Schwanger? Ab in den Geburtsvorbereitungskurs, dann alle Freundinnen mit Kindern treffen und eine Babyparty mit der ganzen Familie! Stop! In Zeiten von Corona wohl undenkbar! Dennoch kann man eine Schwangerschaft nicht unterbrechen oder absagen. Daher ist die Arbeit der Hebammen im Landkreis derzeit so wichtig wie noch nie.
„Für uns hat sich fast alles verändert“, erzählt Lisa Zipfel. Sie ist seit 1987 Hebamme im Raum Lichtenfels und nahen Orten der benachbarten Landkreise. Sie leitet keine Kurse mehr wie „Rückbildungsgymnastik“ oder „Beikosteinführung“. Viele Informationen hierzu hat sie zusammengeschrieben und den Schwangeren oder Müttern per E-Mail geschickt. Die genauere Beratung läuft derzeit telefonisch – „wo ein Kontakt nicht unbedingt sein muss.“ Vom Hebammenverband habe sie zudem die Möglichkeit von Videogesprächen mit den Frauen zugesichert bekommen, sie nutzt diese aber noch nicht.
„Das wäre fatal, wenn keine Nachsorge geleistet werden könnte.“
Lisa Zipfel, Hebamme im Raum Lichtenfels
Die normale Wochenbettnachsorge aber bleibt intensiv und physisch: mit Mundschutz, vermehrtem Händewaschen und häufigerer Desinfektion. „Das wäre fatal, wenn keine Nachsorge geleistet werden könnte. Besonders auch deswegen, weil ja die meisten Kinderärzte auch nicht mehr so arbeiten können wie vorher.“
Bislang habe Lisa Zipfel noch keine Frau betreut, die in Kontakt zu einem Covid-19-Infiziertem stand oder sich in Quarantäne befand. Sollte es einmal so weit sein, würde sie entsprechende Ganzkörper-Schutzkleidung tragen.
Nach der Entbindung schnell nach Hause

Zu Beginn der Epidemie sei die Nachfrage nach Hausgeburten bei ihr sehr hoch gewesen. Viele Schwangere befürchteten, sich etwa während des Klinikaufenthalts mit Covid-19 anzustecken. Mittlerweile gehe diese Angst jedoch etwas zurück. Die Hebamme bietet zudem keine Betreuung bei Hausgeburten an. Was bleibt: Viele Mütter verlassen das Klinikum nach der Geburt, auch nach Kaiserschnitten, schneller als gewöhnlich – und sind dann erstmal ohne einen „Mutti-Kreis“.
Gerade der Austausch unter den Frauen mit praktischen Tipps, mit einem offenen Ohr und mit so mancher Leidensgenossenschaft fehle derzeit. Ebenso wie den Schwangeren die Sicherheit, ob ihr Geburtsvorbereitungskurs stattfindet. Lisa Zipfel überlegt derzeit, ob sie doch einen Videokurs anbieten soll: „Aber ob die neuen Frauen, die sich untereinander noch gar nicht kennen, da gleich so offen sind? Außerdem muss man solche Bestandteile wie Atemübungen eigentlich sehen, um zu prüfen, ob sie richtig sind. Das könnte online etwas schwierig werden.“ Eine Möglichkeit könnte ebenfalls sein, die Teilnehmerzahl zu reduzieren. Eine Lösung hat sie noch nicht. Ihr „Überstundenpensum“ habe sich jedenfalls reduziert, schmunzelt sie. Nun sei sie fast auf einem „normalen Stand.“
Kein Besucherstress macht entspanntere Babys?
Was überraschen mag ist die Erfahrung der Hebamme, dass vieles in der Betreuung der Frauen und Babys inmitten der Corona-Krise entspannter geworden ist: „Dadurch, dass sich die meisten Leute mehr zurückgezogen haben, ist ein viel entspannterer Umgang mit der ganzen Familie möglich. Es gibt keinen Babybesucher-Stress mehr, der neugierig ist und gerade in den ersten Wochen aufwartet. Keine Fotografentermine. Keine Feste, wo das Kind immer funktionieren muss. Oft wird sowas ja den Frauen aufgezwungen, und viele trauen sich nicht zu sagen: Das ist mir zu viel! Aber das fällt nun ja weg.
Ich habe von der Klinik gehört, die Stillrate der Mütter ist wieder gewachsen, und es gibt weniger Schreibabys. Ich merke: Die Kinder sind ausgeglichener und schlafen besser“, so Lisa Zipfel. Sie selbst hat keine Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus, beschränkt aber ihre Kontakte auf die nötigsten während ihrer Arbeit und beim Einkaufen.
Auch einer Hebammenschülerin, die einen Teil ihrer Ausbildung an der Seite der erfahrenen Hebamme absolvieren wollte, sowie einer Schülerpraktikantin musste Lisa Zipfel kürzlich absagen. Sie möchte die betreuten Mütter und sich selbst so wenig wie möglich fremden Kontakten aussetzen.
Geburtsvorbereitung im Online-Kurs wird dankbar angenommen
Ähnliche, aber andere Wege nutzt Franziska Kraus. Sie ist seit 3,5 Jahren Hebamme und betreut Schwangere und Mütter überwiegend im Raum Burgkunstadt. Sie ist in der Hebammenpraxis Storchennest und zusätzlich am Klinikum Kulmbach tätig. Sie „ersetzt“ die weniger gewordenen Hausbesuche durch Online-Kurse, da in ihren vorhandenen Räumlichkeiten der Zwei-Meter-Abstand zwischen den Frauen nicht eingehalten werden könne. So können etwa Geburtsvorbereitungskurse online stattfinden.

„Für mich ist es zwar irgendwie komisch, die Inhalte vor dem Computer zu Hause zu erklären. Persönlich wäre manches einfach anders zu gestalten oder zu erklären,“ erzählt sie. „Die Frauen sind aber dankbar, dass es diese Kurse gibt und sie bei Beschwerden einen Ansprechpartner zu haben.“ Bei den notwendigen Hausbesuchen habe sie seit kurzem in ihrer Tasche nur diejenigen Dinge dabei, die sie immer für ihre Betreuung und Untersuchung braucht. Alles Seltenere bleibe zunächst im Auto.
„Gerade in so einer Zeit ist es wichtig, dass Hebammen ein Stück Normalität mit zu den Frauen bringen.“
Franziska Kraus, Hebamme im Raum Burgkunstadt
Franziska Kraus: „Gerade in so einer Zeit ist es wichtig, dass Hebammen ein Stück Normalität mit zu den Frauen bringen.“
Im Kontakt mit der Betreuten versuche sie, Abstand zu halten, aber das geht nicht immer: Wenn eine Frau einen Milchstau hat, muss die Brust eben abgetastet werden. Wenn ein Baby Gelbsucht hat, muss das Kind ebenfalls untersucht werden. Nach dem Besuch desinfiziere sie aber nicht nur ihre Hände, sondern auch ihre Tasche innen und außen. Bei den Geburten im Klinikum Kulmbach habe sich dagegen nicht viel verändert: Die Väter konnten von Anfang der Epidemie an bei der Geburt dabei sein, selbstverständlich mit Mundschutz, und durften von da an aber das Klinikum nicht mehr verlassen.
Franziska Kraus selbst habe keine Angst vor dem Virus, aber einen gesunden Respekt. Sie ist vorsichtig, setzt aber viel auf die Aufklärung der Menschen. „Und gerade in so einer Zeit ist es wichtig, dass Hebammen ein Stück Normalität mit zu den Frauen bringen und nicht noch mehr Angst verbreiten!“