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LICHTENFELS: Pflege in Lichtenfels: Mittelweg zwischen Schutz und Würde

LICHTENFELS

Pflege in Lichtenfels: Mittelweg zwischen Schutz und Würde

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    Doris Zullo (re., vorne) zählt ebenfalls zu den betroffenen Angehörigen, für die die Besuchssituation im BRK-Heim an der Moritzkappel aufgrund der örtlichen Begebenheiten derzeit eine Herausforderung ist.
    Doris Zullo (re., vorne) zählt ebenfalls zu den betroffenen Angehörigen, für die die Besuchssituation im BRK-Heim an der Moritzkappel aufgrund der örtlichen Begebenheiten derzeit eine Herausforderung ist. Foto: Marion Nikol

    Bewohner von Pflegeheimen gehören in der Coronakrise zu den besonders gefährdeten Personengruppen, die höchst möglichen Schutz benötigen. Aus diesem Grund galt in stationären Pflegeeinrichtungen, Intensivpflege-WG, Altenheimen und Seniorenresidenzen von März bis Juni ein allgemeines Besuchsverbot. Sowohl Pflegebedürftige als auch Angehörige waren zu dieser Zeit erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt.

    Seit dem 29. Juni sind Besuche wieder möglich, wenn auch nur in sehr eingeschränktem Maße. Dass die Situation nach wie vor belastend für Angehörige und herausfordernd für die Verantwortlichen der Einrichtungen ist, zeigt sich auch in Lichtenfels.

    Beschwerliche Bedingungen: Unterhaltung in der Bushaltestelle

    Bei nassen, kühlen Wetterverhältnissen bleibt dem 90-jährigen Alfred Förtsch nur das Bushaltehäuschen unweit des BRK-Heims als Sitzgelegenheit, um ausreichend Zeit mit seiner Frau zu verbringen.
    Bei nassen, kühlen Wetterverhältnissen bleibt dem 90-jährigen Alfred Förtsch nur das Bushaltehäuschen unweit des BRK-Heims als Sitzgelegenheit, um ausreichend Zeit mit seiner Frau zu verbringen. Foto: Marion Nikol

    Alfred Förtsch ist 90 Jahre alt. Dreimal die Woche besucht er seine Frau im BRK-Pflegeheim Am Weidengarten. In die Einrichtung dürfte er derzeit nur, wenn er den so genannten „Raum der Stille“ nutzt, sprich ein Zimmer, wo er über einen großen, mit Plexiglasscheibe versehenen Tisch hinweg für eine viertel Stunde mit seiner dementen Frau sprechen könnte. Um mehr Zeit mit ihr verbringen zu können, lässt er sie lieber mit dem Rollstuhl nach draußen bringen.

    Dort sind die Verhältnisse jedoch auch nicht optimal. „So lange schönes Wetter ist, geht es“, berichtet er. „Bei Regen allerdings ist die einzige geschützte Sitzmöglichkeit die Bushaltestelle.“ Er habe deshalb vorsichtshalber immer zwei Regenschirme, eine dicke Jacke und Decke im Auto dabei.

    Die im äußeren Eingangsbereich des BRK-Heims befindlichen Sitzbänke sind laut Heimleitung unter Wahrung des Hygieneabstandes zwar nutzbar. Doch Angehörige berichten, dass sie erst kürzlich noch durch das Personal von dort verwiesen wurden. So ist es für Besucher in der Tat recht schwierig, in der unmittelbaren Umgebung geeignete Plätze zum Verweilen zu finden.

    Berglage erschwert Spaziergänge mit Pflegebedürftigen im Rollstuhl

    Derzeit sind Besuche innerhalb des BRK-Pflegeheims „Am Weidengarten“ ausschließlich im sogenannten „Raum der Stille“ für eine viertel Stunde möglich. Die Verantwortlichen arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um im Außenbereich witterungsgeschützte Besucherzonen zu schaffen.
    Derzeit sind Besuche innerhalb des BRK-Pflegeheims „Am Weidengarten“ ausschließlich im sogenannten „Raum der Stille“ für eine viertel Stunde möglich. Die Verantwortlichen arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um im Außenbereich witterungsgeschützte Besucherzonen zu schaffen. Foto: Marion Nikol

    Spaziergänge, insbesondere mit Pflegebedürftigen im Rollstuhl, sind aufgrund der Lage so gut wie unmöglich. „Der Standort am Berg, ohne Parkanlage zum Spazierengehen, ist äußerst nachteilig“, befindet Ingrid Bogdahn, deren Eltern in der Einrichtung betreut werden. Sie hat immerhin die Möglichkeit, ihre Eltern zwischendurch zu sich nach Hause zu holen. Doch das ist nicht allen Angehörigen möglich und beispielsweise bei Demenzkranken schwierig, da diese mitunter nicht mehr ins Heim zurückwollen.

    „Wir prüfen derzeit verschiedene Optionen, um noch mehr Flächen und damit Aufenthaltsmöglichkeiten zu schaffen. Aufgrund der nahenden kalten Jahreszeit ist das allerdings nicht so einfach.“

    Thomas Petrak, BRK–Kreisgeschäftsführer

    Für den BRK-Kreisverband sind die Anliegen der Angehörigen nachvollziehbar, weshalb mit Hochdruck an Lösungen für mehr Besucherzonen gearbeitet wird, wie Geschäftsführer Thoms Petrak erklärt: „Wir prüfen derzeit verschiedene Optionen, um noch mehr Flächen und damit Aufenthaltsmöglichkeiten zu schaffen. Aufgrund der nahenden kalten Jahreszeit ist das allerdings nicht so einfach.“ In den kommenden Wochen soll zunächst ein beheizter Pavillon errichtet werden, weitere Raumlösungen seien bereits in Arbeit.

    Ein Konzept für Besuche innerhalb der Einrichtung sei laut Heimleiterin Annett Kürsten derzeit nicht realisierbar, insbesondere vor dem Hintergrund der erneut steigenden Fallzahlen im Landkreis Lichtenfels. „Wir möchten Besuche gerne zulassen. Aber es darf hierbei nicht vergessen werden, dass dies auch personaltechnisch eine Herausforderung ist.“ So werde derzeit viel Personal für das Kontaktpersonen-Management und Hygienemaßnahmen gebunden.

    Doch das Vordringlichste sei nach wie vor die Versorgung der Bewohner. „Eine Stunde Besuch wiegt nicht 23 Stunden in der Einrichtung auf. Im Moment haben wir keine andere Handhabe, weil wir die Verantwortung tragen“, betont Annett Kürsten und fügt erklärend hinzu, dass es sehr schwierig sei, bei über 150 Bewohnern einen strukturierten Besucherverkehr unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln sicherzustellen.

    Besuche in BRK-Heimen vorerst nicht möglich

    Über eine Verbesserung der derzeitigen Besuchsregelungen, wie sie derzeit analog für das BRK-Heim in Bad Staffelstein gelten, sei laut BRK Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak auch mit Experten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Bayern (MDK Bayern) beraten worden. Die Empfehlung laute hier eindeutig, keinesfalls Leute alleine ins Haus zu lassen und stets dafür Sorge zu tragen, dass sich nicht zu viele Leute in der Einrichtung aufhalten. Auch die Einhaltung von ausreichend Abstand auf den sich oftmals überschneidenden Wegen sei stets zu kontrollieren.

    Dies jedoch könne momentan nicht geleistet werden. Selbst wenn man schriftlich darauf hinweise, dass sich Besucher auf direktem Wege ins Zimmer begeben und nach einer Stunde wieder gehen sollen, würden sich einige nicht daran halten. „Wir sind bislang von Coronafällen verschont geblieben. Und das soll auch so bleiben. Es ist in der Tat beschwerlich für Angehörige, aber wir bitten um gegenseitiges Verständnis und versuchen, zum Wohle der Bewohner das Beste daraus zu machen“, resümiert Petrak.

    Mittelweg im Elisabethenheim: verschiedene Besuchsbereiche

    Einen guten Spagat wiederum scheint in dieser Hinsicht das Pflegeheim Elisabeth gefunden zu haben. So jedenfalls bewertet Fabian Franke, Geschäftsführer der Cura Ambulante Pflege Lichtenfels GmbH, die Besuchssituation der Einrichtung mit seinen 63 Bewohnern. „Wir haben ein hausinternes Hygienekonzept auf den Weg gebracht, das verschiedene Besuchsbereiche vorsieht, wo Bewohner und Angehörige Zeit miteinander verbringen können.“ Möglich sei der Besuch nach telefonischer Voranmeldung sowohl im Außenbereich als auch im Speisesaal, wo große Bereiche abgesteckt wurden, so dass dort jeder mit genügend Abstand sitzen kann.

    Bei allen Maßnahmen, für die man sich entschieden habe, sei es Fabian Franke und seinen Mitstreitern stets wichtig gewesen, einen Mittelweg zwischen Menschenwürde und Infektionsschutz zu finden. „Trotz anfänglicher Widerstände von Seiten der Angehörigen tragen es nun alle zum größten Teil mit und haben Verständnis für die schwierige Situation“, erklärt Franke.

    „Seit den Lockerungen Ende Juni hat sich Situation verbessert. Und es hat den Pflegebedürftigen sehr gut getan, ihre Angehörigen zu sehen und mit ihnen zu sprechen.“

    Fabian Franke, Geschäftsführer der Cura Ambulante Pflege Lichtenfels GmbH

    Dass es wichtig sei, soziale Kontakte zuzulassen, habe er in Phasen der extremen Isolation gemerkt, als einige Bewohner psychisch und kognitiv nachgelassen haben. „Seit den Lockerungen Ende Juni hat sich Situation verbessert. Und es hat den Pflegebedürftigen sehr gut getan, ihre Angehörigen zu sehen und mit ihnen zu sprechen.“

    Regionales Infektionsgeschehen entscheidend für Maßnahmen

    Im Pflegeheim Elisabeth sind Besuche innerhalb der Einrichtung möglich, unter anderem in groß abgesteckten Bereichen des Speisesaals.
    Im Pflegeheim Elisabeth sind Besuche innerhalb der Einrichtung möglich, unter anderem in groß abgesteckten Bereichen des Speisesaals. Foto: Marion Nikol

    Ob und wie sich die Besuchssituation künftig verändern wird, lässt sich derzeit schwer sagen und dürfte vor allem vom jeweiligen regionalen Infektionsgeschehen abhängen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte sich vergangene Woche dafür ausgesprochen, auf Beschränkungen und Konzepte statt auf flächendeckende Besuchsverbote in Pflege- und Altenheimen zu setzen. Bei jedem Ausbruchsgeschehen solle regional oder lokal reagiert werden.

    Für Bayern und damit auch Lichtenfels heißt das: Wenn es mehr als 35 Infektionen pro 100 000 Personen gibt, können Gesundheitsämter präventiv reagieren. Bei einem Schwellenwert von mehr als 50 Infektionen können Besucherstopps angeordnet werden.

    Zum Wohle der Bewohner wie auch Angehörige bleibt zu hoffen, dass letzterer Fall nicht erneut eintreten wird.

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