Lichtenfels
Die diesjährigen Osterpredigten, die das Obermain-Tagblatt veröffentlicht, stammen von Pfarrer Tobias Knötig (Pfarrer um Alster und Kreck, Heilgersdorf und Gemünda) sowie von Monsignore Josef Treutlein (Kloster Banz).
Tobis Knötig
schickte der Redaktion folgende Predigt: „Vielleicht ist es ihnen auf dem Weg hierher in die Kirche aufgefallen, vielleicht wissen sie es aber schon längst: Mein Nachbar baut. Und zwar nicht einfach so neu – sondern auf dem Fundament eines alten Hofes soll etwas ganz Neues entstehen – ein Haus für zwei Menschen, die einander in Liebe zugetan sind und sich für ihre Zukunft ein Heim schaffen, indem – so Gott will – Platz für neues Leben ist.
Viele Menschen waren da am Werk und haben miteinander gearbeitet und zwar hart und schweißtreibend. Und wie es sich für ein anständiges fränkisches Bauernhaus gehört und ganz besonders in Heilgersdorf, wurden Unmengen von Sandsteinen, in allen möglichen Formen verbaut.
Doch die schwere Arbeit trübte die Stimmung nicht, vielmehr wurde die arbeitenden Menschen zu einer Gemeinschaft auf Zeit, mit einem Ziel: Dem Bauherrn zu helfen. Und so wurde gemeinsam geschafft, wozu ein Einzelner ewig gebraucht hätte. Manche Steine – große und kleinere Quader von Hand behauen – liegen dort extra. Sie können wiederverwendet werden. Doch der größte Haufen war der Schutthaufen.
Im heutigen Osterpsalm haben wir gesungen: „Der Stein den die Bauleute verworfen haben ist zum Eckstein geworden - das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen!“
Einen solchen Stein den die Bauleute bei meinem Nachbarn verworfen haben, habe ich mitgebracht. Auch er ist zerbrochen, uneben, unförmig und in einem neuen Haus nicht mehr zu gebrauchen. Er gehört auf den Schuttberg – er ist verworfen worden. Kein vernünftiger, etwas von seinem Handwerk verstehender Baumeister würde diesen Stein heutzutage verwenden. Ein Eckstein, der zwei Mauern ineinander fügt und für die Stabilität des Gebäudes wichtig ist – also eine Tragende Rolle einnimmt. Ein solcher Stein muss ordentlich zugeschlagen, stabil und kraftvoll sein.
Doch was für uns Menschen hier auf Erden Unsinn ist – ist für Gott möglich – und nicht nur möglich – sondern absichtlich gewollt. Auch Jesus war oft unbequem mit seiner Meinung. Er aß mit Zöllnern und Sündern, heilte am Sabbath und umgab sich mit Aussätzigen und Besessenen – Jesus eckte in seiner Gesellschaft an. Er war weder nach einer DIN-Norm zugehauen, noch glatt. Jesus fiel auf und zeigte mit seinen Wundern, dass er auch gar nicht daran dachte, sich an die Regeln der Mächtigen dieser Welt zu halten. Jesus wurde so unbequem, dass er schließlich sogar gebrochen und verworfen wurde. Doch die Mächtigen hatten ihre Berechnung ohne den Baumeister der Welt gemacht – ohne Gott. Dieser unebene und gebrochene Jesus wurde von Gott auferweckt und zum Eckstein der Zukunft gemacht. Gott hat ihn nicht verworfen – Er ist auferstanden!
Was hier auf Erden unvernünftig erschien – ermöglicht allen Glaubenden die Zukunft. Jesus Christus ist der Eckstein mit den Gott unser Haus im Himmel baut. „Der Stein den die Bauleute verworfen haben ist zum Eckstein geworden - das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen!“
Und wenn schon ein Hausbau, wie bei meinem Nachbarn, so viele Menschen zusammenbringt und einen Platz für neues Leben schafft. Wie groß wird dann erst die Gemeinschaft bei Gott sein, die auf dem Fundament des christlichen Glaubens ihr neues Leben von Jesus Christus empfangen. Das ist das Wunder von Ostern. Gott macht aus dem Ende einen Anfang. Gott schafft aus dem Tod Leben. Gott setzt das scheinbar unwichtige, ungeeignete oder ungenügende ins Zentrum.
Vom Eckstein Gottes
Im Zentrum von Gottes Handeln aber stehen wir – den Christus starb und erstand zum Leben für uns – für jede Einzelne und jeden Einzelnen. Gott verwirft auch uns nicht mögen wir auch noch so krumm und gebrochen sein. Wir werden vom Eckstein Gottes getragen – von Jesus Christus.
Doch noch Leben wir auf der Baustelle und können nur erahnen, wie das Haus Gottes einst aussehen wird. Doch auch wenn uns die Mühen hier zu groß werden, haben wir die gleichen Möglichkeiten, wie bei meinem Nachbarn: Wenn wir einsam sind, dürfen wir die Gemeinschaft der Glaubenden erfahren, wenn unsere Seele Hunger und Durst leidet, dürfen wir zum Heiligen Abendmahl kommen und Gott wird uns speisen. Wenn es uns zu schwer wird, dürfen wir in den Gottesdienst und verschnaufen und auf Gottes Wort hören, dass uns Erleichterung verschaffen soll. Doch egal wie lange der Bau Gottes dauert: Wir alle werden einst Christus folgen und von Gott aus dem Tod ins Leben gerufen. Wir werden das fertige Haus Gottes sehen und in ihm Leben. Das ist das Versprechen von Ostern: Dem Tod wurde die Macht genommen – das Leben hat gesiegt. Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden.
Monsignore Treutlein predigt
Bewegend auch die Pedigt von
Monsignore Josef Treutlein
: „In jedem Leben gibt es Hoffnung“, so lautet der Titel eines neuen Buches von Nelson Giovanelli. Da erzählen junge Menschen, die sich aus Abhängigkeiten und Drogen befreien konnten, von ihren Erfahrungen, Ängste und Niederlagen, von ihren Hoffnungen auf Besserung, auf Veränderung, auf Heilung. Die Hoffnung, dass sich Zustände zum Besseren hin verändern.
Solche und ähnliche Hoffnungen treiben auch uns ein Leben lang an und motivieren uns. Aber sie sind klein. Sie können enttäuschen. Das Leben macht viele dieser kleinen Hoffnungen zunichte. Deshalb lädt der Leiter der Einrichtung die Jugendlichen ein, von der kleinen zur großen Hoffnung zu kommen. Was er damit meint, erzählt er am Beispiel der eigenen Familiengeschichte. Als Kind und Jugendlicher hat er immer gehofft, dass sein Vater aufhören würde zu trinken. Dann würde die Familie glücklich sein.
Bis ihm jemand von der „großen Hoffnung“ erzählte. Diese große Hoffnung ist nicht die Verbesserung eines Zustandes, nicht das Eintreffen einer Erwartung. Es ist vielmehr eine Person, es ist Gott. Er ist stärker als der Tod. Giovanelli schreibt in dem erwähnten Buch: „Ich war immer fixiert auf die Idee der kleinen Hoffnung: Vater, du musst aufhören zu trinken. Jetzt konnte ich die kleine Hoffnung beiseite lassen, die mich traurig machte. Ich dachte, es gibt nichts Besseres als einen Vater, der nicht trinkt. Aber es ist eine kleine Hoffnung. Und dann machte ich die Entdeckung meines Lebens: Ich habe die große Hoffnung gefunden und gewonnen. Es ist Gott. Ich kann lieben, unabhängig davon, ob mein Vater sich ändert.“
Den lebendigen Gott entdecken
Eine ähnliche Entdeckung hat auch der Journalist Tobias Haberl gemacht. In seinem kürzlich erschienenen Buch „Unter Heiden. Warum ich trotzdem Christ bleibe“ bezeichnet er sich als einen eher mittelmäßigen Christen. „Trotzdem“, so sagt er, „drängt der Glaube gerade mit Wucht in mein Leben zurück, nachdem ich Gott viele Jahre vernachlässigt habe.“ In seinem Umfeld hat er viel zu tun mit Menschen, die die Kirche für überflüssig halten oder ablehnen. Er sagt: „Ich leide darunter, dass viele keine Ahnung haben, was sie da eigentlich ablehnen. Wenn ich ihnen sage, dass ich in die Messe gehe, weil ich glaube, dass es Gott wirklich gibt, entgleisen ihre Gesichtszüge.“ Er kritisiert unsere atemlose Gesellschaft, die außer sich selbst nicht Größeres mehr sieht.

„Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen.“ Mit diesem Wort des Apostels Paulus (Röm 5,5) lädt Papst Franziskus die Christen ein, dieses Jahr 2025 als ein Heiliges Jahr zu begehen unter dem Motto „Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung“. Manchmal wird unser Glaube hart geprüft, unsere Liebe schwer enttäuscht. Die Hoffnung sorgt dafür, dass Glaube und Liebe nicht erlöschen. Sie befähigt uns, nach vorne zu gehen, auch wenn wir den Weg noch nicht sehen, aufeinander zuzugehen, auch wenn wir uns noch fremd sind, zu wagen, was möglich ist, auch wenn vieles unsicher bleibt, zu lieben, auch wenn der andere sich nicht ändert. Eine solche positive Einstellung ist wichtig. Aber wie gelingt uns das, wenn uns etwas ganz Hartes trifft? Wenn ein Kind, ein geliebter Mensch todkrank ist? Wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere? Wenn Beziehungen zerbrechen? Dann hilft nur eine stabile Gottesbeziehung weiter. Sie ist wie ein Anker, an dem ich mich festmachen kann. Der Anker ist ja in der christlichen Kunst das Symbol der Hoffnung auf Gott.
Die Hoffnung lebt
Das Logo des Heiligen Jahres deutet in bunten Farben Menschen an, die ein Boot bilden. Sie strecken sich nach vorn zu einem Kreuz aus, das nach unten in einen Anker übergeht. Eine österliche Botschaft: Christus hat am Kreuz alle destruktiven Mächte überwunden. Er ist auferstanden. Die größere Liebe hat gesiegt. Kommt, steigt ein ins Boot! Seid Pilger der Hoffnung!