Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Über das Glockenläuten am Obermain

LICHTENFELS

Über das Glockenläuten am Obermain

    • |
    • |
    Heute läuten elf Glocken in den Türmen der Basilika Vierzehnheiligen. Das Bild zeigt die Bernhards- und Benediktsglocke, die 2019 gegossen wurde. Sie trägt die Inschrift: „Heiliger Benedikt – was gibt es Schöneres als die Stimme des Herrn, die uns einlädt. Heiliger Bernhard – öffne das Ohr deines Herzens“.
    Heute läuten elf Glocken in den Türmen der Basilika Vierzehnheiligen. Das Bild zeigt die Bernhards- und Benediktsglocke, die 2019 gegossen wurde. Sie trägt die Inschrift: „Heiliger Benedikt – was gibt es Schöneres als die Stimme des Herrn, die uns einlädt. Heiliger Bernhard – öffne das Ohr deines Herzens“. Foto: Ben Schröder

    Das tägliche Läuten der Kirchenglocken gehört in vielen Ortschaften am Obermain ganz selbstverständlich zum Tagesablauf. Manchmal nimmt man es schon gar nicht mehr bewusst wahr, weil es den normalen Alltag prägt. Doch warum läuten eigentlich mehrmals am Tag die Glocken? Und welchen Hintergrund hat es, dass zum christlichen Gottesdienst überhaupt mit Glocken geläutet wird?

    Tatsächlich findet sich schon im Judentum der Brauch, dass man den Gottesdienst in alttestamentlicher Zeit mit Glöckchen untermalt hat. So heißt es schon im Psalm 150: „Lobt ihn mit tönenden Zimbeln, lobt ihn mit schallenden Zimbeln!“ Aus diesem Lobpreis auf Gott lässt sich eine damals gängige Gottesdienstpraxis ableiten. Und sogar am Gewand des Hohepriesters fanden sich kleine Glöckchen befestigt, die erklangen, wenn der Priester den Dienst am Tempel vollzog.

    Christentum hat Tradition von den Juden übernommen

    Im Christentum wurde diese Praxis übernommen. Wenn im christlichen Gottesdienst die Psalmen gesungen wurden, ließ man dazu Glöckchen erschallen. Schon bei Hippolyt von Rom im 2. Jahrhundert heißt es, dass mit einem Glockenzeichen der Beginn eines Psalmgesangs angekündigt wird. In der Zeit der frühen Kirche wurde die Symbolik der Glocke von verschiedenen Kirchenvätern erörtert.

    Schon der Mönchsvater Antonius trug eine Glocke bei sich, um mit ihrem Klang die Dämonen zu vertreiben. Und im aufkommenden Mönchtum übernahm man das Läuten der Glocke, um damit bestimmte Ereignisse im Tagesablauf anzukündigen. Mit den keltischen Missionaren, die ab dem 5. Jahrhundert den christlichen Glauben bei uns in Europa verkündeten, wurde die Glocke auch bei uns zum gängigen Instrument im Gottesdienst.

    Eine sehr alte Glocke, die noch aus der Frühzeit des Glockengusses stammt, läutet im Bamberger Dom: Es ist die Kunigundenglocke, die wohl zwischen 1185 und 1235 gegossen wurde. Bevor das Läutwerk elektrifiziert wurde, waren sechs Personen notwendig, um diese Glocke zu läuten. Etwas jünger ist übrigens die zweitgrößte Glocke des Domes: Die Heinrichsglocke wurde am 13. August 1311 gegossen.

    Dreimal am Tag erklingt das „Gebetläuten“

    In vielen katholischen Orten am Obermain läuten die Glocken mindestens dreimal am Tag: Früh, mittags und abends. Es ist das sogenannte „Gebetläuten“. Damit wird an die Praxis erinnert, dreimal am Tag den „Angelus“, also den „Engel des Herrn“ zu beten. Mit diesem kleinen Gebet wird an die Verkündigung Mariens und die Menschwerdung Gottes erinnert. Diese Tradition setzte sich schon ab dem 15. Jahrhundert durch und ist somit sehr alt.

    Die Zeiten, zu denen zum „Engel des Herrn“ geläutet wird, sind von Ort zu Ort unterschiedlich. Meistens wird früh um sechs oder sieben Uhr geläutet und abends um sechs, sieben oder acht Uhr. Allein das Mittagsläuten ist überall um zwölf Uhr gleich. In früheren Zeiten war das Abendläuten auch das Signal, nach Hause zu kommen.

    Man muss bedenken, dass die Leute früher noch keine Armbanduhren besaßen und der Uhrschlag der Kirchenturmuhr meist der einzige Zeitmesser war. Deswegen kann der Zeitpunkt des Abendläutens auch von Jahreszeit zu Jahreszeit variieren; im Winter wird es früher dunkel als im Sommer. In Mistelfeld zum Beispiel läuten die Glocken von November bis Dezember um sechs Uhr, im März und Oktober um sieben Uhr und von April bis September um acht Uhr.

    Am bekanntesten ist das Zwölf-Uhr-Läuten

    Am bekanntesten ist natürlich das Zwölf-Uhr-Läuten, das am Sonntagmittag sogar im Radio auf Bayern1 aus unterschiedlichen Orten Bayerns übertragen wird. Schon die Glocken der Redwitzer St. Michaelskirche oder der Kirche St. Martin in Döringstadt waren hier zu hören.

    Das Abendläuten dauert meist auch länger: Nach dem regulären „Gebetläuten“ wird noch einmal die kleinste Glocke geläutet. Das sogenannte „Nachläuten“ ist der Aufruf zum Gebet für die Verstorbenen, mit dem man allabendlich jener Menschen gedenken soll, die bereits verschieden sind.

    In manchen Orten im Lichtenfelser Land wird auch um 11 Uhr bereits geläutet. Oft hat sich hierfür die Erklärung eingebürgert, es sei ein Zeichen zum Mittagessen. In vielen Dörfern hat man ja in früheren Zeiten bereits um Elf gegessen. Andernorts heißt es, es hat um elf Uhr geläutet, damit die Bauern rechtzeitig um Zwölf daheim sein konnten. Häufig waren sie draußen auf den Feldern und Äckern und mussten erst ins Dorf zurücklaufen.

    Im Jahr 1938 wurden drei neue Glocken für die Pfarrkirche St. Andreas in Mistelfeld angeschafft. Es handelt sich um Stahlglocken, die vom Bochumer Verein gegossen wurden. Bemerkenswert ist, dass noch im unmittelbaren Vorfeld des Zweiten Weltkriegs ein neues Geläut in Auftrag gegeben werden konnte.
    Im Jahr 1938 wurden drei neue Glocken für die Pfarrkirche St. Andreas in Mistelfeld angeschafft. Es handelt sich um Stahlglocken, die vom Bochumer Verein gegossen wurden. Bemerkenswert ist, dass noch im unmittelbaren Vorfeld des Zweiten Weltkriegs ein neues Geläut in Auftrag gegeben werden konnte. Foto: Fabian Brand

    Aber ursprünglich hat auch das „Efla-Läuten“ einen christlichen Hintergrund: Als das türkische Heer in der Mitte des 15. Jahrhunderts das christliche Abendland bedrohte, rief Papst Calixtus III. dazu auf, mittags die Kirchenglocken zu läuten. Die Gläubigen sollten beten, dass die Ungarn die Osmanen besiegen. Nachdem das osmanische Heer auch weiterhin Europa bedrohte, behielt man diese Tradition des Mittagsläutens bei.

    Wieso am Freitag um 15 Uhr geläutet wird

    In manchen Orten wird am Freitag um 15 Uhr geläutet; die Glocken erinnern an die Todesstunde Jesu, der gemäß der Evangelien am Karfreitag um drei Uhr gestorben ist. Traditionell läuten die Glocken auch am Samstag um 14 Uhr: Das Einläuten des Sonntags ist der Hinweis, dass jetzt der Ruhetag beginnt und alle Arbeit bis dahin erledigt sein muss. Vielerorts werden auch die Feiertage mit einem Einläuten am Vortag begrüßt.

    Das größte Geläut am Obermain finden wir in der Basilika Vierzehnheiligen: Ganze elf Glocken hängen in den beiden Türmen und werden zu unterschiedlichen Anlässen geläutet. Während die ältesten beiden Glocken 1869 bei Lotter in Bamberg gegossen wurden, stammen die jüngsten sechs Glocken aus der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen im Neckar-Odenwald-Kreis.

    Die Glocke aus dem Jahr 1448 stammte ursprünglich aus Mistelfeld und läutet seit 1938 in Lettenreuth. Sie stammt aus der Werkstatt des Nürnbergers Conrad Gnoczhamer.
    Die Glocke aus dem Jahr 1448 stammte ursprünglich aus Mistelfeld und läutet seit 1938 in Lettenreuth. Sie stammt aus der Werkstatt des Nürnbergers Conrad Gnoczhamer. Foto: Fabian Brand

    Noch mancher Leser wird sich an das Jahr 2019 erinnern, als die neuen Glocken in der Basilika ankamen, von Erzbischof Ludwig Schick geweiht wurden und schließlich am Abend des 23. November erstmals hinaus in den Gottesgarten läuteten.

    Glocken aus Kloster Banz läuten in Eisfeld

    Der Volksmund weiß übrigens zu berichten, dass die Glocken von Vierzehnheiligen „Sammet und seiden“ rufen. Die Glocken aus dem thüringischen Eisfeld hingegen rufen „Ich will haam! Ich will haam!“ Im Dreißigjährigen Krieg wurden aus dem Kloster Banz von schwedischen Truppen zwei Glocken geraubt; diese wurden an die Stadt Eisfeld verkauft und läuten dort bis heute im Turm der Dreifaltigkeitskirche.

    Eine der älteren Glocken am Obermain hängt übrigens in Lettenreuth: Die große Glocke stammt aus dem Jahr 1448 und wurde von der Pfarrei Mistelfeld erworben. Ebenfalls sehr alt sind die beiden kleinsten Glocken der evangelischen Kirche in Obristfeld; sie stammen aus dem 16. Jahrhundert.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden