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LICHTENFELS: Unterkünfte für Geflüchtete: Landrat räumt mit Gerüchten auf

LICHTENFELS

Unterkünfte für Geflüchtete: Landrat räumt mit Gerüchten auf

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    iWie agiert die Kreisbehörde in Lichtenfels, wenn Geflüchtete untergebracht werden müssen? Wo sind die Grenzen der Zuständigkeit? Landrat Christian Meißner nahm sich innerhalb der Kreisausschuss-Sitzung Zeit, um Klarheit zu schaffen.
    iWie agiert die Kreisbehörde in Lichtenfels, wenn Geflüchtete untergebracht werden müssen? Wo sind die Grenzen der Zuständigkeit? Landrat Christian Meißner nahm sich innerhalb der Kreisausschuss-Sitzung Zeit, um Klarheit zu schaffen. Foto: Uli Deck

    Ihm sei fälschlicherweise zugetragen worden, dass das alte Klinikum ein ANKER-Zentrum werde, was nicht stimme. Auch um die Notunterkunft in Schney wurden vor einiger Zeit Gerüchte laut. Unter anderem deshalb hat Landrat Christian Meißner die jüngste Zusammenkunft der Kreisausschuss-Mitglieder genutzt, um mithilfe von Pressesprecher Andreas Grosch einmal darzustellen, welche Pflichten der Landkreis bei der Aufnahme von Geflüchteten hat und in welchen Dimensionen man sich derzeit bewege. Das sei auch nötig geworden, weil zuvor mehrmals aufgefallen war, das Begriffe wie „Asylbewerber“, „Flüchtling“ und „anerkannter Asylbewerber“ in den Ausschüssen verwechselt wurden.

    Austausch hat stattgefunden

    Er habe sich bereits mit den Vertretern der Interessengemeinschaft Schney zusammen gesetzt und einiges klären können, so Meißner. Dort befindet sich gerade eine Container-Unterkunft im zweiten Bauabschnitt.

    Mit Hilfe einer PowerPoint-Präsentation zeigte er die verschiedenen Aufgaben des Kreises und betonte, was ihm wichtig ist: Die Kreisbehörde handle nach staatlichen Vorgaben. Seiner Meinung nach sollte die folgende Vorstellung, wie der Kreis diesen Vorgaben nachkommt, frei von politischen Debatten bleiben.

    Im Anschluss erklärte Andreas Grosch zunächst Grundlegendes. Die Kreisbehörde sei etwa zuständig für die Leistungen und Unterbringung der Geflüchteten. Asylbewerber seien grundsätzlich alle Flüchtlinge, die sich in einem laufenden Asylverfahren befinden. Sie müssen in staatlichen Unterkünften, also einem ANKER-Zentrum und anschließend entweder in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) oder einer dezentralen Unterkunft (dzU) wohnen, solange das Asylverfahren läuft. Die Gemeinschaftsunterkünfte werden durch die Regierungen betrieben. Im Landkreis Lichtenfels finden sich solche in Weismain und in Lichtenfels.

    Es gebe allerdings bestimmte Ausnahmen, die Asylbewerber von der Pflicht entbinden, in diesen Unterkünften zu bleiben. Die Zentrale Ausländerbehörde der Regierung von Oberfranken bewillige derlei Anträge etwa, wenn eine gute Bleibeperspektive vorliegt oder die Antragsteller einer Arbeit nachgehen.

    Rechtskreiswechsel findet statt

    Wie Pressesprecher Grosch ausführte, komme es aber vor, dass Geflüchtete auch nach Abschluss ihres positiven Asylverfahrens noch in den dezentralen Unterkünften oder Gemeinschaftsunterkünften bleiben.

    Warum ist das so? „Sobald das Asylverfahren beendet ist, müsste der Asylbewerber aus der dzU oder GU ausziehen, da der Asylbewerber nun den Status ,anerkannter Asylbewerber‘ hat und somit ein Rechtskreiswechsel stattfindet.“ Dann erhalten die Bleibeberechtigten keine Leistungen mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern nach SGB II (Bürgergeld) beziehungsweise SGB XII (Sozialhilfe).

    Die anerkannten Asylbewerberinnen und Asylbewerber müssten sich also ab diesem Zeitpunkt selbst um Wohnraum kümmern. Gelingt dies nicht, sei dann die Kommune im Rahmen der Obdachlosenunterbringung zuständig.

    Ausnahmen kommen vor

    Allerdings dulde der Freistaat Bayern diese „Fehlbeleger“ aufgrund der angespannten Situation am Wohnungsmarkt seit 2014 als freiwillige Leistung in den staatlichen Asylunterkünften. Landrat Meißner brachte dahingehend das Dilemma auf den Punkt: Würde der Landkreis dies streng durchsetzen und diese Personen „vor die Tür“ setzen, gelten sie als „obdachlos“ und würden in die Zuständigkeit der jeweiligen Stadt, Marktgemeinde oder Gemeinde fallen. Ihr Anteil mache in den dezentralen Unterkünften derzeit knapp ein Viertel aus, in den Gemeinschaftsunterkünften etwas weniger als das. In Zahlen sind es 207. „Man muss hier immer wieder zwischen der Kapazität der Unterkünfte und dem Status ,obdachlos‘ abwägen.“

    Somit sei der Landkreis durch diese „Fehlbelegerproblematik“ also gezwungen immer neue Unterkunftsplätze zu schaffen, da diese nicht durch Auszug frei werden. Natürlich werde aber auf der anderen Seite mit den Bürgermeistern und Verwaltungen das Gespräch gesucht, um entsprechend Wohnraum zu finden, fassten Grosch und Meißner zusammen.

    Keinen Einfluss habe der Landkreis auf anerkannte Asylbewerber in Privatwohnungen sowie auf Geflüchtete aus der Ukraine. Diese unterliegen nicht der sogenannten Residenzpflicht und haben dementsprechend freie Wohnraumwahl.

    Nur Momentaufnahmen

    Es wurde außerdem betont, dass es sich bei den Zahlen von Asylbewerbern, anerkannten Asylbewerbern und Flüchtlingen immer nur um Momentaufnahmen handle. Die Gründe seien die Genehmigung von Asylanträgen, Abschiebungen, Neuzuweisungen, Umzüge in Privatwohnungen oder Wegzug aus dem Landkreis Lichtenfels. Lebten etwa in der GU Weismain Anfang November 2023 226 Geflüchtete, befanden sich im Februar 2024 186 Menschen dort.

    Die Auswertung des Bayerischen Landesamts für Statistik, die Grosch mit den Kreisräten durchging, zeigte außerdem den Anteil staatlich und privat untergebrachter Asylbewerber in den Städten und Gemeinden an der Gesamtbevölkerung. Während bei einer Vollbelegung der Unterkunft die Quote in Weismain bei 4,9 Prozent liegt, befindet sich etwa Bad Staffelstein noch unter der 0,5 Prozentmarke. Der Landkreis liegt im Gesamten noch knapp unter dem 1,5-Prozentbereich.

    Angebote notwendig

    Stand 8. Mai 2024 sind in Zahlen 966 Asylbewerber in 39 dezentralen Unterkünften sowie Privatwohnungen und zwei Gemeinschaftsunterkünften wohnhaft. Auch hier wurde deutlich, dass in Weismain (194; GU, Privatwohnungen), Lichtenfels (391; dzU, GU und Privatwohnungen) und Burgkunstadt (142; dzU und Privatwohnungen) der Anteil am höchsten ist. „Aber dort gibt es auch viel Wohnraum“, so Meißner.

    Dass im südlichen Landkreis Städte und Gemeinden Wohnraum aufweisen, stritt der Landrat nicht ab. Dem Vorurteil einer gewollten ungleichen Verteilung trat Meißner entgegen:

    Es komme auf die Angebote für mögliche Unterkünfte an, die herangetragen werden. Er betonte, dass beispielsweise aus Bad Staffelstein derzeit keine Angebote kommen. Die Kreisbehörde sei nicht wählerisch: „Es ist in keinem Fall so, und das sage ich in aller Deutlichkeit, dass wir sagen, nach Bad Staffelstein soll niemand ziehen, weil dort die Therme ist. Oder nicht nach Ebensfeld, weil es der südliche Landkreis ist, oder dass alle in den östlichen Landkreis ziehen sollen. Wir organisieren dort dezentrale Unterkünfte, wo sie uns angeboten werden.“

    Keine Auslastung erwartet

    Hinsichtlich der Unterkunft in Schney erklärte Meißner mit Nachdruck, dass dort nicht geplant sei, die Bleibe in nächster Zeit voll zu belegen. Er erklärte, dass auf Anweisung des Bayerischen Innenministeriums und aufgrund der Landkreisgröße 100 Plätze für absolute Notsituationen zur gesichert sein sollen.

    Er bezeichnete den Standort daher als „Not-Not-Not-Unterkunft“, die es im Ausnahmefall brauche, damit man nicht wieder auf Turnhallen zurückgreifen müsse. Auch der andere Teil der Schneyer Unterkunft sei nur für Zeiten vorbehalten, in denen es in den dezentralen Unterkünften vorübergehend keine Plätze mehr gebe. Auch dies sei derzeit nicht der Fall. Im Allgemeinen sei der Zulauf aktuell ruhiger und das ANKER-Zentrum nicht überbelegt.

    Letztlich wurde zusammengefasst auf welche Faktoren der Bevölkerungsentwicklung der Landkreis keinen Einfluss hat. Darunter fallen Asylbewerber, Baulandpreise (Nord-Süd-Gefälle im Landkreis), Entwicklung der Weltwirtschaft, Zinsen, Inflation, Kinderbetreuung sowie Grund- und Mittelschulen.

    Politische Debatte bleibt nicht aus Nachdem sich Landrat und Pressesprecher unter dem Punkt „Sonstiges“ im Kreisausschuss die Zeit genommen und verschiedene Begriffe des Asylrechts erläutert hatten, folgten dazu einige Wortmeldungen aus dem Gremium. Zuvor betonte Landrat Meißner zwar, dass politische Debatten seiner Meinung nach nicht angebracht seien, da die Asylpolitik der Bundesregierung obliegt und das Landratsamt Lichtenfels mit der Erfüllung deren Vorgaben seinen zugewiesenen Aufgaben nachkommt. Dennoch merkte Heike Kunzelmann (AfD) nach der Präsentation an, dass sie zwar verstehe, dass der Kreis dieser Aufgabe nachkommen müsse. Dennoch halte sie es für notwendig, dass die Landkreise Einfluss nehmen, beispielsweise während des Landkreistags. Die derzeitige Situation bezeichnete sie als „tickende Zeitbombe“. Landrat Meißner erklärte daraufhin, dass die Verwaltung mit den Pflichten rund um die Aufnahme und Verteilung der Geflüchteten, je nach Zuzug, an ihre Grenzen gerate und auch mit der Auslastung von Schulen und Horten gefordert ist. Unterkünfte und Verteilung sorgen oftmals für Aufregung. Auf eine Debatte hinsichtlich der Flüchtlingspolitik des Bundes ging er im Folgenden aber nicht ein, sondern betonte: „Ich gehe meinen Aufgaben nach.“ Kreisrätin Dr. Susann Freiburg (Bündnis 90/Die Grünen) positionierte sich anschließend gegen „Ausländer-Bashing“. Sie erinnerte an den nicht abzustreitenden Bevölkerungsrückgang. Sie führte aus, dass man sehr wohl Menschen brauche, die ins Land kommen. Sonst würde es beispielsweise für das Gesundheitswesen, das Transportgewerbe, die Gastronomie und das Reinigungsgewerbe in Zukunft schlecht aussehen. (jak)

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