„Am 31. Juli geb' ich meine Schlüssel ab. Wie?s danach aussieht, darüber hab' ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Ich weiß nur, die Prioritäten ändern sich. Die Priorität Schule fällt weg. Dafür kommt jetzt als Priorität die Familie, die in der Schulleiter-Zeit viel mittragen musste“, sagt Thomas Kaiser vor einer Woche kurz vor dem Abschied im Interview mit dieser Redaktion.
Der Schulleiter der Privaten Wirtschaftsschule (PWS) in Lichtenfels trat am vergangenen Freitag nach 35 Jahren als Lehrer seinen verdienten Ruhestand an. 30 Jahre lang gestaltetet er maßgeblich das Schulleben an der PWS, 20 davon als stellvertretender Schulleiter zusammen mit seinem Vorgänger Arnold Waidmann und die restlichen Jahre als Schulleiter.
Der Unterfranke ist in der Korbstadt schnell heimisch geworden
Der Unterfranke aus der Gegend um Schweinfurt ist in der oberfränkischen Korbstadt Lichtenfels schnell heimisch geworden. An der Uni Bayreuth studierte er Wirtschaftswissenschaften und Sport für das Lehramt am Gymnasium. Ein Studium, das er um den Studiengang Sportmanagement erweiterte. Das Referendariat fürs zweite Staatsexamen verschlug ihn an die Seminarschule nach Regensburg und im Zweigschuleinsatz nach Kaufbeuren.
Danach teilte Thomas Kaiser das Schicksal vieler seiner Kollegen. Das Kultusministerium hatte die Zahl der Lehrkräfte, die damals in den bayerischen Schuldienst übernommen wurden zahlenmäßig, extrem eingeschränkt. Der junge Mann musste sich neu orientieren.
Tragischer Unfalltod beschafft dem damals 31-Jährigen den Job
Im Dezember 1984 verunglückte der damalige Schulleiter der Privaten Wirtschaftsschule, Johannes Wengert, bei einem Autounfall tödlich. Die Schule war dringend auf eine neue Wirtschaftslehrkraft angewiesen. Deshalb kam der damals 31-Jährige zum Schuljahr 1985/86 an die PWS Lichtenfels. Es war ein Schritt, den er nie bereut hat.
„Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann zieh ich das auch durch“, bekräftigt er. Konsequenterweise verlegte er seinen Wohnsitz zusammen mit seiner Ehefrau, die am Dientzenhofer Gymnasium in Bamberg unterrichtete, nach Lichtenfels. Er liebt diese Stadt auch auf Grund ihrer kurzen Wege und ihrer überschaubaren Größe.
Als ehemals aktiver Fußballer und Jugend-Trainer bei der SpVgg Bayreuth fand Thomas Kaiser rasch Anschluss beim FC Lichtenfels. Sein Credo als Trainer übertrug sich auch auf das Schulleben. „Ich wollte immer eine gute Truppe haben, die an einem Strang zieht. Wir sind eine Mannschaft. Und es kommt darauf an, die Leute da einzusetzen, wo sie gut aufgehoben sind.“
Das vergleichsweise kleine Kollegium mit rund 16 Lehrkräften erleichterte die Umsetzung dieses Konzepts. Das gute Miteinander und Untereinander zeigte sich recht deutlich an der freiwilligen Teilnahme der Kolleginnen und Kollegen am so genannten Freitagsstammtisch: Endlich wieder Wochenende, das musste gemeinsam gefeiert werden.
Viele Projekte angestoßen und umgesetzt
Viele Projekte hat Thomas Kaiser in seiner Zeit als Stellvertreter und ab 2010/2011 als Schulleiter angestoßen. Sie alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Porträts sprengen. Mit dazu gehören der Schullandheim-Aufenthalt der 7. Klassen, die Teilnahme am DHC-Berufswettkampf, das Erstellen einer Schülerzeitung oder Schul-Skikursen.
Seit 1990 nimmt die PWS am Landkreisfinale Fußball teil. Seit 1999 gibt es den „Christmas Cup“. Beim Projekt „Kunst an der Schule“ stellten verschiedene Künstler ihre Werke an der Schule aus. Die Erhaltung einer gesunden Umwelt lag ihm am Herzen, für technikorientierte Schülerinnen und Schüler organisierte er Fahrten zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) und zur Bauma (Weltleitmesse für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte). Mit der Gründung eines Fördervereins an der PWS ging ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung.
Im letzten Schuljahr seiner Amtszeit war er als Schulleiter Corona-bedingt nochmals extrem gefordert. Das betraf vor allem den Online-Unterricht. Sein Organisationstalent und die gute Zusammenarbeit wurden von allen Beteiligten hoch geschätzt.
Er wird mit Sicherheit nicht in ein „Loch fallen“
Auch wenn sich Thomas Kaiser über die Zeit seines Ruhestandes noch keine großen Gedanken gemacht hat, in das berühmte „Loch“ wird er mit Sicherheit nicht fallen. In Sachen Sport muss er zwar auf sein angeschlagenes Knie Rücksicht nehmen, aber er ist ja auch handwerklich begabt. Schließlich schlummert da noch im Schuppen eine alte Herkules K100, Baujahr 1960, aus der Jugendzeit. Die gilt es wieder flott zu machen.
„ Ich wollte immer eine gute Truppe haben, die an einem Strang zieht. Wir sind eine Mannschaft. Und es kommt darauf an, die Leute da einzusetzen, wo sie gut aufgehoben sind.“
Früher hat er auch gern gemalt, in den Techniken Aquarell und Kohle. Und da ist ja noch der große Garten; auch Radtouren in die Umgebung möchte er gemeinsam mit seiner Frau gern unternehmen.
Als technikbegeisterter Mensch verfolgt er auch mit großem Interesse die weitere Entwicklung des Digitaldrucks. Concept Laser aus Lichtenfels hat als Hersteller von 3D-Laser-Metalldruckern für industrielle Anwendungen in der Kirschbaummühle ein Bildungszentrum eingerichtet. Da möchte er ab und zu mal vorbeischauen.