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LICHTENFELS: Stadtrat Lichtenfels: Klar gegen eine Baumschutzverordnung

LICHTENFELS

Stadtrat Lichtenfels: Klar gegen eine Baumschutzverordnung

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    Ginge es nach der Fraktion von Bündnis 90/Grünen im Stadtrat Lichtenfels, so hätte die Kreisstadt sich in der jüngsten Sitzung eine Baumschutzverordnung für das Stadtgebiet gegeben.
    Ginge es nach der Fraktion von Bündnis 90/Grünen im Stadtrat Lichtenfels, so hätte die Kreisstadt sich in der jüngsten Sitzung eine Baumschutzverordnung für das Stadtgebiet gegeben. Foto: Markus Drossel

    Auch in Zukunft wird die Stadt Lichtenfels keine Baumschutzverordnung haben: Mit 23:5 Stimmen stellten sich die Stadträtinnen und Stadträte bei ihrer jüngsten Sitzung gegen eine Einführung eines solchen Regelwerks. Sie folgten damit dem Vorschlag der Verwaltung. Vorausgegangen war eine reg Diskussion, in der die Redenden nicht immer Maß und Ziel kannten.

    Bereits in 2019 hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag auf Erlass einer Baumschutzverordnung gestellt. „Diese ist sehr intensiv diskutiert worden“, sagte Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) einleitend. Im Rahmen der Vision 2030 beispielsweise und auch mit einer größeren Bürgerveranstaltung im Stadtschloss, bei der diverse Fachleute wie Baumpfleger zu Wort kamen. Zuletzt am 10. Dezember im Bau- und Umweltausschuss, der den Antrag nicht befürwortete. „Auf den ersten Blick scheint eine solche Satzung ein sinnvolles Instrument zu sein“, führte Hügerich aus, „doch auf den zweiten Blick werden die Ziele, die verankert sein sollen, nicht erreicht.“ Eine Baumschutzverordnung soll nämlich verhindern, dass Bäume, die viele Jahre alt und großkronig sind, einfach bedenkenlos gefällt werden – auf städtischen Grundstücken ebenso wie im Privaten. Wer das tut, würde dann eine Strafe riskieren.

    „Wir kommen immer zu spät“

    „Die Hauptproblematik: Wenn wir regulierend vorgehen, kommen wir immer zu spät. Statt einem Schutz schaffen wir bürokratische Hürden, die aber nicht dazu beitragen, dass Bäume nicht gefällt werden“, meinte Hügerich und überließ die Detailausführung dann seinem Stadtbaumeister Gerhard Pülz. „Wir haben viel Herzblut hineingesteckt“, sagte der mit Blick auf die Beratungen im Rahmen der Vision 2030. Mehr noch: Man habe sogar eine Baumschutzverordnung erarbeitet, nach Beratungen mit der Regierung von Oberfranken und auf Grundlage von Gesprächen mit Verantwortlichen von Städten, die eine solche schon haben. „Wir waren erst guter Dinge, dass es für die Stadt Lichtenfels gut sein könnte“, so der Stadtbaumeister.

    Geht es nach der Stadtbildrprägend ist dieser Baum im Bereich der „Wallachei“.
    Geht es nach der Stadtbildrprägend ist dieser Baum im Bereich der „Wallachei“. Foto: Markus Drossel

    Doch dann mehrten sich Zweifel und Ängste. Ängste beispielsweise, dass durch die Verordnung Bäume nicht mehr alt werden würden, weil ihre Besitzer sie fällen, ehe sie schutzwürdig sind. Dieses Argument sollte später auch Uwe Held (CSU) anbringen. „Das ist in anderen Städten passiert“, bekräftigte Pülz. „Städte aber funktionieren nur, wenn Stadtgrün vorhanden ist.“ Bäume spendeten Schatten und kühlten ihre Umgebung, bieten Lebensraum und trügen damit zum Artenschutz bei. Und es sei letztlich in der Verantwortung aller, diese zu erhalten. „Dessen müssen sich Grundstücksbesitzer bewusst sein. Aus Gesprächen wissen wir, dass es die große Mehrheit auch so sieht.“

    Gerhard Pülz führte ebenfalls das Argument an, dass eine Baumschutzverordnung Fällungen nicht verhindere. Sie ziehe aber viel Bürokratie nach sich, wenn immer wieder kontrolliert und im Fall der Fälle Strafen erlassen werden müssten. „Ist das wirklich ein Instrument, das den ein oder anderen zum Überlegen bringt?“, stellte er in den Raum. „Wir sollten auf Selbstverantwortung setzen und nicht darauf, das Leute sich gegenseitig verpetzen.“ Der Stadtbaumeister schlug gezielte Öffentlichkeitsarbeit vor, um Aufklärung zu leisten und zu vermitteln, warum Bäume so wichtig sind.

    Zum Schutz der Bevölkerung

    Dr. Susann Freiburg, die Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, fußte mit ihrer Argumentation auf dem bayerischen Naturschutzgesetz. Sie lobte die Tatsache, dass es beispielsweise in Kronach dank einer Baumschutzverordnung mittlerweile viel mehr Grün im Stadtgebiet gebe, und dahingehend die Bemühungen der Stadt. „Das tut vor allem dem älteren Teil der Bevölkerung gut“, betonte sie. Grünbereiche, allen voran großkronige Bäume, seien Oasen der Erholung und gerade in Zeiten des Klimawandels wichtig für eine klimagerechte Stadtentwicklung. „Wie wollen wir Menschen schützen, wenn im Sommer ihr Kreislauf nicht mehr mitmacht? Die billigsten Klimaanlagen sind Bäume.“

    Ein Prachexemplar von einem Baum in der Kronacher Straße in Höhe des Forstamts.
    Ein Prachexemplar von einem Baum in der Kronacher Straße in Höhe des Forstamts. Foto: Markus Drossel

    Eine Baumschutzverordnung diene dem Schutz der Bevölkerung, weshalb „alle Kreisstädte um uns herum“ längst eine solche hätten. Nicht zuletzt helfe sie auch, die Attraktivität der Stadt beizubehalten und zu stärken. Ein „Bürokratiemonster“ konnte sie darin nicht erkennen: Mit einem Rechenbeispiel kam sie auf maximal 8000 Euro pro Jahr. „Ist das zu viel für ein gesundes Stadtklima?“, fragte sie. Das Geld, das durch Ausgleichszahlungen eingenommen werde, würden andere Städte nutzen, um Neupflanzungen vorzunehmen.

    Emmi Zeulner (CSU) wollte den veranschlagten Aufwand und die errechneten Kosten („reine Fiktion“) so nicht stehen lassen. Am Beispiel Litzendorf machte sie fest, dass man dort sehr unzufrieden mit der Baumschutzverordnung sei. Die Stadt im Allgemeinen und das Bauamt im Speziellen habe viele Pflichtaufgaben, die kaum noch zu bewältigen seien: „Das ist Bürokratie und nicht zielführend.“ Zeulner nannte die Baumschutzverordnung eine „zusätzliche Gängelung“. Besser wäre es, man würde sich mit Themen beschäftigen wie der Kindertagesstätte „Körbla“, bei dem die Luft im Sommer regelrecht stehe.

    Ein Beispiel an München nehmen

    Heike Kunzelmann (AfD) sprach von einem „rot-grünen Überwachungsstaat, der hier verankert werden soll“. Ein Ordnungsruf von Bürgermeister Andreas Hügerich blieb aus. Dagegen konterte Monika Faber (SPD), die Seniorenbeauftragte der Stadt, und verwies Kunzelmann als einzige energisch in die Schranken. Über Jahre habe sie an der Baumschutzverordnung mitgearbeitet, denn „die Stadt macht viel für den Schutz ihrer Bäume, kann aber in Bürgergärten und privaten Anlagen den Schutz der Bäume nicht gewährleisten.“

    Eine Baumschönheit am Ortsrand von Lahm.
    Eine Baumschönheit am Ortsrand von Lahm. Foto: Markus Drossel

    Großkronige Bäume wurden jede Menge Kohlendioxid aufnehmen, eine Neupflanzung brauche Jahrzehnte, bis sie das auch könne. Mit Blick in die Landeshauptstadt argumentierte sie: „Die Stadt München hat in der Nähe der Wiesn viele großkronige Bäume gepflanzt und gemessen: Dort senkte sich die Lufttemperatur um sieben bis acht Grad.“ Der Klimawandel sei da, mit allen Folgen. „Es ist unbequem, eine Baumschutzverordnung ins Leben zu rufen, aber wir müssen Mut haben und Denkanstöße geben.“

    Eingriff in die Privatsphäre?

    Während Dritter Bürgermeister Mathias Söllner und Dr. Christine Schmidt (beide Grüne) auch entsprechend argumentieren sollten, sah das Johannes Oppel (WLJ) komplett anders: Er brauche für seinen Privatgarten keine Baumschutzverordnung „und schon gar keine Grünen“. Es sei ein Eingriff in die Privatsphäre und in Privatangelegenheiten. Da zählte auch Schmidts Argument nicht, dass im Stadtgebiet in den vergangenen Jahren „massiv Bäume gefällt“ worden seien, was auch Monika Faber beobachtet hatte. Letztlich stimmten nur Siegbert Koch, Mathias Söllner, Dr. Susann Freiburg, Dr. Christine Schmidt und Monika Faber für eine Baumschutzverordnung. Alle anderen lehnten ab. „Aus voller Überzeugung, wie Emmi Zeulner es formulieren sollte.

    Im Stadtrat kurz notiert

    • Gibt es die Briefwahlunterlagen wirklich erst ab dem 10. Februar?“: Uwe Held (CSU) konnte das, was er in der Stadtverwaltung erfahren hatte, gar nicht glauben. Das sei sehr spät, womöglich zu spät für Leute, die in den Urlaub gingen und so eventuell nicht bis zum 23. Februar den neuen Bundestag wählen könnten. Wie Sebastian Müller, der Leiter der Hauptverwaltung, ausführte, könne man noch froh sein, wenn es bis zum 10. Februar klappe. „Wir sind darüber selbst sehr unglücklich“, betonte er. Allein, der Stadt seien die Hände gebunden.

    • In nichtöffentlicher Sitzung hatte der Stadtrat im Dezember die Bauleistungen für die Umsetzung des Breitbandausbaus nach der Bayerischen Gigabitrichtlinie vergeben. Den Zuschlag erhielt die Firma KLB Heilemann GmbH & Co. KG aus Schleusingen zum Angebotspreis von 3,8 Millionen Euro, aufgeteilt in drei Lose.

    Standpunkt: Am Ende bleiben Fragen

    Selbstbestimmtheit sollte da enden, wo die Gefährdung des Gemeinwohls anfängt. – Dass Bäume wichtig sind für das Stadtbild und eine zentrale Aufgabe erfüllen, bestritt keiner der Stadträtinnen und Stadträte in der jüngsten Sitzung. Dennoch wollte sich die überwältigende Mehrheit nicht dazu durchringen, die Bäume künftig besser zu schützen. Für den Zuhörenden war das nur bedingt schlüssig. Klar, man sollte die Bürgerinnen und Bürger tunlichst nicht unnötig entmündigen, sondern überall, wo möglich, auf Eigenverantwortung setzen.

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    Doch hätte eine Baumschutzverordnung die Einwohnerinnen und Einwohner wirklich in ihren grundlegenden Rechten beschnitten? Das bleibt anzuzweifeln. Vielmehr stellten sich andere Fragen: War es womöglich die falsche Partei, die diesen Antrag formuliert hatte? Dafür würde sprechen, dass die erklärenden Worte von Dr. Susann Freiburg von der ersten Silbe an von nicht wenigen augenscheinlich nur müde belächelt wurden. Es schien so, als hörte ihr lediglich die VdK-Kreisvorsitzende und Seniorenbeauftragte Monika Faber wirklich zu. Bei anderen im Gremium, so hatte es den Eindruck, fand sie keine Akzeptanz mit ihren Worten. Oder war es schlicht der falsche Zeitpunkt, da Klimaschutz in Deutschland derzeit keinen großen Stellenwert hat, wie nicht zuletzt der Bundestagswahlkampf dieser Tage deutlich zeigt? Die Stadt Lichtenfels wäre mit einer Baumschutzverordnung nicht Vorreiter gewesen, sondern hätte damit zu anderen Städten der Region aufgeschlossen, die eine solche längst haben. Wären die Erfahrungen damit so negativ, wie es immer wieder angebracht wurde, die dortigen Rätinnen und Räte hätten die Verordnung vermutlich schon längst wieder kassiert.                Markus Drossel

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