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LICHTENFELS: Weltfrauentag: Das Überwinden der Hürden im Kopf

LICHTENFELS

Weltfrauentag: Das Überwinden der Hürden im Kopf

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    Gisela Raab, Geschäftsführerin der Raab Baugesellschaft in Ebensfeld, leitet die Schlüsselfertige Abteilung und Projektentwicklung von Raab Immobilien.
    Gisela Raab, Geschäftsführerin der Raab Baugesellschaft in Ebensfeld, leitet die Schlüsselfertige Abteilung und Projektentwicklung von Raab Immobilien. Foto: Karsten Schöne

    Den Führerschein machen. Ein eigenes Konto eröffnen. Arbeiten gehen. All das ist für Frauen heute eine Selbstverständlichkeit. Noch vor 70 Jahren musste „Frau“ sich dafür die Erlaubnis des Ehemanns einholen. Dies änderte sich zwar mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958, doch erst mit einer Reform des Ehegesetzes im Jahr 1977 wurde die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung abgeschafft und die Hausfrauenehe durch das Partnerschaftsprinzip ersetzt. Das ist gerade einmal 44 Jahre her.

    Heute ist Weltfrauentag: den Gründen auf der Spur

    Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2021. Frauen sind mit Männern juristisch nicht nur gleichberechtigt, sie haben im Schnitt auch gleiche oder höhere Bildungsabschlüsse. Doch obwohl 76 Prozent der Frauen in Deutschland erwerbstätig sind, ist laut Statistischem Bundesamt nur knapp jede dritte Führungskraft weiblich. Auch bei der beruflichen Selbstständigkeit ist der Anteil der Frauen nur etwa halb so hoch wie jener der Männer.

    Anlässlich des heutigen Weltfrauentags erscheint es also gleichermaßen notwendig wie sinnvoll, den Gründen hierfür auf die Spur zu gehen und Frauen in Führungspositionen nach ihren Erfahrungen im Berufsleben zu fragen.

    „Reine Frauenteams wären für mich nicht zielführend. Am besten funktioniert es, wenn Männer und Frauen auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“

    Auf langjährige Erfahrung als Unternehmerin kann Gisela Raab zurückblicken. Sie ist Geschäftsführerin der Raab Baugesellschaft in Ebensfeld und leitet dort die Schlüsselfertige Abteilung und Projektentwicklung. Mit männlichen „Bollwerken“ oder Vorurteilen gegenüber Frauen, wie es oft zu hören ist, hat sie bislang keine Erfahrung gemacht: „Ich habe mich in meinem beruflichen Wirken noch nie als Frau zurückgesetzt, benachteiligt oder blockiert gefühlt. Ganz im Gegenteil: Ich erfahre viel Anerkennung, werde geschätzt und stets zuvorkommend von Männern behandelt“, berichtet die Bauingenieurin.

    Gleichzeitig betont sie aber auch, wie wichtig Diversität in Teams sei: „Reine Frauenteams wären für mich nicht zielführend. Am besten funktioniert es, wenn Männer und Frauen auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“

    Sie bedauert jedoch, dass Frauen oft nicht den Mut oder den Ehrgeiz haben, in Führungspositionen zu gehen. „Irgendwie scheint das Zweifeln ein Grundthema bei uns Frauen zu sein. Viele glauben nicht an sich oder wollen es schlichtweg nicht. Das ist aber auch eine Sache der Erziehung und Bildung“, so die Unternehmerin.

    An der Schule und der Uni mit Positivbeispielen inspirieren

    Hier ließe sich ihrer Meinung nach viel bewegen, wenn in der Schule oder an der Uni mit Positivbeispielen gearbeitet würde: „Den engagierten Frauen bei Raab geht es nicht nur um Gewinn und Umsatz, sondern auch um Sinnerfüllung. Wenn mehr junge Frauen sehen würden, was für tolle soziale und ökologische Projekte sich in der Baubranche umsetzen lassen, wären sicherlich auch mehr bereit, sich in einer Führungsrolle einzubringen. Unsere Welt braucht Frauen in der Führung, damit sie ich zu einer besseren verändern kann“.

    Größte Hürde: über den eigenen Schatten zu springen

    Dass bei der beruflichen Zusammenarbeit eine Mischung aus Frauen und Männer grundsätzlich guttut, bestätigt auch Undine Fuchs. Sie leitet gemeinsam mit ihrem Mann Christian das Ingenieurbüro Fuchs und berichtet, dass sie sowohl mit Frauen als auch Männern gerne zusammenarbeite und natürlich immer auf ein funktionierendes Kollegen-Team angewiesen sei: „Es ist definitiv von Vorteil, sowohl die weiblichen als auch männlichen Eigenschaften in einem Team zu vereinen. Während Männer gern auf Baustellen gehen und innerbetrieblich ihr Ding durchziehen, haben wir Frauen zum Beispiel das Bedürfnis nach Gemeinschaft. Und es ist gut, wenn die Männer das merken, da das Zwischenmenschliche nicht auf der Strecke bleiben darf.“

    Große Hürden für Frauen spüre sie in ihrer Branche keine. „Meiner Meinung nach ist es einfach wichtig, in technischer und fachlicher Hinsicht kompetent aufzutreten und dabei stets sachlich zu bleiben“, so die Bauingenieurin. Die wohl größte Hürde für Frauen sieht sei darin, über den eigenen Schatten zu springen: „Männer trauen sich grundsätzlich mehr zu, während Frauen dazu neigen, sich ständig selbst zu hinterfragen. Das fällt mir extrem auf, auch an mir selbst.“

    Ein Geheimrezept, wie sich das ändern ließe, hat sie zwar nicht, doch sieht sie definitiv einen Vorteil in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit ihrem Mann, da sie auf diese Weise die Stärken und Schwächen der männlichen und weiblichen Seite immer wieder reflektieren kann.

    Kerstin Rank wünscht sich von den Frauen mehr Mut zum Gründen

    Mehr Mut zum Gründen wünscht sich wiederum Kerstin Rank von den Frauen. Sie weiß wovon sie spricht, schließlich hat sie 2010 die erfolgreiche Upcycling-Marke „Bag to Life“ gegründet und erhielt 2019 den Unternehmerinnen Award Oberfranken in der Kategorie „Start ups“. „Leider gibt es vor allem in Oberfranken immer noch zu wenig Gründerinnen“, so Rank.

    „Ich denke, dass das unter anderem an der Rolle liegt, die uns viel zu früh zugeteilt wird. Hier ist es an der Zeit, umzudenken und vor allem Mädchen und jungen Frauen viel offener die Wahl zu lassen, in welche Richtung sie sich entwickeln möchten. Das wiederum hängt natürlich auch stark davon ab, wie es die Eltern vorleben.“

    Auch der Bildungsbereich spiele eine wichtige Rolle, wie die Unternehmerin ausführt: „In der Schule wird Wirtschaft immer noch sehr theoretisch behandelt, dabei ist es doch etwas Lebendiges! Warum also nicht schon hier Start-Up-Wettbewerbe ausrufen und junge Menschen dazu anregen, etwas Neues zu entwickeln. Ich bin sicher, dass auf diese Weise auch mehr Mädchen Lust aufs Gründen bekämen.“

    Brigitte Eichner-Grünbeck ist seit 2009 Leiterin des Museums Kloster Banz und berichtet, dass sie in ihrer Führungsrolle voll aufgeht
    Brigitte Eichner-Grünbeck ist seit 2009 Leiterin des Museums Kloster Banz und berichtet, dass sie in ihrer Führungsrolle voll aufgeht Foto: Wolfgang_Mennel

    Sie selbst hat sich nach der Geburt ihrer Tochter dazu entschieden, ihr eigenes Business aufzubauen, und weiß deshalb auch, dass dies gerade für Frauen mit Kindern eine Herausforderung ist. „Ob ,Working Mum‘ oder ausschließlich Mutter – jede Frau muss für sich selbst herausfinden, wie ihr Lebensmodell aussieht. Ich würde mir aber wünschen, dass wir Frauen uns hier gegenseitig unterstützen statt das sogenannte ,Momshaming‘ zu betreiben.“

    „Wir Mütter agieren als Vorbilder und sollten unsere Kinder nicht in eine bestimmte Richtung drängen, sondern alles ausprobieren lassen und ihnen dabei auch vorleben, wie man führt, entscheidet und mit Niederlagen umgeht.“

    Brigitte Eichner-Grünbeck, Museumsleiterin Klsoter Banz

    Familie und Führungsposition unter einen Hut gebracht, hat auch Brigitte Eichner-Grünbeck. Sie leitet seit 2009 das Museum Kloster Blanz und war vorher bereits freiberuflich tätig, als ihre erste Tochter noch im Säuglingsalter war. „Viele Frauen scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit oder auch in verantwortungsvolle Positionen, weil es ja auch eine Frage des Zeitaufwandes ist“, so Eichner-Grünbeck. „Hier muss man einfach flexibel sein. Als meine Kinder klein waren, habe ich viel abends gearbeitet. Und im Grundschulalter war es wichtig, nachmittags zu Hause zu sein. Durch die Unterstützung meiner Mutter konnte ich es gut miteinander vereinbaren. Was ebenfalls wichtig ist: Flexible Buchungszeiten im Kindergarten und natürlich stabile soziale Netzwerke.“

    Bei ihren Töchtern wiederum achtet sie darauf, dass diese ihren eigenen Weg gehen und in ihren individuellen Interessen gefördert werden. „Wir Mütter agieren als Vorbilder und sollten unsere Kinder nicht in eine bestimmte Richtung drängen, sondern alles ausprobieren lassen und ihnen dabei auch vorleben, wie man führt, entscheidet und mit Niederlagen umgeht“, so die Museumsleiterin. Sie habe den Schritt in eine Führungsposition nie bereut und hält es für wichtig, bei Vorurteilen nicht empfindlich zu sein.

    Undine Fuchs leitet gemeinsam mit ihrem Mann das Ingenieurbüro Fuchs in Lichtenfels. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagte sie bereits im Jahr 2003
    Undine Fuchs leitet gemeinsam mit ihrem Mann das Ingenieurbüro Fuchs in Lichtenfels. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagte sie bereits im Jahr 2003 Foto: Ulrike Präcklein

    „Auch als Frau muss ich mal auf den Putz hauen können“, verrät sie und fügt hinzu, dass es immer darauf ankomme, wie sich jemand präsentiert: „Sicheres Auftreten ist überall von Vorteil. Aber: Jeder Mensch führt anders. Und wir Frauen sollten keinesfalls die Männer imitieren, sondern besser unsere eigenen, femininen Stärken ausspielen, dann können wir eigentlich nur gewinnen.“

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