Das kleine Lied „Hoch hinaus“ tönt durch den Musiksaal – und genauso mitreißend ist auch die Begeisterung der Mädchen und Jungen. Nach rund einem halben Jahr spielen sie schon viele bekannte Melodien – von volkstümlichen bis klassisch.
„Sie“, das sind die Schüler der Bläserklasse der Dr.-Roßbach-Schule in Lichtenfels. Sie genießen während des regulären, doppelstündigen Musikunterrichts ihrer Klassenkameraden eine ganz besondere Doppelstunde. Hierfür bringt sie ein Bus regelmäßig in die Räume der Heinrich-Faber-Musikschule an der Herzog-Otto-Mittelschule Lichtenfels.
Werden sie doch beim Gang durch die Flure von den größeren Schülern mitunter etwas liebevoll gefoppt, so stören in den Unterrichtsräumen Neckereien wie „Du hast dich verspielt“ niemanden. Alle sitzen im gleichen „Boot“ beziehungsweise demselben Musiksaal, denn niemand hat vor diesem Schuljahr schon sein Instrument beherrscht.
Gemeinsam von Grund auf lernen
„Sie kennen sich untereinander haben, haben aber alle bei null angefangen“, verrät die Projektleiterin Susi Schliefer. Das ermögliche einen Basisunterricht für alle. Dieser bestehe zum einen aus einer Schulstunde Registerunterricht, dem Unterricht an den eigenen Instrumenten, in Kleingruppen für die Querflöten, Klarinetten, Waldhörner, Trompete, Tenorhorn und Schlagzeug. Ihre favorisierten Instrumente hatten die Kinder zuvor bei einem eigenen Schnuppertag der Musikschule Lichtenfels an der Dr.-Roßbach-Schule ausgewählt.

Sie lernen zunächst die jeweilige Technik rund um verschiedene Griffe, Atemtechnik, den Ansatz und vieles mehr. Hierfür stehen die Fachlehrer Karl Heinz Kerner für die Klarinetten, Zdenek Fiala für die Blechbläser, Vladimir Sigarev für die Schlaginstrumente und Susi Schliefer für die Querflöten zur Verfügung. Letztere ist es auch, die im Anschluss den Orchesterunterricht leitet. So auch heute.
Allen Niveaus gerecht werden
„Die Herausforderung besteht zunächst darin, dass alle Schüler gleichzeitig zu spielen anfangen, ihre Einsätze treffen und aufmerksam sind“, so die Musiklehrerin. Sie hat viel Erfahrung in der musikalischen Begleitung von Kindern und daher einen besonderen Blick für die kleinen und großen Fortschritte: „Jeder und jede hat sich schon viel weiterentwickelt, das motiviert.“

Doch darin besteht auch die große Aufgabe von Susi Schliefer: „Die Kinder verbessern sich unterschiedlich schnell. Es gibt welche, die sehr leicht lernen und welche, die zu Hause viel an den Leihinstrumenten üben müssen. Ich möchte immer alle Kinder mitnehmen.“
Die Rede ist von der Balance zwischen Unter- und Überforderung, dem Gerecht-Werden jedes einzelnen der Acht- und Neunjährigen. „Ein gutes Alter, um nun strukturiert ein Instrument zu lernen“, weiß Susi Schliefer. Die Kinder können lesen, sind im System Schule angekommen und sehr neugierig und engagiert.
Erster Auftritt im Mai geplant
Fühle sich hier jedes Kind bestärkt und wohl inmitten dieser Gemeinschaft, so könnte die Musik lange eine Rolle in ihrem Leben spielen, erklärt Susi Schliefer. Dabei hat sie kurzfristig den ersten Auftritt der Bläserklasse im Rahmen des Schulfestes im Mai im Kopf. Dort möchte sie bunt gemischte Stücke präsentieren.
Nach den zwei Jahren, die das Pilotprojekt zunächst andauern soll, hofft die Musiklehrerin so etwa auf neue Mitglieder im Schulorchester. Doch auch, wenn das nicht der Fall sein sollte, hätten die Kinder viel gelernt – auch im Sozialverhalten: „Man wird aufmerksamer für die anderen, man findet seine Rolle in einer Gruppe. Und wenn einer mal durchhängt, ziehen ihn die anderen oft mit.“
Bläserklassen stellen im Schulamtsbezirk noch eine Seltenheit dar. In Ebensfeld existiert seit Jahren eine solche Klasse in Zusammenarbeit mit der Musikvereinigung Ebensfeld e.V..

Bei Besuchen im Schulamtsbezirk Bamberg ist Pia Löffler, Rektorin der Dr.-Roßbach-Schule, auf die Bereicherung für das Schulleben und den Schulamtsbezirk aufmerksam geworden. Der Leiter der Musikschule Lichtenfels Stephan Schultz hat die Idee für die Bläserklasse gehabt.
Auf einmal Lehrer und Instrumente zur Verfügung!
„Bei uns in Lichtenfels hat sich durch die neue Leitung der Musikschule ein Wechsel vollzogen und gleichzeitig waren Instrumente verfügbar, die von der Stadt für die ehemalige Bläserklasse der HOS angeschafft worden waren. Es standen also sowohl Instrumente als auch Lehrkräfte zur Verfügung“, erinnert sich Pia Löffler. Das Interesse der Eltern bei einem entsprechenden Informationsabend hierzu sei groß gewesen.
Die Gründung der Bläserklasse erforderte jedoch stundenplantechnisches Geschick, da in der Grundschule selbst nicht genügend Räume für den Registerunterricht vorhanden sind. Für die hervorragende Organisation dankt die Musikschule Lichtenfels Pia Löffler und ihrem Team recht herzlich.