Seit 40 Jahren existent, für 31 Jahre Dienstort von Tina Kosuch in der Außenstelle Lichtenfels, seit rund drei Wochen das neue Wirkungsfeld von Kristina Späth in der Korbstadt: Die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen der Diakonie Coburg ist so wichtig wie nie, muss sie doch immer wieder neu auf individuelle Bedürfnisse und Veränderungen in der Gesellschaft reagieren.
„Ich bin schwanger“: Bedeutet das immer himmelhochjauchzende Freude? Leider ist die Realität eine andere. Mit der Kunde kommen oft auch Angst, Verzweiflung, Sorge und Unsicherheit auf. Dass diese übermächtig werden können, weiß wohl kaum jemand so gut wie Tina Kosuch, die die Außenstelle Lichtenfels der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen der Diakonie Coburg über 31 Jahre geleitet hat.
„Bei uns darf man auch weinen und Verständnis erfahren, da, wo andere vielleicht an ihre Grenzen kommen.“
Kristina Späth, Schwangerenberatung
Zum 1. Oktober hat sie sich in den Ruhestand verabschiedet und ihre Aufgaben und eine große Verantwortung auf Kristina Späth übertragen. Diese wird ab sofort schwangere Frauen in ihrem neuen Lebensabschnitt beraten und begleiten, über finanzielle Hilfen und andere Unterstützungsmöglichkeiten aufklären. Sie steht aber auch Partnern, Familien und anderen Bezugspersonen für Gespräche in schwierigen Lebenslagen zur Verfügung.
„Wir sind Ansprechpartner genau dafür, bei uns darf man auch weinen und Verständnis erfahren, da, wo andere vielleicht an ihre Grenzen kommen. Meistens ergeben sich in diesen Gesprächen noch ganz neue Aspekte oder Möglichkeiten“, so Kristina Späth.
Eine eigenständige, tragfähige Entscheidung finden
Auch die Schwangerschaftskonfliktberatung wird in der Außenstelle Lichtenfels angeboten. Sie betrifft die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Abtreibung einerseits und dem Schutz des ungeborenen Lebens andererseits. Sie möchte die Frauen oder das Paar darin unterstützen, eine eigenständige, tragfähige Entscheidung zu finden, und begegnet diesen mit Respekt.

Für eine Abtreibung ist eine Beratung bei einer staatlich anerkannten Stelle, wie sie die Diakonie Coburg darstellt, gesetzlich verpflichtend. Hier zeigen sich deutliche Veränderungen, blickt ihre Vorgängerin Tina Kosuch zurück. „Mittlerweile ist für diesen Schritt keine Einwilligung von einem Arzt notwendig. Das war früher anders.“
„Heute haben schon Zehn- oder Elfjährige viel mehr gesehen und gehört, als man es für möglich hält.“
Tina Kosuch, 31 Jahre in der Schwangerschaftsberatung tätig
Glücklicherweise gibt es heute weniger Schwangerschaftsabbrüche als noch vor Jahrzehnten. Eine Ursache hierfür könnte die wachsende Bedeutung der Aufklärung über Verhütung in der Gesellschaft sein. Auch in weiterführenden Schulen war und ist die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen präsent. Doch auch hier zeigen sich Veränderungen der Sexualpädagogik: „Heute haben schon Zehn- oder Elfjährige viel mehr gesehen und gehört, als man es für möglich hält“, weiß Tina Kosuch.
Hier spielen die neuen Medien eine zentrale Rolle. „Unsere Aufgabe ist es dann, das auf die Realität herunterzubrechen und ihnen eine wertschätzende Haltung dem gegenüber zu vermitteln.“ Hierfür benötigt es auch eine starke Vernetzung, wie sie die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen mit Ärzten, Jugendämtern und Fachkräften anderer Einrichtungen praktiziert.
Informationen über Google sind nicht immer richtig
Die Informationsflut hat auch Einfluss auf die Arbeit der Beratungsstelle mit Klientinnen und Klienten. Als Tina Kosuch ihr Büro geräumt hat, sei sie auf viele Plakate von vor der Jahrtausendwende gestoßen, die sie gemeinsam mit Kollegen gestaltet hatte. „Heute ist oft das erste, was Frauen tun, wenn sie von der Schwangerschaft erfahren, zu „googeln.“
Kristina Späth kommentiert: „So kommt man schnell und einfach an Informationen, aber leider sind diese nicht immer richtig und können auch erdrücken.“ Das gelte sowohl für die Zeit der Schwangerschaft als auch die Zeit nach der Geburt. Deshalb begleitet sie die Eltern fortführend und auch etwa bei Verlust eines Kindes.
Andere Lebensentwürfe, Kulturen und Religionen
Das sind Nöte, die nicht vor Ländergrenzen haltmachen. Deshalb hat besonders das Jahr 2015, in dem viele Flüchtlinge nach Deutschland und damit auch nach Lichtenfels kamen, einen Einschnitt in ihrer Arbeit gebildet. Und noch heute machen Frauen mit Migrationshintergrund die Hälfte der Klientinnen aus. „Sich in andere Lebensentwürfe, Kulturen und Religionen, aber auch in ihre Not hineinzudenken ist eine Herausforderung, aber ich habe sie gerne angenommen.“
Heute verabschiedet sie sich mit „gemischten Gefühlen“ in den Ruhestand, hat sie doch eine Sprechstunde zu einer Beratungsstelle mitaufgebaut. Damit verbunden sind viele Erinnerungen und unzählige Schritte, da sie in früher Zeit viele Erledigungen und die Kontaktpflege zu Fuß erledigt hat. „Das ist anders als in einer Großstadt.“ Die 31 Jahre Beratungstätigkeit sei manchmal eine Belastung, oft aber auch eine Bereicherung gewesen. Nun verstehe sie mehr vom Leben als vorher. „Ich bin mit Themen konfrontiert worden, über die ich sonst nie nachgedacht hätte.“ Doch sie weiß die Beratungsstelle schon jetzt in guten Händen.
Zuhören und Krisen bewältigen können
Mit Kristina Späth hat sie eine junge Frau eingearbeitet, die vielfältige Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenslagen aufweisen kann: Sie war in zwei verschiedenen Jugendämtern sowie im ambulant betreuten Wohnen für Menschen mit Suchterkrankung tätig. Heute hat sie selbst ein Kind und freut sich auf die Arbeit mit und für die Frauen und Familien: „Als ich von der Stelle gelesen habe, wusste ich: Das ist die perfekte Stelle.“ Ihre große Stärke sei das Zuhören und die Bewältigung von Krisen.
Dass sie ein „großes Zepter von Tina Kosuch“ erhält, ist ihr bewusst. Sie möchte viele Methoden und Strukturen beibehalten, aber auch neue Wege einschlagen. Derzeit absolviert sie etwa eine Fortbildung zu Online-Beratungen. Wie auch ihre Vorgängerin reagiert sie damit auf die jeweiligen gesellschaftlichen Veränderungen der Zeit, um die Frauen und Familien weiterhin wirklichkeitsgetreu und authentisch unterstützen zu können.
Diejenigen, die die Begleitung durch die Außenstelle der Staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen des Diakonischen Werkes Coburg annehmen, können sich somit weiterhin auf eine individuelle Begleitung verlassen. Eines ist jedoch sicher und trotz allen Wandels in den vergangenen 40 Jahren gleich geblieben: Eine Schwangerschaft verändert das ganze Leben.