Rainer Glissnik hat Corona überstanden. Er erzählt von Fieber und die Angst, seinen pflegebedürftiger Vater könnte auch infiziert werden. Für uns alle hat Glissnik eine wichtige Botschaft.
„Und plötzlich ist Corona da. Was habe ich aufgepasst, mich vor Corona zu schützen. Ich bin Rainer Glissnik, 62, Lehrer aus Kronach und Pflegeperson meines 89-jährigen Vaters Helmut, der im Erdgeschoss wohnt.
Corona fand ich schon von Anfang an sehr gefährlich. Nicht in erster Linie für mich, sondern vor allem für meinen Vater. Als Pressereferent des BLLV Oberfranken engagierte ich mich, um in unseren Schulen und Klassenzimmern mehr Schutz und Sicherheit zu initiieren. Corona stand in meinem Leben ganz vorne. Was hatte ich mich informiert.
Schließlich die vorzeitigen Weihnachtsferien. Aller Schutz lag in meiner Hand. Nachdem ich gehört hatte, dass das Desinfektionsmittel auf Flächen mindestens 15 Minuten einwirken muss, trage ich Einweghandschuhe beim Einkaufen. Überlasse nichts dem Zufall.
Schließlich kommt das Weihnachtsfest
Schließlich das Weihnachtsfest. Auch viel Familie. Wunderschöne Zeit. Alle achten auf Abstand zum Opa. Corona war so weit weg – wohl gefürchtet und umso ferner. Und plötzlich ist Corona da! Am 29. Dezember fährt meine Partnerin früh zum Corona-Test, weil sie ins Seniorenheim zu ihren Eltern nach Kulmbach will. Nachmittags bekommen wir beide ziemlichen Husten. Ja, es könnte wohl Corona sein, ist uns beiden sofort klar. Gut dass ihr Test läuft. Für alle Fälle mache ich den Gefrierschrank voll. Silvester dann das positive Ergebnis der Frau, gemeinsame Quarantäne. Abends noch Raclette gemacht und humorvoll in die zwei Wochen gestartet.
Das mit dem Humor war dann sogleich vorbei. An Neujahr war alles anders für mich. Ständig ein schleimiger Husten. Von wegen irgendetwas essen. Dabei fand ich es gar nicht so schlecht, dass Corona meinen Vorsatz abzuspecken gleich unterstützte.
„ Da ist eine ganz seltsame Krankheit, ganz persönlich für mich. Trifft wohl jeden irgendwie anders.“
Rainer Glissnik, von Corona genesen
Corona, was war da eigentlich geschehen? Was hatte ich eigentlich? Da ist eine ganz seltsame Krankheit, ganz persönlich für mich. Trifft wohl jeden irgendwie anders. Das Fieber bis 39,6 nahm ich erst als Heilungshilfe an. Irgendwie hatte etwas die Führung übernommen, und ich weiß vieles gar nicht mehr so richtig, was ich damals gemacht habe. Irgendwie „starb“ ich nachts in die Fiebernächte hinein.
Natürlich Kontakt mit dem Gesundheitsamt. Am 4. Januar selbst zum Corona-Test, natürlich positiv. Die App hat gut funktioniert, das Ergebnis kam auch schnell. Ich machte mir vor, es geht aufwärts, nahm nun Paracetamol gegen das Fieber. Noch eigenartiger die kurzen Nächte. Und ich wurde einfach immer nur schwächer. Wäre dies noch etwas weitergegangen wäre ich wohl einfach an Schwäche gestorben. Einfach immer weniger Kraft zum Leben mehr in mir gewesen.
Wichtige Hilfe in der Not
Wenn es einem schlecht geht kommen meist weitere Katastrophen. Gerade, als es mir so elend ging, versagte die Aufstehhilfe im Sessel meines Vaters. Der lebt darin, seit er ab dem 1. April nicht mehr ohne technische Hilfe aufstehen kann. Motor kaputt. Ohne diese Unterstützung wird auch die Aufstehhilfe nicht nutzbar sein. Niemand wird ihn auf den Klostuhl bringen können.
Die Katastrophe. Ich rufe bei Möbel-Schulze in Rödental an. Dort erkennt der Mitarbeiter sofort die Notlage, gibt mir die Nummer des Coburger Möbeltechnikers Serdal Özcan. Der bringt mich dazu, die richtigen Teile zu fotografieren und kommt gleich am nächsten Tag, repariert und rettet uns. Er hatte die Not erkannt. Was für ein Geschenk des Himmels in dieser Notlage! Von Herzen Dank, Herr Özcan.
Partnerin versorgt mit Nährstoffen und Vitaminen
Corona war weiter da. Natürlich habe ich viel getrunken, meine Partnerin versorgte mich extrem mit Nährstoffen, Vitaminen, brachte mich wieder zum essen und trinken. Hatte alles ja einen abartigen Geschmack. Schließlich irgendwann abends auch ein Bier. Ging runter, plötzlich normaler Geschmack da.
Dann der 13. Januar. Ich wache früh auf und spürte plötzlich, dass Corona wohl vorüber war. So eine seltsame Krankheit. Ich musste die Macht des Virus über mich spüren, erlebte meine Machtlosigkeit.
Zum Glück blieb mein Vater verschont. Die Caritas Sozialstation hatte voll übernommen. Ich bin allerdings noch ziemlich fertig in jeder Faser meines Körpers. Aber ich bin dankbar. Was für ein Segen, dies überstanden zu haben, und vor allem dass Papa sich nicht ansteckte. Werde schon wieder auf die Beine kommen. Ist jeden Tag besser.
Ich schreibe ja auch oft auf Facebook. Da kamen mir manchmal Gedanken, wie wir Menschen uns mit bestimmten Meldungen aufregen lassen und dann die eigene Meinung etwa gegen Corona-Leugner heftig loslassen. Wie wir einander bekämpfen und verurteilen. Macht dies etwas besser?
Die Krankheit ernst nehmen
Ich bitte jetzt nur mehr denn je, diese Krankheit ernst zu nehmen. Es ist so furchtbar schade, wie viel Energie rein gesetzt wird, die Krankheit zu leugnen und Maßnahmen zu verteufeln. So viel Energie wird verschwendet, um sich über die Krankheit und die Bedenkenträger lustig zu machen oder die Verantwortlichen zu verunglimpfen, die Maßnahmen zum Schutz versuchen.
Als ich krank war überlegte ich manchmal, wie wohl einige es kommentieren werden, wenn ich mich oute. Verunglimpfung und Lächerlichmachung hätten mir wehgetan. Ist dann aber auch nicht geschehen. Wir Menschen verstehen uns vielleicht viel mehr als uns manchmal gezeigt wird.
Corona kann urplötzlich da sein. Ich fühlte mich schlauer, bin jetzt kleinlauter geworden. Das brauche ich wohl manchmal auch. Und gegenüber Corona ist dies wohl wichtig. Ja, ich werde mich auch impfen lassen. Ich bin dankbar dass ich noch da bin. Ich werde weiter vorsichtig sein. Ich freu mich auf das weitere Leben. Ich freue mich auf euch alle! Gut dass wir noch da sind. Achten wir aufeinander. Halten wir zusammen.“