„Die Mitarbeiter sind völlig enttäuscht und frustriert“, fasst der Betriebsratsvorsitzende am Lichtenfelser Klinikum und Mitglied der Arbeitnehmervertretung im Regiomed-Aufsichtsrat, Klaus Dworschak, in gemäßigten Worten die Stimmung bei den Mitarbeitern zum Weggang von Hauptgeschäftsführer Alexander Schmitdke und dem Geschäftsführer der bayerischen Regiomed-Einrichtungen, Robert Wieland, zusammen. Von vielen Mitarbeitern sind deutlichere Worte, die einen sprichwörtlichen Vergleich zu sinkenden Schiffen vermitteln, zu hören.
Den Mitarbeitern fehlt eine Perspektive
„Seit 14 Jahren gibt es den Klinikverbund, nach vier Geschäftsführungen für Lichtenfels und drei Hauptgeschäftsführern sehnen sich die Mitarbeiter nach Kontinuität und einer mittel- und langfristigen Perspektive, wohin die Reise bei Regiomed gehen soll“, beschreibt Dworschak die Stimmungslage weiter. Der Weggang der beiden Geschäftsführer kam völlig überraschend, und die Enttäuschung sei umso größer, da die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren trotz vieler Härten den Sanierungskurs der Geschäftsführung teilweise bis über ihre Belastungsgrenzen mitgegangen seien und dieser auch Erfolge hervorbrachte.
Es bleiben etliche Fragezeichen
Auch er kann den Weggang der beiden Geschäftsführer nicht wirklich akzeptieren, vor allem vor dem Hintergrund, dass seines Wissens die Gesellschafter sich darüber einig sind, dass eine Eigenkapitalverstärkung kommen muss, und sie diese auch auf den Weg bringen werden.
„Es geht hier um eine Stärkung des Regiomed-Verbundes in Höhe von 20 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel für die kommunalen Haushalte der Landkreise.“ Diese Summe sei laut Schmidtke und Wieland dringend nötig, um das Stammkapital des Klinikverbunds zu erhöhen und diesen damit besser für die Zukunft wappnen zu können.
Dworschak betont auch, dass die Gesellschafter in Anbetracht der neuen Situation vor keiner einfachen Aufgabe stünden, die zusätzliche Finanzierung sei jedoch auch dringend nötig, um Druck von der kommenden Geschäftsführung zu nehmen. Das Grundkapital bei Regiomed sei viel zu niedrig, eine Erhöhung sei eine dringende Forderung der Banken.
„Wir müssen uns wieder mehr auf das Kerngeschäft, also die Verzahnung der Klinken und ambulanten Versorgungszentren konzentrieren.“
Klaus Dworschak, Betriebsratsvorsitzender
Ein Lichtblick für das Personal: Laut dem Betriebsratsvorsitzendem, der zu den „Gründungsvätern von Regiomed auf der Arbeitnehmerseite gehört“, gebe es keinerlei Diskussionen, den Klinikverbund in irgendeiner Weise zu privatisieren. „Aber es ist klar, dass es Veränderungen geben muss. Wir müssen uns wieder mehr auf das Kerngeschäft, also die Verzahnung der Klinken und ambulanten Versorgungszentren konzentrieren.“ Dies halte er nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch in Anbetracht des Fachkräftemangels für das Gebot der Stunde.
Dann sind bald alle weg
Einem noch härteren Sanierungskurs räumt er keine Chancen ein: „Das wird schiefgehen, dann haben wir bald keine Mitarbeiter mehr. Wir sind am Limit.“
Anmerkung:
Unsere Redaktion hat die Regiomed-Pressestelle um eine Stellungnahme des künftigen Hauptgeschäftsführers Michael Musick gebeten, wie es zumindest in den kommenden Monaten weitergehen soll. Bezüglich einer Antwort wurde auf die Gesellschafterversammlung hingewiesen. Von dort wurde eine Stellungnahme in den nächsten Tagen zugesagt.
Meinung
Das ganze System funktioniert nicht
Von Stefan Lommatzsch
stefan.lommatzsch@obermain.de

Man mag den Groll der Regiomed-Mitarbeiter nicht verdenken. Nach der katastrophalen Bilanz des Vorgängers Joachim Bovelet – und damit zusammenhängend auch der Gesellschafter und des Aufsichtsrats – schmeißen nun Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke und der Geschäftsführer der bayerischen Regiomed-Einrichtungen, Robert Wieland, die Flinte ins Korn. Sie waren diesen Job im Bewusstsein angetreten, dass es große Baustellen zu bewältigen gibt. Die Mitarbeiter haben sie dabei, teils bis zum Ende ihrer Kräfte unterstützt, den schmerzhaften Sanierungsplan, der bis 2025 umgesetzt werden soll, durchzuziehen. Und viele Anzeichen sprachen dafür, dass auch wieder einmal zumindest ein wenig Land in Sicht sein könnte. Dass nun zwei der drei Kapitäne das Schiff verlassen, obwohl die Aussichten auf eine zusätzliche Finanzspritze seitens der offenkundig bei vielen Themen uneinigen und überforderten Gesellschafter anscheinend nicht schlecht stehen, ist für viele ein heftiger Schlag ins Gesicht. Dass Alexander Schmidtke nun seinen neuen Arbeitgeber dafür lobt, dass die dortigen kommunalen Gesellschafter auch die Verluste des Klinikverbundes Südwest tragen, ist ein ebensolcher für die Regiomed-Gesellschafter. Und, ein Geschäftsführer, der einen neuen und sicherlich wieder gut dotierten Posten annimmt, für den er noch einen Blankoscheck für etwaige Verluste in die Hand gedrückt bekommt, und für diesen die halbfertige Baustelle Regiomed hinterlässt, der hat sich selbst kein Ruhmesblatt ausgestellt. Anzurechnen ist ihm jedoch, dass er sich einem noch härteren Sanierungskurs verwehrt hat, welcher anscheinend seitens der Gesellschafter auch zur Diskussion stand. Ein Schlag ins Gesicht ist der Weggang der Geschäftsführer aber auch für den Aufsichtsrat und die Gesellschafter. Bei der bekanntermaßen dauerhaft äußerst angespannten Situation im Gesundheitssektor hätten sie sich schon lange die Frage stellen müssen, wieviel ihnen diese in welcher Form auf regionaler Ebene wert ist und wert sein kann. Hierzu hätte es schon lange eine klare und vor allem einheitliche Linie geben müssen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein, zu groß scheinen hier die internen Differenzen über die regionale Ausrichtung des Klinikverbunds und auch die finanziellen Möglichkeiten der Gesellschafter. So aber müssen nun wieder die Mitarbeiter dieses neuerliche Fiasko ausbaden. Ihnen und den Patienten hätte schon viel früher gesagt werden müssen, dass – bei den derzeitigen Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem – ab einem bestimmten Punkt die Reißleine gezogen werden muss, und sie künftig zur Arbeit oder zur Behandlung längere Wege in Kauf nehmen müssen. Oder die Gesellschafter den Bürgern, dass eine regionale Gesundheitsversorgung eben einen höheren Preis hat. Der schwarze Peter liegt nun in erster Linie bei den Regiomed-Gesellschaftern. Ebenso wichtig wäre es aber seitens der Bundespolitik, das profitorientierte Gesundheitssystem in unserem Land generell zu überdenken. Dass dieses so nicht funktioniert, dafür ist Regiomed leider nur ein trauriges Beispiel.