Lichtenfels Jüngst hatte die SPD wieder zu einer Informationsveranstaltung ins Café Hilde eingeladen. Der Ortsvereinsvorsitzende Dr. Arnt-Uwe Schille konnte zahlreiche Gäste sowie Anette Kramme, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales und Mitglied des Bundestages, begrüßen.
Einleitend zählte der Ortsvereinsvorsitzende auf, welche Beschlüsse der Ampelregierung die CDU/CSU unter einer Regierung mit Friedrich Merz an der Spitze rückgängig machen wolle – darunter die Abschaltung der Atomkraftwerke, das Gebäudeenergiegesetz, das Bürgergeld, die beschleunigte Einbürgerung sowie die Erleichterungen bei der doppelten Staatsbürgerschaft. Zudem sollen weder der Solidaritätszuschlag, der eigentlich nur Spitzenverdiener belastet, noch die Vermögensteuer, die um Grundgesetz verankert ist, erhoben werden.
Klientelpolitik der Union
Gleichzeitig solle der Kinderfreibetrag erhalten bleiben, die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und haushaltsnahen Dienstleistungen verbessert und die Grundsicherung bei Fehlverhalten stärker sanktioniert werden. Diese Maßnahmen spiegelten eine klare Klientelpolitik für Besserverdienende und Reiche wider, betonte Schille. Im Gegensatz dazu würden Menschen mit geringen Einkommen vernachlässigt oder gegen diejenigen ausgespielt, die noch weniger haben - insbesondere Flüchtlinge.
Schändlich
Anette Kramme berichtete danach über die vergangene Woche im Bundestag sowie über den „Dammbruch“ der CDU. Nach einer Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus statt, bei der auch ein Überlebender des Holocaust gesprochen habe, habe die CDU einen Entschließungsantrag mit einem Fünf-Punkte-Plan zur Abstimmung gebracht, in dem es unter anderem um die Schließung der Grenzen und Abweisung von Asylsuchenden ging.
„Die Anschläge in Aschaffenburg, Magdeburg und Solingen waren schrecklich. Ich verstehe, dass viele Menschen wütend sind und von der Politik erwarten, dass etwas unternommen wird. Was Merz allerdings gemacht hat, ist einfach nur schändlich. Seine Vorschläge stehen zum einen weder in Einklang mit dem Grundgesetz noch mit europäischem Recht und internationalen Konventionen. Und zum anderen hat er sich der Stimmen der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD bedient. Und das an einem Tag, an dem der Bundestag zuvor den Opfern des Nationalsozialismus gedacht hat“, so Anette Kramme. „In mir ist innerlich etwas zerbrochen“, beschrieb sie ihr Entsetzen und das der gesamten SPD-Fraktion.
Und weiter: „Was bedeutet das für die Zukunft? Werden Anträge und Gesetzesvorhaben künftig mit der Drohung durchgedrückt, diese sonst mit Hilfe der AfD zu beschließen?“ Flüchtlingspolitik müsse, so die SPD-Politikerin, immer im europäischen Kontext betrachtet werden. Die Bundesregierung habe mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) ab 2026 bereits Verbesserungen beschlossen - darunter einen besseren Schutz der Außengrenzen, einheitliche Leistungen für Flüchtlinge und einen verpflichtenden Verteilungsschlüssel.
Bilanz der Ampel
Nun blickte die Staatssekretärin auf die Regierungsarbeit zurück. Auf die Corona-Krise folgte mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs unmittelbar die Energiekrise. „Die Herausforderung war, alle Wohnungen im Winter warm zu halten und gleichzeitig der Industrie ausreichend Energie bereitzustellen.“ Dies sei gelungen - niemand habe in einer dunklen Wohnung frieren müssen.
Und obwohl der Ruf der Ampel nicht gut gewesen sei, habe man etliche sozialdemokratische Forderungen umsetzen können. Von der Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro hätten sechs Millionen Beschäftigte profitiert. Das Kindergeld sei auf 255 Euro pro Kind erhöht worden, mit dem WohngeldPlus habe sich das Wohngeld im Schnitt verdoppelt und der Kreis der Berechtigten verdreifacht. Auch das BAföG sei erhöht, der ÖPNV mit dem Deutschlandticket gestärkt worden, so Kramme.
Angesprochen auf das Bürgergeld erläuterte Anette Kramme, dass die Union diesem zugestimmt habe. An den Berechnungsmechanismen sei in dieser Legislatur auch nichts verändert worden. Lediglich die Inflation werde zeitnaher bei der Berechnung der Regelsätze berücksichtigt. Kramme bekräftigte, dass immer derjenige, der arbeite, mehr im Geldbeutel habe als der Bürgergeld-Empfänger.
Angesprochen auf die Flüchtlinge konnte die SPD-Politikerin berichten, dass beispielsweise bei den Männern aus Syrien eine Erwerbsquote von 82 Prozent bestehe, im Vergleich zu 76 Prozent bei deutschen Männern. Aus der Ukraine seien überwiegend Frauen mit kleinen Kindern geflüchtet, die aufgrund fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht arbeiten gehen können. Auch gebe es hier eine Sprachbarriere, anders als in den Niederlanden, wo eine Kommunikation am Arbeitsmarkt auf Englisch unproblematisch sei. Hier seien Sprachkurse ein entscheidender Schlüssel, die jedoch auch zukünftig eine gute Finanzierung benötigen.
Große Investitionen nötig
Dass straffällig gewordene Flüchtlinge abgeschoben werden sollen, seit nahezu ein Grundkonsens über die meisten Parteien hinweg. Jedoch hätten die aktuellen Ereignisse in Magdeburg und München deutlich gemacht, dass einerseits Flüchtlinge Traumata in ihren Herkunftsländern oder auf der Flucht erlitten hätten. Hier sei soziale und psychiatrische Betreuung notwendig, die bisher zu wenig beachtet worden sei, betonte die Staatssekretärin. Andererseits würden bestehende Regularien nicht konsequent durchgesetzt. Alle Ebenen der Politik und Verwaltung seien hier gefragt.
Für die Zukunft Deutschlands sind laut Kramme große Investitionen beispielsweise in die Bundeswehr und den Zivil- und Katastrophenschutz notwendig, die ohne eine Modifikation der Schuldenbremse nicht möglich seieen. Nur durch weitere Investitionen im Wohnungsbau, die Erhöhung des Mindestlohns, die Sicherung der Renten, den Erhalt der Mietpreisbremse und die Förderung von Kindern aus benachteiligten Familien, beispielsweise durch ein kostenloses Mittagessen in Schulen, lasse sich der soziale Frieden aufrechterhalten.
In der anschließenden Diskussion gab es Rückfragen zu einzelnen Punkten des Parteiprogramms und zur Außendarstellung der SPD. Hier wurde laut Pressemitteilung deutlich, dass trotz aller Krisen in der Ampelkoalition viel erreich, das jedoch in der Öffentlichkeit nicht ausreichend wahrgenommen beziehungsweise dargestellt worden sei.
Auch die sozialen Medien waren Thema. Hier habe die SPD in der Vergangenheit aufholen können, wobei auch hier die Aufarbeitung von Fake News viel Kapazitäten erfordere, die dann an anderer Stelle fehlten.
„Wir kämpfen auf allen Ebenen für unsere Demokratie und damit die Grundwerte der SPD“, so Kramme abschließend. (red)