Es begann wie ein Krimi, als am 19. September 1991 das Nürnberger Ehepaar Erika und Helmut Simon bei einer Bergwanderung in den Ötztaler Alpen im Grenzgebiet zwischen Österreich und Italien auf 3200 Meter Höhe am Tisenjoch eine teilweise aus dem Gletschereis ragende Leiche entdeckte. Zur Klärung der Identität des vermeintlichen Opfers eines Bergunfalls oder eines möglichen Fremdverschuldens wurde ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet.
Am 23. September wurde die Leiche von einem österreichischen Bergungstrupp aus dem Gletschereis befreit. Sie wurde anschließend in das Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck gebracht.
Die sonderbaren Beifunde ließen die Rechtsmediziner rätseln
Aufgrund der sonderbaren Beifunde, darunter beispielsweise ein komplettes Kupferbeil, zog man einen Spezialisten vom Institut für Ur- und Frühgeschichte zu Rate. Und ab da wurde aus dem vermeintlichen Kriminalfall eine wissenschaftliche Sensation.
Bei dem Fund handelt es sich um eine unversehrte mumifizierte Leiche aus der späten Steinzeit, die zirka 5250 Jahre im Gletschereis eingeschlossen war und heute unter dem Namen „Ötzi“ weithin bekannt ist. Mit dem Fund öffnete sich der Archäologie ein Fenster in den Alltag der ausgehenden Steinzeit.
Dank der Gefrierkonservierung im Eis haben sich nicht nur der menschliche Körper, sondern auch Teile der Bekleidung und mitgeführte Gebrauchsgegenstände perfekt erhalten. Die wissenschaftliche Untersuchung der Funde lieferte bis heute bereits eine Vielzahl neuer Erkenntnisse und ist noch längst nicht abgeschlossen.
Da die Fundstelle sich auf italienischem Staatsgebiet befindet, wurden 1998 alle Funde nach Italien in das Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen überführt, das seitdem die weitere Forschung koordiniert.
Er starb eines nicht natürlichen Todes
Heute weiß man, dass Ötzi etwa 46 Jahre alt, rund 1,59 Meter groß und 50 Kilogramm schwer war. Er hatte langes dunkelbraunes bis schwarzes Haar und wohl auch einen Bart. Ötzi starb im Frühsommer eines nicht natürlichen Todes. Auf dem 3250 Meter hoch gelegenen Tisenjoch wurde er von einem Pfeil mit einer Spitze aus Feuerstein tödlich getroffen.
„Die Tatsache, dass der Mann aus dem Eis, nachdem er mehr als 5000 Jahre im Gletschereis eingeschlossen gewesen war, vor genau 30 Jahren gefunden wurde und geborgen werden konnte, wird heute als deutlicher Hinweis auf den Klimawandel interpretiert“, sagt Dr. Carsten Ritzau, Leiter des Naturkunde-Museums Coburg. „Und dies ist, neben dem Auffinde-Jubiläum ein Anlass dafür, die Ausstellung zu zeigen.” Diese ist absofort im Naturkunde-Museum zu sehen.
Alt-OB Tessmer: Die Museen müssen „alternativen Fakten entgegenwirken
Altoberbürgermeister Norbert Tessmer, Vorsitzender der Coburger Landesstiftung, ergänzt: „Klimawandel und Corona-Pandemie als katastrophale Krisen sind unmittelbare und zusammengehörige Folgen eines schwer gestörten Mensch-Umwelt-Verhältnisses unserer globalisierten Industrie- und Konsumgesellschaft.“ Beide Phänomene hätten aber auch in erheblicher Anzahl querdenkende Zweifler und gefährliche Ignoranten hervorgebracht, die sich ungeachtet aller wissenschaftlichen Erkenntnisse ihre eigenen „alternativen Fakten“ konstruierten.
Tessmer weiter: „Den Museen kommt die besondere gesellschaftliche Verantwortung und Verpflichtung zu, mit ihrer Arbeit der Diskreditierung der Wissenschaften entgegenzuwirken. Und Ötzi?zeigt in überragender Weise, zu welchen detaillierten und überraschenden Erkenntnissen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch interdisziplinäres und beharrliches Arbeiten kommen können“.
Aufwändige Reproduktionen der Mumie sind zu sehen
In der Sonderausstellung sind aufwändige Reproduktionen der Mumie sowie der Gegenstände zu sehen, die Ötzi zum Zeitpunkt seines Todes bei sich hatte. Aber auch der lebende Ötzi tritt dem Publikum entgegen, samt allem, was sein Leben prägte.
Im Spätneolithikum lebten die Menschen als Jäger – ihre Beute waren beispielsweise Steinbock, Rothirsch, Gams und Braunbär – sowie als Sammler. Man betrieb jedoch auch Ackerbau und Viehzucht. Die Menschen gingen zunehmend dazu über, Wildtiere zu halten und zu zähmen. Diese Tiere – zum Beispiel Schaf, Ziege, Schwein, Rind und Hund – entwickelten sich durch gezielte Auslese in einem langen Prozess zu Haustieren. In der Ausstellung sieht man Jagdwaffen und Jagdtiere sowie die Welt des Ackerbaus und der Viehzucht. (red)
Täglich von 9 bis 17 UhrDie Sonderausstellung ist bis zum 13. März täglich von 9 bis 17 Uhr im Naturkunde-Museum Coburg zu sehen. Weitere Informationen erhalten Interessenten im Internet unter www.naturkunde-museum-coburg.de oder im aktuellen Veranstaltungskalender der Stadt Coburg.