45 Jahre in einem Unternehmen – das ist heutzutage nicht mehr alltäglich. Auch in der Gutmann Factory nicht, in der es viele langjährige Beschäftigte gibt.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1867 ist die Firma inhabergeführt, die Atmosphäre familiär. Katrin Fischer-Gehring, die zur jüngsten Generation in der Geschäftsführung gehört, schwärmt geradezu vom großen Zusammenhalt im Unternehmen. Und so legt sie auch Wert auf die Feststellung, dass mit Eugen Eder nicht nur ein Urgestein der Firma für seine langjährige Betriebszugehörigkeit geehrt wurde, sondern auch ein Freund.
45 Jahre – in dieser Zeit hat sich Eder vom Lastwagenfahrer zum Disponenten hochgearbeitet. Heute leitet er das Lager am Standort Wolfsloch. Bei seiner Ehrung dachte er zurück an die Zeiten, als der Samstag zwar noch ein Arbeitstag war, aber doch irgendwie anders: Da wurden regelmäßig Bratwürste für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegrillt. Dann wurden die Rattan-Möbel rausgeholt und Inhaber und Beschäftigte saßen im Hof zusammen.
Rattan-Möbel von Gutmann
Rattan-Möbel: Damit verbinden viele in der Region noch heute den Namen „Gutmann“. Gegründet hat den Betrieb Emanuel Gutmann als „Korbwaren-Manufaktur“ in Redwitz. Das erste Firmengebäude befand sich dort, wo heute das Bürgerhaus steht.

Seit damals hat sich die heutige „Gutmann Factory“ einige Male neu erfunden. Wurden hier erst noch Rattanmöbel produziert, so verlegte sich das Unternehmen später auf deren Import und erweiterte das Sortiment schließlich um Polster- und Massivholzmöbel. Heute findet man hier kaum noch etwas aus Rattan.
Das Unternehmen betätigt sich als Großhändler hauptsächlich für Anbieter in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sein Hauptgeschäft macht es mit Logistik und Design. Die Produzenten sitzen vor allem in Osteuropa und Asien.
Vom Teppich bis zur Lampe
„Wir sind flächendeckend in fast allen Möbelhäusern vertreten“, betont Katrin Fischer-Gehring. Die „Ludwig Gutmann GmbH & Co. KG“ hat sich auf Komplettlösungen verlegt: Bis auf Küche und Bad könnte sie jedes Zimmer einrichten – vom Teppich über die Möbel bis zu Lampen und Vorhängen. Und zwar in den verschiedensten Stilen. „Wir sind sehr schnell im Erfassen von Trends“, sagt Marketingleiter Matthias Schäfferlein stolz.

In den Showrooms des Unternehmens sind ganze Wohnkojen aufgebaut, die die Möbelhäuser eins zu eins übernehmen können. „Was wir jetzt zeigen, steht im Herbst im Handel“, erklärt Fischer-Gehring. Dort sind dann die Design-Vorschläge aus dem Hause Gutmann für jeden zu sehen. Der Zutritt zu den Showrooms bleibt den Einkäufern der Möbelhäuser vorbehalten.
„Wir sind flächendeckend in fast allen Möbelhäusern vertreten.“
Katrin Fischer-Gehring, Mitglied der Geschäftsführung
Es sind mittlerweile zwei Showrooms: 2001 wurde der erste in Hochstadt in einem aufwändig restaurierten Industriedenkmal direkt am Main eröffnet. 2017 kam der zweite in Wolfsloch hinzu, wo das Unternehmen die Immobilien der ehemaligen Machalke Polsterwerkstätten gekauft hat. Hier stehen nun etwa 20.000 Quadratmeter für Logistik und eben weitere Showflächen zur Verfügung. Hier entstehen auch die digitalen 3D-Präsentationen, die das Unternehmen seit der Corona-Pandemie produziert.
Und hier ist seit Herbst 2023 der Werksverkauf untergebracht, in dem Einzelstücke aus den Ausstellungen, Messeware, Restposten, Fotomuster und Zweite-Wahl-Möbel angeboten werden. Jeden Freitag von 12 bis 16 Uhr und Samstag von 10 bis 16 Uhr können Privatkunden zum Shoppen kommen.
Redwitz, dem „Geburtsort“ sozusagen, hält das Unternehmen weiterhin die Treue. 1990 ist die Verwaltung ins dortige Industriegebiet umgezogen, auch ein großer Teil der Logistik befindet sich dort. Katrin Fischer-Gehring erinnert sich noch, wie die Firmengebäude in Redwitz komplett abbrannten. Der Wiederaufbau wurde zusammen mit den Beschäftigten bewerkstelligt, im Winter wurde unter Zelten weitergearbeitet. Das schweißt zusammen. „Viele aus dieser Zeit sind noch im Unternehmen, auch wenn sie eigentlich schon im Rentenalter wären. Sie arbeiten noch in Teilzeit mit.“

Auch Eugen Eder könnte schon seit drei Jahren seinen Ruhestand genießen. „Mir macht der Job Spaß, ich mache ihn gerne, und er fordert mich auch“, erklärt er seine Motivation weiterzumachen. Zumal er sich im Betrieb wohlfühle: „Jeder kennt jeden, jeder ist mit jedem per Du.“
Fachkräftemangel und Inflation
Vielleicht auch ein Grund, warum Fischer-Gehring zum Fachkräftemangel sagt: „Wir kommen durch.“ Natürlich, der Mangel an Lastwagenfahrern und IT-Fachleuten sei auch bei Gutmann ein Thema. Aber es gebe mittlerweile wieder mehr Bewerbungen.
Insgesamt arbeiten heute etwa 100 Männer und Frauen in dem Unternehmen. Gutmann hat den Wandel in der Möbelbranche überstanden, indem die Firma sich vom Produzenten zum Händler weiterentwickelt hat. Schäfferlein zitiert dazu Friedrich Schiller: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ So ist die Gutmann Factory nach eigenem Bekunden auch gut durch die Inflation gekommen: „Wir dürfen nicht jammern“, sagt Fischer-Gehring. „Wir haben in den letzten Monaten Gas gegeben. Die Auftragsbücher sind voll.“
Etwas zurückgeben
Dass es dem Unternehmen gut geht, macht die Inhaberfamilie nicht nur stolz. Sondern es hat auch den Wunsch geweckt, etwas zurückzugeben. Daraus entstanden ist die Zusammenarbeit mit der Peter Maffay Stiftung, die traumatisierten, chronisch kranken oder behinderten Kindern eine Auszeit aus dem Alltag ermöglicht. „Peter Maffay ist inzwischen auch ein Freund der Familie“, freut sich Katrin Fischer-Gehring. Zusammen mit ihm und seiner Frau ist eine Möbelkollektion entstanden: Ein Teil des Verkaufs geht an die Stiftung.

„Das war das erste Mal, das wir so eine Charity-Geschichte gemacht haben“, sagt Fischer-Gehring. „Seitdem machen wir das öfter.“ Während der Corona-Pandemie habe das Unternehmen 15 Beatmungsgeräte für indische Krankenhäuser gespendet. Und als Russland 2022 den Krieg auf die ganze Ukraine ausweitete, organisierte der Logistiker Hilfstransporte in das überfallene Land. Etwas Gutes zu tun, sagt Katrin Fischer-Gehring, „gibt uns ein gutes Gefühl“.