. Der Verlust von Laichfischen, die oft das Ergebnis jahrzehntelanger Zucht sind, ist für die Teichwirtschaft besonders tragisch. „Eine ausreichende Laichfischhaltung ist auch Voraussetzung für eine regional flächendeckende Produktion und Verfügbarkeit von Satzfischen,“ erläutert Bezirkstagspräsident Schramm.
Fischzucht Seehof
Einer der wenigen Betriebe, die noch Laichfisch-Haltung beim Karpfen betreiben, ist die Fischzucht Seehof bei Lichtenfels. Auch dort gingen wegen des relativ kalten Frühsommers die Karpfen nicht so gut ans Futter. Der warme August half jedoch, die Wachstumsraten aufzuholen und lieferte bei den ersten Abfischungen sogar größere Fische wie gewöhnlich.
„Wir waren darüber selbst überrascht“, so Alexander Krappmann. „Wir haben jedoch noch nicht die großen Teiche abgefischt und wir wissen noch nicht, wie sich der Fischotter dort ausgewirkt hat.“ An den großen Teichflächen von mehreren Hektar hat Krappmann mittlerweile die gleichen Probleme mit Ottern wie die Kollegen im östlichen Oberfranken.
Anderer Trend im Westen
Im Westen Oberfrankens, im Aischgrund und im Bamberger Raum zeigen die ersten Abfisch-Ergebnisse einen anderen Trend. Trotz eines kühleren Frühjahrs konnten die Karpfen sehr gut wachsen und die Teichwirte sind mit den ersten Abfisch-Ergebnissen sehr zufrieden.
„Die Bedingungen waren insgesamt so gut, dass die Fische teilweise zu groß wurden“, so Walter Jakob, 1. Vorsitzender der Teichgenossenschaft Aischgrund. Glücklicherweise sei der Aischgrund noch weitgehend verschont vom Fischotter, doch auch Kormoran, Reiher und Biber seien nach wie vor eine Belastung für die Teichwirte, so Jakob, dessen Familienbetrieb auch Teiche in Oberfranken bewirtschaftet.
Dramatische Konsequenzen
Aufgrund der zunehmenden Ernteeinbußen - nach wie vor ist eine wesentliche Ursache dafür die hohen Verluste durch fischfressende Wildtiere wie Fischotter, Kormoran und Reiher - setzt sich der insgesamt rückläufige Trend bei der Karpfenproduktion in Oberfranken auch 2024 fort. „Wenn unsere Teichwirte ihre Teiche auflassen, hat das dramatische Konsequenzen. Darunter leidet nicht nur die Satz- und Speisefischproduktion, auch für den Lebensraum Teich und für viele bedrohte Tierarten hat dies Konsequenzen“, so Henry Schramm.
Dr. Reinhard Reiter vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten rechnet auch für dieses Jahr mit einer unterdurchschnittlichen Ernte von etwa 4.000 bis 4.500 Tonnen in Bayern. Zur bayernweiten Karpfenproduktion trägt der Bezirk Oberfranken etwa 15 Prozentbei.
Preissteigeung bis 20 Prozent
„Nach unseren aktuellen Einschätzungen wird auch die diesjährige Karpfenernte in Oberfranken kaum mehr als 600 Tonnen betragen. Und sie wird wiederum regional sehr unterschiedlich ausfallen“, so Dr. Thomas Speierl, Leiter der Fachberatung für Fischerei. Die in der Vergangenheit erzielten Erntemengen von knapp 1000 Tonnen liegen weit entfernt. Aufgrund der Angebotslage und weiter zunehmender Produktionskosten, vor allem für Futtermittel und Treibstoff, rechnet die Fachberatung für Fischerei auch mit Preissteigerungen von bis zu 20 pPozent.