„Sie sind ein MPU-Berater mit eigener MPU-Erfahrung?“ Christian Herold aus dem Weismainer Ortsteil Buckendorf bringt man mit dieser Frage nicht aus der Fassung. Ganz im Gegenteil: Gelassen sitzt der 43-jährigen in seinem kleinen Büro in Kulmbach, umrahmt von allerhand Urkunden.
Mit seiner Vergangenheit geht er offen um. Bedenken, dass er potentielle Kunden abschrecken könnte, hat er nicht. „Wer selbst erfahren hat, wie es bei einer MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) zugeht, kann einem Klienten die Angst vor der MPU nehmen“, ist Herold überzeugt. Bezogen auf seine eigene gibt er zunächst nur so viel Preis: „Ich bin, was Drogen und Alkohol betrifft, unbefleckt.“ Laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) spielte 2020 in 72 Prozent aller Fälle Drogen und Alkohol eine Rolle. Aber auch andere Gründe, wie zu viele Punkte in der Flensburger Verkehrssünderdatei oder körperliche Mängel, waren Anlass für eine MPU.
Was hatte ihn veranlasst, neben seiner Tätigkeit als ziviler Mitarbeiter im öffentlichen Dienst am Bundeswehrdienstleistungszentrum Ingolstadt noch einer weiteren Tätigkeit nachzugehen? Ein Verwandter, der dreimal durch die MPU gerasselt sei, habe sein Interesse an der Materie geweckt.
Ein Stück Freiheit
Herold, der aus dem Weismainer Ortsteil Buckendorf stammt und in Kulmbach seine Beratungen durchführt, möchte Betroffenen dabei helfen, wieder ein Stück Freiheit zu erlangen. Ihm gehe es darum, in seinen Klienten den Menschen zu sehen, und nicht so sehr den Täter.

2016 wagt er den Sprung in die nebenberufliche Selbständigkeit. Seitdem plant, begleitet und fährt er von Montag bis Donnerstag Schwer- und Gefahrguttransporte für die Bundeswehr, am Freitag bereitet er Frauen und Männer auf ihre MPU vor. Herold, der jede Menge Lehrgänge durchlaufen hat ärgert es, dass die Berufsbezeichnung nicht gesetzlich geschützt ist. Jeder dürfe sich so nennen, auch derjenige, der gestern noch Staubsauger verkauft habe. Und so kommt es, dass sich auf dem Gebiet der MPU-Beratung viele Scharlatane tummeln, die die Notlage der auf einen Führerschein angewiesenen Bürger ausnutzen.
Woran erkannt man einen seriösen MPU-Berater? An einem gelben Buch, dass Herold immer griffbereit auf seinem Schreibtisch hat und den Titel „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung“ trägt. „Es ist die ,Bibel‘ eines jeden guten Beraters“, betont Herold. In dem dicken Wälzer seien alle Beurteilungskriterien aufgeführt, auf deren Grundlagen ein Gutachten erstellt werde. Neue Gesetze und der technische Fortschritt sorgen dafür, dass Herold Weiterbildungen besuchen muss. „Früher wurden bei einer Haaranalyse sieben Pikogramm Ethylglucuronid (ETG), ein direktes Stoffwechselprodukt von Alkohol, nachgewiesen, heute sind es fünf Pikogramm“, nennt der Redner ein Beispiel.
Von der Bezeichnung „Idiotentest“ hält Herold nicht viel. Eine MPU habe mit Apfelbaummalen und Murmelstapeln nichts zu tun. Es handle sich vielmehr um ein fachlich ausgeklügeltes System aus medizinisch-psychologischen Untersuchungen, in denen die Belastbarkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktion der Teilnehmer im Mittelpunkt stehe. Es gehe aber auch darum, herauszufinden, ob sie zu einer Verhaltensänderung bereit seien.
Verharmlosen bringt nichts
„Die MPU ist eine Chance nachzuweisen, dass die Zweifel am Führen eines Kraftfahrzeuges nicht mehr bestehen“, sagt Herold. Beschönigen, Verharmlosen, mangelnde Einsicht und Vorbereitung sind für den MPU-Berater typische Stolperfallen. „Wo 70 gilt, kann ich doch auch locker mit 90 fahren“, solche Sätze sollte man in einer MPU tunlichst vermeiden, rät Herold. Viel lieber wäre es ihm, wenn am Ende der Begutachtung der Psychologe folgenden Satz sagen würde: „Junge, du hast viel Mist gebaut, aber ich glaube Dir, dass du dich ändern wirst und Dein Leben in den Griff bekommst.“
Herold erzählt vom betrunkenen Mann, der mit dem Gartenschlauch seinem Nachbarn die Grillparty vermiest oder vom Wochenmarktbesucher, der im Suff randaliert. Wer glaubt, in solchen Fällen sei keine MPU möglich, der befindet sich für den MPU-Berater auf dem Holzweg: „Die Polizei kann die Führerscheinstelle informieren, die dann die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellt.“
MPU mit 17 Jahren
Rund 90 Prozent seiner Klienten kämen wegen Drogen oder Alkohol zu ihm. Seine eigene MPU ist schon 26 Jahre her. Ihr ging weder eine Ordnungswidrigkeit noch ein Strafverfahren voraus. „Bei mir ging es um eine vorzeitige Erteilung des Führerscheins. Ich war 17 und wollte mit einem Auto täglich zur Bäckerei fahren, in der ich eine Lehre absolvierte“, verrät Herold. Seine MPU hatte er damals erfolgreich bestanden.