Nicola Solimano sitzt etwas abseits seines Verkaufszelts auf einem roten Holzstuhl und demonstriert freundlich lächelnd den vorbeilaufenden Korbmarktbesucherinnen und -besuchern seine Flechtkunst, indem er an einem weiteren Korb arbeitet. Er strahlt dort eine Ruhe aus, die den ein oder anderen Passanten zum Innehalten und Zuschauen hinreißt. Solimano ist zusammen mit seinem Verkaufsteam schon zum fünften Mal in Lichtenfels beim Flechtkulturfestival, dem Korbmarkt, dabei.

Er reist extra aus der italienischen Gemeinde Bracciana an, nordwestlich von Rom gelegen und rund 1170 Kilometer von der Deutschen Korbstadt entfernt. Laut seinem Portfolio, das die Stadt Lichtenfels für jeden der Aussteller erarbeitet hat, bevorzugt Solimano natürliche Materialien, allen voran Weide. Er lasse gerne zu den italienischen Techniken noch andere europäische einfließen und suche Inspiration bei anderen Kunstobjekten und Kulturen.
Doch Nicola Solimano ist nicht der einzige weit gereiste Korbmacher, der dieses Jahr während des Flechtkulturfestivals rund um die Stadtpfarrkirche seine Waren präsentiert. Unter anderem aus Dänemark, Frankreich, Polen, Belgien, Spanien, Norwegen und der Ukraine sind Korbflechterinnen und Korbmacher zugegen.

Mit Flechtkünstlern, traditionellen Handwerksbetrieben, regionalen Korbmachern und Institutionen des Flechthandwerks empfangen am Wochenende über 80 Aussteller die Besucher an ihren Ständen. Insgesamt hatten dieses Jahr Teilnehmende aus 18 Nationen für den Korbmarkt zugesagt.
Über 9000 Kilometer entfernt
Macht man sich einmal auf den Weg durch das Getümmel, vorbei an staunenden Design-Fans, arbeitenden Korbmachern und Menschen, die stolz ihre Einkäufe von A nach B tragen, kommt man auf der anderen Seite der Stadtpfarrkirche an. Hier befindet sich der Stand von Megumi Higuchi.
Ihre filigran gefertigten Ohrringe, Armbänder und Ringe aus Weide zeigen unmissverständlich, wie fein und zart Korbkunst sein kann. Higuchi hat mit mehr als 9000 Kilometern Luftlinie wohl den weitesten Weg von der japanischen Präfektur Hyōgo auf sich genommen.

Sie erklärt aber, dass sie eine besondere Verbindung zur Korbstadt hat: 2018 absolvierte sie ihren Abschluss als Flechtwerkgestalterin in der Deutschen Korbstadt. Ihr Abschluss-Werk hat sie in ihrem Verkaufszelt aufgehängt. Das Weiden-Objekt ist mit Glaskunst kombiniert und zieht ebenso viele neugierige Blicke auf sich, wie Higuchis selbst hergestellter Schmuck, den sie mit einer Kombination aus deutscher und japanischer Flechttechnik fertigt.
Für jeden Zweck und Geschmack
Läuft man am Korbmarkt-Samstag von Higuchis Stand weiter herum um das Gotteshaus, sieht man zunächst Kiss Tünde aus Ungarn an einem neuen Kunstwerk flechten.
Wenige Meter weiter findet man sich vor den Kunstwerken eines Korbmachers wieder, der vergleichsweise „um die Ecke“ wohnt.
Rainer Groth aus Romansthal erzählt auf Nachfrage, dass er einen erfolgreichen und schönen Korbmarkt-Samstag erlebe. Das Wetter passe und viele Menschen seien nach Lichtenfels gekommen. An seinem Stand vertreibt er hauptsächlich Körbe, beispielsweise für Kaminholz, aus Weide geflochtene Schalen sowie Dekoration für Garten und Haus. Dabei arbeite er gerne mit stärkeren geschälten oder berindeten Vollweiden. Ob Gebrauchsgegenstand oder für dekorative Zwecke – die Besucherinnen und Besucher scheinen auch dieses Jahr mehr als fündig zu werden beim Bummel durch das Korbstadt-Zentrum. Überall sieht man aus der Menschenmenge Libellen, Schmetterlinge oder Herzen an Stöcken befestigt aufragen.
Solche Schmuckstücke gibt es etwa bei Theresia Asam zu erwerben. Die aus Schwaben stammende Korbkünstlerin ist bereits das vierte Jahr vor Ort und für ihre Arbeit nach Lichtenfels gezogen, wo sie einen Laden führt. Sie hat auch das Herzstück der „Welcome Plaza“ an der Stadtpfarrkirche gestaltet.
Für die kurze Einkaufspause
Riesige Weidenkugeln, aufgefädelt an einem Seil, sollen nicht nur eine große Perlenkette darstellen. Vielmehr sollen sie die Verbundenheit der verschiedenen Flechtkulturen und Nationen symbolisieren, die während des 43. Korbmarkts in Lichtenfels vertreten sind. Während des Marktes haben die Besucher zudem die Möglichkeit, sich auf der Wiese vor der Kirche auszuruhen und die Sonne zu genießen. Die Sitzmöglichkeiten sind dabei so arrangiert, dass sie auf das große Plaza-Herzstück, die Weidenkugeln, blicken können.
Drum herum geht der Einkaufsbummel allerdings unermüdlich weiter: Der ein oder andere Kunde muss sich mühsam durch die Gänge zwischen den anderen Menschen schieben, da die zuvor erworbenen Henkelkörbe ganz schön viel Platz zu beiden Seiten einnehmen.

An den Zelten, die sich die Straße bis zum Marktplatz hinunter ziehen, gibt es neben klassischen Henkel-Modellen und Kaminholzkörben vor allem Gartendekoration zu kaufen.
Auch wenn pünktlich zum Korbmarkt langsam der Herbst einzieht, scheint diese Ware bei der Kundschaft heiß begehrt zu sein: Blumenkübel-Ummantelung, Einfassungen für Solarleuchten, Blumenampeln und -töpfe, Lampen für drinnen und draußen – der Fantasie sind auch beim Flechten keine Grenzen gesetzt. Und was diesen Sommer keinen Platz mehr findet, kann ja schließlich spätestens im Frühjahr platziert werden.
„Ich finde gut, dass es so schön abwechslungsreich ist. Handwerk und das Künstlerische, das ist toll“, findet etwa eine Marktbesucherin aus dem Kreisgebiet.
Ähnlich wie Nicola Solimano und Rainer Groth demonstrieren auch rings um das Rathaus Korbmacher ihr Handwerk. Genau wie an der Stadtpfarrkirche tummeln sich Zuschauer, um noch Sicht über die Köpfe hinweg auf die Live-Arbeit zu haben. So wie es sich die kurz zuvor gekrönte neue Korbstadtkönigin Anna I. auf der Bühne gewünscht hat, scheint das Handwerk der Korbmacherei große Wertschätzung zu erfahren.