Die Sorge ist Oberarzt Dr. Hussam Jamoul deutlich anzusehen, als er, als Kopf einer Delegation, Landrat Christian Meißner am Rande der jüngsten Protestaktion am Regiomed-Klinikum gegenübertritt. Höflich bittet er den Landkreis-Chef um ein kurzes Gespräch. Es geht um nicht weniger als um den Fortbestand der Neurochirurgie am Standort Lichtenfels.
Die Neurochirurgie soll nach Coburg verlagert werden. „Dies wurde durch die Gremien des Regiomed-Verbundes unter Einbeziehung der Gremien des Landkreises Lichtenfels im Jahr 2020 festgelegt“, bestätigt Andreas Grosch, Pressesprecher am Landratsamt, auf Nachfrage dieser Redaktion. Vorausgegangen seien eine lange Abstimmung und und eine lange Abwägung im Hinblick auf geplanten Neubau des Klinikums Coburg.
„Unser Team ist einstimmig gegen diese Verlegung.“
Dr. Hussam Jamoul, Oberarzt am Klinikum Lichtenfels
Das erklärte Ziel der Beschließenden: Der Konzern sollte zukunftsfähig aufgestellt werden, was durch Bildung von Zentren innerhalb des Verbunds forciert werden sollte. „Gleichzeitig wurde beschlossen, die Urologie von Coburg nach Lichtenfels zu verlagern“,, fügt Grosch an. Nach Informationen dieser Redaktion einhergehend mit einer Ausgleichszahlung gen Lichtenfels in nicht unerheblicher Höhe.
Eine komplett neue Situation
Doch ob die ursprüngliche Planung überhaupt zum Tragen kommt, ist längst fraglich: Aufgrund der Entwicklungen in den vergangenen sechs Monaten hat sich hier zwischenzeitlich eine komplett neue Situation ergeben.
Das sieht auch das Team um Oberarzt Dr. Hussam Jamoul so. „Unser Team ist einstimmig gegen diese Verlegung“, sagt er dem Landrat. „Was hier 2009 begründet und sich seither entwickelt hat, hat allerhöchstes Niveau.“ Sogar den Vergleich mit der Charité müsse man nicht scheuen. Landkreis-Pressesprecher Andreas Grosch formuliert es etwas diplomatischer, aber nicht weniger wohlwollend: „wir haben eine allgemeine Neurochirurgie mit sehr breitem Spektrum und modernster Ausstattung, die auch den Anforderungen einer universitären Einrichtung genügt.“
„Das trifft uns ins Herz!“

Dr. Hussam Jamoul fügt im Gespräch mit Landrat Christian Meißner an: „Es geht bei dieser Entscheidung um die Menschen und um die Qualität der Neurochirurgie. In Coburg wird das so nicht umsetzbar sein. Das trifft uns ins Herz!“ Neurochirurgie und Neuroradiologie seien eine untrennbare Einheit.
Landrat Christian Meißner hört lange und aufmerksam zu. „Es ist richtig, dass die Verlegung im Krankenhausplan steht, doch auch nur und erst, wenn das Klinikum Coburg gebaut ist“, sagt er dem Mediziner. Da könnten gut und gerne noch zehn Jahre ins Land gehen. „Eine lange Zeit, in der noch ganz viel passieren kann.“ Der Landkreis-Chef lässt durchblicken, dass sich ein Krankenhausplan durchaus ändern lasse. Denn eines sei sicher, so Landkreis-Pressesprecher auf Nachfrage dieser Redaktion: „Ja, der Klinikstandort Lichtenfels würde durch die Verlegung der Neurochirurgie nach Coburg massiv geschwächt.“
Der Freistaat hat es in der Hand
„Letztlich zuständig für eine solche Verlagerung ist der Freistaat Bayern“, sagt Andreas Grosch, Pressesprecher am Landratsamt. „Er ist für die Krankenhausplanung zuständig und legt diese in Form des Krankenhausplanes fest.“ Und schreibt diesen fort. Grundlage jedoch war die Festlegung im mittlerweile insolventen Regiomed-Verbund.
Da der Freistaat die Federführung hat, sind die Einflussmöglichkeiten von Landrat und Landkreis beziehungsweise Kreistag auf den Krankenhausplan äußerst begrenzt? „Natürlich hat sich aus unserer Sicht durch die Insolvenz des Regiomed-Verbunds eine völlig neue Situation ergeben“, so Grosch. An die Belegschaft der Neurochirurgie gerichtet, fügt er an: „Sie können daher sicher sein, dass hier entsprechende Gespräche geführt wurden und auch noch werden.“
„Wir haben hier ein Aushängeschild, dass wir ohne Not aufs Spiel setzen“, warnt Dr. Hussam Jamoul. Er lässt durchblicken, dass sich längst nicht jeder aus dem Team einfach so nach Coburg bugsieren lasse. „Wir haben hier in Lichtenfels ein tolles Team, haben das Equipment, haben die Expertise.“
Neurochirurgie in Lichtenfels Die Abteilung für Neurochirurgie am Klinikum Lichtenfels hat ein komplexes Aufgabenfeld und versorgt Patientinnen und Patienten in ganz Oberfranken und Südthüringen. Zum Portfolio gehören die Traumatologie Schädel / Gehirn, Wirbelsäulenchirurgie von Hals bis Lendenwirbelsäule, Hirntumore, Gehirnblutung und Notfälle bei Gehirnblutungen, Subarachnoidalblutung (zusammen mit Neuroradiologie), Altershirndruck und Shuntversorgung, die Versorgung von Aneurysmen oder auch die Neuro-Intensivmedizin. (mdr)