Lichtenfels/Coburg Die vierte Auflage des Regiomed Herz- und Gefäßforums fokussiert mit einem Dinnersymposium live und per Stream auf Therapiekonzepte bei älteren Patienten.
Frage: Am 24. und 25. September findet das Regiomed Herz- und Gefäßforum im Kongresshaus Rosengarten statt – zum ersten Mal in dieser Form?
Marcus Thieme: Wir haben uns im Frühjahr entschlossen, die etablierten Veranstaltungen Regiomed Herz-und Gefäßtage und Coburger Herz-Kreislauf-Forum zu bündeln. Zusammen können wir ein größeres Themenfeld abdecken und damit ein breiteres Publikum erreichen.
Gibt es über das Forum hinaus auch eine Zusammenarbeit und welche Vorteile entstehen für die Patientinnen und Patienten?
Christian Mahnkopf: Zwischen allen kardiologischen Abteilungen des Verbundes pflegen wir mit dem Gefäßzentrum eine intensive Kooperation sowohl in der Patientenversorgung als auch in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. Mit dem gemeinsamen Format wollen wir dieser Entwicklung Rechnung tragen.
Thieme: Wir bieten inzwischen an allen Standorten eine hochwertige kardiologische Versorgung an, die auch Herzkatheteruntersuchungen umfasst. Ergänzt durch die gefäßmedizinische Expertise in Sonneberg können wir vielen Patienten mit Herz- und Gefäßbeschwerden wohnortnah eine optimale Therapie bieten. Dabei arbeitet das Ärzteteam Hand in Hand zusammen. Bei komplexen Eingriffen können dann auch die spezialisierten Möglichkeiten am Klinikum Coburg genutzt werden.
Mahnkopf: Die Kardiologie in Coburg hat sich insbesondere auf die minimalinvasive Behandlung der strukturellen Herzerkrankungen und der Herzklappen spezialisiert. Dies ist insbesondere für älteren Patienten, die häufig nicht mehr für eine Operation am offenen Herzen in Frage kommen, von großem Vorteil. Ein weiterer Schwerpunkt der Kardiologie Coburg liegt in der Behandlung aller Formen von Herzrhythmusstörungen.
Nun geht es beim Symposium speziell um Herz- und Gefäßmedizin bei älteren Menschen. Was ist denn bei diesen Patienten anders?
Johannes Kraft: Ältere Patienten haben häufig nicht nur eine Erkrankung wie z.B. eine Koronare Herzkrankheit, sondern mehrere gleichzeitig. Unsere hochbetagten Patienten machen dabei sehr gute Erfahrungen mit einer am einzelnen Menschen orientierten hochqualifizierten Zusammenarbeit der Disziplinen Kardiologie, Angiologie und Geriatrie. Denn multimorbide Patienten bedürfen unserer besonderen Fürsorge, damit der Erfolg medizintechnischer Maßnahmen sich auch in mehr Lebensqualität und Selbstständigkeit auswirken kann.
Und das betrifft alle Patienten ab 80 Jahren?
Thieme: Nicht unbedingt, denn das kalendarische Alter ist nur ein Anhaltspunkt. Wichtiger für die medizinische Betrachtung ist die sogenannte „Frailty“, auf Deutsch „Gebrechlichkeit“ die eine erhöhte Anfälligkeit älterer Patienten für äußere Stressfaktoren beschreibt. Sie können sich vorstellen, dass ein Herzinfarkt oder ein Gefäßverschluss im Bein, aber auch schon ein Krankenhausaufenthalt allein, erheblichen Stress für jeden Patienten bedeuten.

Sollen dann bei diesen Patienten keine invasiven Eingriffe mehr durchgeführt werden?
Mahnkopf: Nein, genau das nicht, denn viele ältere Patienten profitieren eben in besonderem Maße von den invasiven Eingriffen. Zudem entwickeln sich die invasiven Verfahren ständig weiter und werden immer schonender. Allein der Wechsel der Einstichstelle beim Herzkatheter von der Leiste hin zum Handgelenk hat die Blutungs- und Gefäßkomplikationen gerade bei unseren älteren Patienten deutlich reduziert. Oft können wir durch die Interventionen eine verbesserte Lebensqualität auch im hohen Alter sicherstellen.
Thieme: Der Altersdurchschnitt unserer Gefäßpatienten liegt bei 72 Jahren, fast ein Drittel der Patienten sind über 80. Da wir auch aus eigenen Daten wissen, dass die Komplikationsrate altersabhängig signifikant steigt, greifen wir besonders bei diesen Patienten nach Möglichkeit auf schonendere Eingriffe zurück.
Gibt es Möglichkeiten, den Stress für ältere Patienten während des Klinikaufenthaltes zu reduzieren?
Kraft: Die Behandlung im multiprofessionellen Team durch die Integration von Physio- und Ergotherapie, der Einsatz von Musik und Kunst, sowie gezielte psychologisch und sozial unterstützende Maßnahmen sowie individuelle Ernährungsberatung und die enge Einbindung der Angehörigen reduzieren Stress, und fördern dadurch die rasche Erholung und sichern den Erfolg einer Klinikbehandlung. Die rechtzeitige Einschätzung („Assessment“) und umgehende Reaktion auf individuelle Besonderheiten betagter Patienten können nicht nur Komplikationen vermindern, sondern auch die Aufenthaltsdauer in der Akutklinik verkürzen, der Patient kommt in besserem Zustand und schneller wieder nach Hause.
Und wenn es doch auf einen invasiven Eingriff hinausläuft?
Thieme: Auch hier finden wir Lösungen, in Sonneberg wurde beispielsweise kürzlich eine Studie durchgeführt, die nachweisen konnte, dass klassische Musik das Angstlevel während eines Gefäßeingriffs signifikant vermindern kann.
Mahnkopf: Auch für Herzkatheteruntersuchungen gibt es Pilotstudien dazu, aber flächendeckend hat sich das bislang nicht durchgesetzt. Dennoch werden wir diese Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit der Geriatrie weiter verfolgen. In unserem Bereich ist die besondere Zuwendung des Pflegeteams der Schlüssel, den Patienten sicher durch die Untersuchung zu führen.

Die Geriatrie spielt bei Regiomed in Zukunft eine noch größere Rolle?
Alexander Schmidtke: Damit tragen wir der Altersentwicklung in unserer Region Rechnung, denn wir müssen uns in den nächsten Jahren auf eine immer größere Zahl hochbetagter Patienten einstellen. Die Etablierung der Regiomed-Fachzentren für Altersmedizin in Hildburghausen, Neustadt und Lichtenfels sorgen mit dafür, Senioren wieder fit zu machen für ein Leben in gewohnter Umgebung.
Kraft: Ausgehend von einer der bundesweit ersten geriatrischen Fachklinik in Coburg bündelt Regiomed mit dem Zentrum für Altersmedizin geriatrische Kompetenz und Qualität überregional. Unsere Standorte sichern eine umfassende und qualitativ hochwertige Behandlung stationär, ambulant und mobil – ein Faktor, der den gerade bei älteren Patienten so wichtigen Einbezug der Angehörigen und der Hausärzte und Pflegenden ermöglicht.
Und wenn es doch auf einen Kathetereingriff herausläuft?
Schmidtke: Dann sind die Patienten bei unserer kardiologischen und angiologischen Experten an den verschiedenen Standorten in den besten Händen. Wenn sie aber zum Beispiel einen Herzinfarkt oder einen Gefäßeingriff hinter sich gebracht haben, bieten wir mit einer wohnortnahen geriatrischen Rehabilitation die idealen Voraussetzungen, genesen in das bisherige Umfeld zurückzukehren und beispielsweise eine Pflegebedürftigkeit möglichst zu vermeiden.
Nun zum Dinnersymposium, wer kann daran teilnehmen?
Mahnkopf: Wir haben das Symposium bewusst aus dem Fachkongress herausgelöst und öffnen es von 17.30 bis 20 Uhr für alle interessierten Bürger der Region und die zahlreichen Player in der Versorgung älterer Patienten. Es besteht die Möglichkeit, live oder per Stream online teilzunehmen und über die Moderatoren vor Ort oder den Chat aus dem Livestream heraus Fragen an die Teilnehmer unsere Diskussionsrunde zu stellen. Eine Voranmeldung ist allerdings erforderlich. Es gilt vor Ort die 3G-Regel.

Was erwartet die Zuschauer beim Dinnersymposium?
Thieme: Wir konnten mit Frau Prof. Müller-Werdan, Direktorin der Klinik für Geriatrie und Altersmedizin an der Charité Berlin, eine namhafte Expertin der „Alterskardiologie“ gewinnen. Sie wird gemeinsam mit Klinikern verschiedener Fachbereiche Konzepte für ältere Patienten diskutieren. Zudem wird es um die Vorbereitung der Pflegenden auf das ältere Patientenklientel und Konzepte speziell für unsere Region gehen. Wir freuen uns dann in der gemeinsamen Diskussion darauf, die Fragen des Publikums und Ihrer Leserschaft aufzugreifen.
Das Programm Das komplette Programm und das Anmeldeformular zum Herz- und Gefäßforum ist unter www.regiomed-kliniken.de zu finden. Anmeldung per E-Mail an stefanie.edelmann@regiomed-kliniken.de Fragen zur Diskussion im Dinnerforum können an stefanie.edelmann@regiomed-kliniken.de gesendet werden.