In Mistelfeld hat man in früheren Zeiten am 30. November groß gefeiert: Es ist der Festtag des heiligen Andreas, des Patrons der dortigen Pfarrkirche.
Wie andernorts am Patronatsfest auch, gab es zum Mittagessen meist ein großes Menü: Als Vorspeise reichte man meiste eine Leberklößsuppe oder gekochtes Suppenfleisch, zum Hauptgericht gab es eine gebratene Gans, und „versoffene Jungfern“ waren eine beliebte Nachspeise. Wie zur Kerwa oder an Weihnachten wurde das Fest des Kirchenpatrons in den ansonsten sparsamen Korbmacherfamilien groß begangen.
Evangelium in der heutigen Türkei verkündet
Der Apostel Andreas arbeitet als Fischer zusammen mit seinem Bruder Simon am See Genesareth. Dort wurden beide in die Nachfolge Jesu berufen. Nachdem Jesus gestorben und auferstanden war, soll Andreas das Evangelium in der heutigen Türkei verkündet haben. Manche Gegenden erzählen sogar, er sei bis nach Ostanatolien und Georgien gekommen.
Zur Zeit des römischen Kaisers Nero wurde Andreas in der griechischen Hafenstadt Patras gekreuzigt. Die Legende berichtet, dass der Apostel an einem Kreuz mit schrägen Balken hingerichtet wurde. Noch heute finden sich solche Andreaskreuze an den Bahnübergängen. Überliefert ist, Andreas sei am 30. November gestorben, weshalb dieser Tag seinem Andenken gewidmet ist.
Seit Alters her hat die Andreasnacht eine große Bedeutung: Sie wird gern dazu genutzt, um die Zukunft zu befragen. Es heißt, man kann in ihr in Träumen etwas über die Zukunft erfahren.
Wieso sich die Mädchen im Kreis aufstellten
Auch im Lichtenfelser Land mag es einst ein in Oberfranken verbreitetes Brauchtum gegeben haben: Zur mitternächtlichen Stunde gehen die Dorfschönen an einen Kirschbaum und schütteln ihn. Aus der Richtung, aus der danach der erste Laut, zum Beispiel das Bellen eines Hundes zu hören ist, soll der Zukünftige zu erwarten sein. Ein anderer Brauch sah so aus: Die Mädchen stellten sich in einem Kreis auf, in dessen Mitte eine Gans gebracht wurde. Das Mädchen, an dessen Schürze die Gans zuerst zog, wird bald Braut werden.
Vor dem Zubettgehen muss man dreimal gegen das Bett treten und dabei folgenden Vers aufsagen:
„Bettbrett, ich tret dich,
Heiliger Andreas, ich bitt dich:
Lass mir heut Nacht erscheinen
Den Herzallerliebsten meinen,
Zeige mir an
Meinen zukünftigen Mann;
Kommt er nur mit Wasser,
So will ich ihn lassen,
Kommt er mit Wein,
So soll er mein eigen sein!“
Um Mitternacht werfen die Mädchen rückwärts einen Pantoffel gegen die Tür. Zeigt die Spitze zum Eingang, so werden die Mädchen nicht mehr lange zuhause sein, da sie bald schon ein Bräutigam aufsuchen wird.
Um Mitternacht am Zwetschgenbaum gerüttelt
Solche Bräuche wurden vor allem von ledigen Mädchen gepflegt, weshalb sich hier die unterschiedlichsten Varianten entwickelt haben. Neugierige Mädchen, so heißt es, gehen in der Andreasnacht zu einem Zwetschgenbaum, schütteln diesen um Mitternacht und sprechen:
„Baum ich schüttel dich,
Andreas ich bitte dich,
lass mir einen Hund bellen dort,
wo mein Zukünftiger
herkommen tut.“

Aus der Gegend am Obermain wird aus den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts folgende Begebenheit berichtet: „Die rotwangige Bauerschöne holt am Andreasabend unter einer Brücke, über welche Brautpaare gehen, einen Krug fließendes Wasser und trägt dieses ungesehen und unberedet in ihre Schlafkammer. Dort gießt sie das Wasser in eine noch ungebrauchte Schüssel und lässt geschmolzenes Blei durch den Ring eines Erbschlüssels in das Wasser tropfen. Aus den erstarrten Gebilden deutet sie Namen und Beruf ihres zukünftigen Bräutigams und die im folgenden Jahr zu erwartenden Ereignisse.“
Solches und ähnliches Brauchtum kennen wir heute noch aus der Silvesternacht. Am Altjahresabend sehnt man sich danach, einen Blick in die Zukunft zu erhaschen. Der Brauch solcher Losbefragungen ist heidnischen Ursprungs. Es heißt, dass die Mädchen der Germanen Ende November die Götter um ihr Schicksal befragten.
Kirchenjahr endet meist um Festtag des heiligen Andreas
Da das Kirchenjahr meistens um den Festtag des heiligen Andreas endet, wurde der 30. November auch noch in christlicher Zeit zu einem wichtigen Lostag. Heute freilich hat er diese Bedeutung eingebüßt, und die meisten Orakel- und Zukunftsbräuche sind auf den 31. Dezember gewandert.
In verschiedenen Orten wurde am Andreastag der Kümmelstollen gebacken, der sogenannte „Andreasstollen“. Auf ihn ist folgender Volksreim zurückzuführen:
„Kümmelandres, Kümmelandres,
Wo bist denn heut Nacht g?west?
Ich bin auf der Wiesen rum g?hupft
Hab meiner Mutter Kümmel gezupft.“
Mancherorts in Oberfranken trat Andreas auch als bösartige Perchtengestalt auf: Die Namen „Andreaspöpel“, „buckliger Andreas“ oder „Kettenandres“ haben sich noch manchmal erhalten. Ähnlich wie Pelzmärtel, der am 11. November erschien, trat der Andreaspöpel mit eisernen Ketten, Rute und Sack auf. Die bösen Kinder wurden vom Andreaspöpel bestraft, die braven Kinder mit Gaben wie Äpfeln, Nüssen oder Dörrobst beschenkt.