Hans-Josef Stich ist Werkleiter der Obermain Therme. Die Therme war stets eine Erfolgsgeschichte – bis die Pandemie kam. Warum Stich selbst im Lockdown die Hoffnung nicht verliert.
„Das Jahr 2020 begann mit einem Glas Champagner. Es ging nicht nur darum, das neue Jahr einzuläuten, sondern auch darum, auf über 800 000 Besucher in der Obermain Therme anzustoßen. Ich bin jemand, der sich nicht so ausgelassen freuen kann, da ich immer gleich wieder die neuen Herausforderungen sehe. Aber damals war ich richtig stolz auf das, was das Team ,Obermain Therme‘ geschafft hat.
Schreckensmeldungen in den Medien
Und 2020 ging auch richtig gut los, bis Mitte März konnten wir sogar noch einen Schnaps auf die hervorragenden Zahlen des Vorjahres draufsetzen. Aber dann kam das Corona-Virus auch bei uns in Deutschland richtig an, und die Besucherzahlen gingen mit jeder neuen Schreckensmeldung in den Medien zurück.
Dass es einen Lockdown geben würde, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Aber es kam, wie es kommen musste. Die Obermain Therme musste schließen. Es war einfach nur frustrierend, die leeren Becken und die traurigen Augen der Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Aber Kopf hoch, wir bekommen das schon hin. Obwohl ich nicht wusste, wie es weitergehen wird, haben wir die Zeit genutzt, viel Geld in die Hand genommen und Sanierungen vorgenommen, die sowieso angestanden hätten.
120 Tage dauerte die Schließung an. 120 Tage zwischen Hoffen und Bangen. Dann war endlich wieder Licht im Tunnel, aber es gab erst Mal jede Menge zu tun.
Ein umfangreiches Hygienekonzept steht
Die Vorgaben kamen mal wieder extrem kurzfristig, und erst als die Rahmenbedingungen standen, konnten wir die Umsetzung angehen. Unser globales Hygienekonzept umfasst über 30 Seiten, hinzu kommen noch die abteilungsspezifischen Konzepte.

Weit über 100 Seiten Papier, aber damit ist es natürlich nicht getan. Die Konzepte müssen auch umgesetzt und von den Mitarbeitern gelebt werden. Aber endlich ging es wieder los, und der Zuspruch der Gäste lag weit über meinen Prognosen. Die Freude bei mir und den Mitarbeitern war groß, und die Hoffnung da, einigermaßen gut durch diese Krise zu kommen.
Die tägliche Arbeit war alles andere als einfach. Gerade in der Aufsicht mussten wir ständig mit Gästen diskutieren, die sich nicht an die Regelungen halten wollten. Erschwerend kam noch hinzu, dass jedes Bundesland den Bäderbetrieb anders regelt und viele Gäste nicht einsehen wollten, dass gewisse Vorgaben keine Erfindung der Obermain Therme sind, sondern in Bayern eben anders geregelt wurden.
Zwiebelnetze als Mund-Nasen-Schutz
Man merkte bei einigen Gästen eine ständig steigende Aggressivität, und oft gingen die Diskussionen an die Substanz. Man erlebte auch Dinge, die man sich vor Corona nicht hätte vorstellen können. Zwiebelnetze als Mund-Nasenschutz, selbst geschriebene Atteste. Gäste, die bereits im Eingangsbereich mit Bademantel erschienen … Bei allen Problemen bleibt aber festzuhalten, dass der allergrößte Teil unserer Gäste sehr diszipliniert war und sich genauso wie wir über die Wiedereröffnung gefreut hat.

Nun mussten wir wieder schließen. Ein bisschen Übung haben wir ja inzwischen. Unsere Verbände und die hinzugezogenen Experten betonen, dass Bäder relativ sichere Orte sind, und die Ansteckungsgefahr nicht höher ist als anderswo. Durch die Chlorung in den Becken, die hohe Temperatur in den Saunen, die Lüftungsanlagen und die sehr intensiven Hygienemaßnahmen ist die Ansteckungsgefahr wahrscheinlich sogar niedriger als in vielen anderen Bereichen. Aber wir haben es nicht in unseren Händen.
Die Becken stehen gefüllt bereit
Diesmal machen wir es anders. Das Wasser bleibt in den Becken und wird weiter aufbereitet. Dies geschieht in der Hoffnung, dass wir Anfang Dezember wieder durchstarten können. Ich bleibe optimistisch, und ich bin dabei, mir zu überlegen, was ich trinken werde, wenn die Pandemie besiegt ist. Mineralwasser wird es voraussichtlich nicht sein, und ich bin sicher, dass ich mich dann ausgelassen freuen werde. Wann dies sein wird, kann ich noch nicht vorhersehen, aber ich weiß, dass es sein wird.“