Hoch über den Dächern der Oberen Stadt, vor der grandiosen Kulisse der mächtigen Kronacher Festung können sich die Besucher der Rosenberg Festspiele – nach der schmerzlichen „Abstinenz“ im Vorjahr – auf drei Theater-Aufführungen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, freuen. Start ist - nach der Corona-bedingten rund einmonatigen Verschiebung - nunmehr am 27. Juni.
„Wir fangen an. Nach dem ganzen Hin und Her und der Frage, klappt es oder klappt es nicht, ist es nun real: Wir starten wieder durch“, strahlt die neue künstlerische Leiterin der Festspiele, Anja Dechant-Sundby, während ein paar Meter weiter die Proben für das Familienstück „Sams - Eine Woche voller Samstage“ auf Hochtouren laufen.
Da muss selbst die Regisseurin lachen
Angesichts der Bilder, wie das quirlige „Sams“ (Anne Scherliess) so durch das Leben des herrlich biederen Herrn Taschenbier (Harald Pilar von Pilchau) wirbelt, dass selbst die Regisseurin Stephanie Kuhlmann lauthals loslachen muss, bräuchte man nicht nach der Stimmung im Team zu fragen.
„Die Vorfreude ist riesig. Unsere Schauspieler sind richtig energiegeladen. Sie konnten es schon nach der Leseprobe kaum noch erwarten, endlich loszulegen“, bestätigt die Intendantin. Deutlich habe man dabei gespürt, was es für sie bedeutet, eine Perspektive zu haben, wieder proben und natürlich endlich wieder vor Publikum spielen zu dürfen.
„Mit den Festspielen setzen wir auch ein Zeichen für die Kunst“, verhehlt die ausgebildete Regisseurin für Theater und Film nicht, dass die Zeit für Schauspieler beziehungsweise Kulturschaffende sehr schwierig ist. Umso dankbarer sei man allen Verantwortlichen in Kronach, die alles Mögliche unternehmen, um dem Publikum einen wunderbaren Theater-Sommer zu schenken.
„Ich wollte eine möglichst bunte Mischung.“
Anja Dechant-Sundby, Leiterin der Festspiele
„Ich wollte eine möglichst bunte Mischung“, erklärt Anja Dechant-Sundby, die beim „Jedermann“ selbst Regie führen wird, ihre Programm-Auswahl. Der zeitlose Klassiker von Hugo von Hofmannsthal über die Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit, dem Sinn des Lebens und dem Umgang mit Umwelt und Mitmenschen ist aktueller denn je. Für die Hauptrolle konnte man den bekannten Musical-Star und Schauspieler Uli Scherbel gewinnen. Der gebürtige Rothenkirchener übernimmt auch die Choreographie in „Ladies Night“. In dieser herzerwärmenden Geschichte über Männer, die plötzlich ihren Arbeitsplatz verlieren, führt Stephan Beer Regie. Trotz dieser Thematik als Hintergrund, handelt es sich um eine der witzigsten und erfolgreichsten Komödien, die im englischsprachigen Raum je geschriebenen wurden.
In ihrer Not beschließen Stahlarbeiter, eine Stripshow für Frauen aufzustellen. Jede Menge gelacht werden darf auch beim Familienstück „Das Sams“ von Paul Maar. Der erste Band der Kinderbuchreihe ist ein witziges Theaterstück über eine lustige Freundschaft.
Neues gibt es auch in Sachen Kulisse – erwartet die Besucher doch eine andere Perspektive. Da man die Zuschauertribüne dreht, blicken diese nicht mehr auf Kronach im Hintergrund, sondern auf die historische Ansicht der Festung. „Ich finde, die Festung hat ungeheures Potenzial“, zeigt sich die künstlerische Leiterin sicher. Das Wahrzeichen und das einzigartige Ambiente seien dann auch für sie das Besondere an den Festspielen. Normalerweise richte man sich ja mit dem Bühnenbild nach dem Stück; in Kronach sei dies anders herum. Hier „spreche“ der Ort und man richte sich nach den bereits vorhandenen Gegebenheiten im Einklang mit der Natur.
Dies sei sehr spannend, bringe aber auch große Herausforderungen mit sich, auf die man sich einstellen müsse. Gerade bei einer Naturbühne müsse man mit Überraschungen und Unvorhergesehen rechnen, die jede Aufführung „anders“ machten.
Apropos Wetter: Zu Beginn der Probenarbeiten hatte man hier wenig Glück. „Es war richtig kalt. Aber unsere Schauspieler sind hart im nehmen“, lobt sie. Um draußen ohne Maske proben zu können, nähmen diese Wind und Wetter in Kauf. Für die Probenarbeiten achtet man sehr auf alle Sicherheitsmaßgaben. Die Darsteller werden zweimal die Woche getestet. „Jeder weiß, was davon abhängt, dass alle gesund bleiben“, erklärt die Intendantin, zumal es keine Zweitbesetzung gebe. Man unternehme daher alles, um die Kontakte möglichst zu beschränken.
Hierzu gehört es auch, heuer schweren Herzens auf heimische Kleindarsteller zu verzichten. „Mir fiel es sehr schwer, ihnen das telefonisch mitteilen zu müssen. Sie waren sehr traurig drüber“, erzählt Anja Dechant-Sundby, die den Festspielen seit ihrer Regiearbeit im Jahre 2017 für „Mirandolina“ sehr verbunden ist. Überhaupt sei die Unterstützung in Kronach überwältigend. Man spüre überall, welchen Stellenwert die Festspiele in Kronach einnehmen und wie sich die Bevölkerung damit identifiziert.
Keine Wohngemeinschaften für die Schauspieler
Leider sind heuer für die Darsteller auch keine Wohngemeinschaften in Kronach möglich, sondern alle wohnen getrennt. Auch das Freizeitangebot in der Stadt ist sehr eingeschränkt, während man in den Vorjahren beispielsweise die Schauspieler oft zusammen bei Veranstaltungen oder in der Innenstadt angetroffen habe. Obwohl dies natürlich fehle, überwiege bei allen die Vorfreude. „Das ist ein toll zusammengewürfeltes Ensemble. Hier passt das Sprichwort ,gesehen und gefunden'“, verrät sie.
Da spielen auf Abstand nicht einfach sei, hofft man auf Lockerungen bis zur Premiere. Alle Besucher dürfen sich sicher sein, dass alle Sicherheitsmaßgaben genau eingehalten werden.
Anja Dechant-Sundby Die Weismainerin Anja Dechant-Sundby wurde 1976 geboren. Bereits während der Schulzeit machte sie erste Praktika bei Film- und Fernsehen und an verschiedenen Theatern und begann schon als 18-Jährige ihr Regiestudium an der Athanor Akademie für Theater und Film im oberbayrischen Burghausen. Dem Abschluss im Jahr 1999 folgten Regietätigkeiten im schottischen Glasgow und danach der Wechsel des Lebensmittelpunktes nach Hamburg. Dort arbeitete sie sieben Jahre bei Film und Fernsehen, unter anderem als Regieassistentin von Dieter Wedel, als Autorin von Fernsehsendungen und als Locationscout. Seit 2007 lebt sie mit ihrer Familie in ihrer alten Heimat Oberfranken und ist dort fester Bestandteil der Theaterlandschaft, unter anderem der Naturbühne Trebgast, dem Landestheater Oberpfalz und der Studiobühne Bayreuth. Vor allem im Freilichttheater konnte sie schon viele Erfolge verbuchen. Ihre Inszenierungen reichen von aufwändigen Freilichtaufführungen wie„Die Wanderhure“ über Klassiker wie Oscar Wildes „Ernst sein ist alles“ bis hin zu psychologischen Dramen.
Spielplan Spielplan Festspielsommer 2021: „Jedermann - Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ (Hugo von Hofmannsthal): Premiere: 3. Juli (20 Uhr), weitere Aufführungen: 4. Juli (18 Uhr), 9. Juli, 15. Juli, 18. Juli, 24. Juli, 29. Juli, 6. August, 8. August (jeweils 20.30 Uhr). „Ladies Night“ (Stephen Sinclair und Anthony McCarten): Premiere: 10. Juli (20 Uhr), weitere Aufführungen: 16. Juli, 17. Juli, 22. Juli, 23. Juli, 30. Juli, 31. Juli, 1. August, 5. August, 7. August (jeweils 20.30 Uhr). „Das Sams - Eine Woche voller Samstage“ (Paul Maar): Premiere: 27. Juni (11 Uhr), weitere Aufführungen: 27. Juni, 17. Juli, 31. Juli, 1. August, 8. August (jeweils 15 Uhr). Vorverkauf: unter www.rosenbergfestspiele.de, bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen und in der Touristik-Information (Marktplatz 5, Kronach, Tel. 09261-97236), derzeit Call & Collect.