War es ein gutes Jahr für Sie, für uns? Zu Beginn dieses Jahres habe ich mit vielen anderen erhofft, dass es ein gutes Jahr 2023 werde. Doch jetzt, zum Jahresende, würde es weder mir, noch ihnen schwer fallen aufzuzählen, dass es nicht so gekommen ist. Die Schreckensnachrichten aus der großen weiten Welt, die anhaltenden kriegerischen und politischen Auseinandersetzungen, die nicht zu übersehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme. Ganz zu schweigen von der Zerrüttung im kirchlichen Leben, die miese Stimmung und Miesmacherei und dazu noch all die traurigen und dramatischen Ereignissen im privaten Umfeld.
Vor wenigen Wochen habe ich Urban Priol bei seinem satirischen Jahresrückblick „TILT 2023!“ live zu schauen und zu hören können. Er kommentiert auf seine spitze Art die große und kleine Politik und die Sonderbarkeiten und Sorgen unserer Gesellschaft. Am Ende wird er nachdenklich. Ja, es gebe Probleme, große sogar.
Und Urban Priol endet sinngemäß, dass mit Nörgeln, Jammern, zerstörerischem Protestieren, Protestwählen, Diffamieren von Mitmenschen wir unser bestes Kapital verspielen, das wir haben: uns selbst mit unsere Mitmenschlichkeit, mit unseren kreativen Ideen, mit unseren guten Willen nicht aufzugeben, selbst wenn man auch nur im Kleinen etwas zum Guten verändern kann.
„Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern“, lautet ein bekannter afrikanischer Spruch. Ich bin mir sicher, dass im vergehenden Jahr, auch wenn das ein oder andere in der großen und kleinen Welt nicht gut war, und so manches vielleicht auch nicht mehr gut wird, wir doch die vielen kleinen Menschen, an vielen kleinen Orten, die viele kleine gute Dinge getan haben, kennengelernt und getroffen haben, ja vielleicht sogar selbst waren.
„Für mich gibt es einen einzigen Gottesbeweis (alle anderen sind nette Versuche): Wenn in unserer Welt, so wie sie beschaffen ist, ein Mensch erscheint, der wirklich menschlich ist. Dort bricht Gott in unsere Welt ein“, so die Theologieprofessorin Martha Zech (in Christ in der Gegenwart 51/2023).
Das wünsche ich mir und uns für das kommende Jahr, für jeden neuen Tag: Dass es solche viele kleine Leute gibt, die wirklich menschlich sind, die uns glaubhaft machen, dass da ein Gott ist, der uns menschlich zugewandt ist. Solch kleine Leute, die spüren lassen, dass das Leben wertvoll ist, ein Geschenk Gottes, die wissen, dass Probleme da sind, um sie zu lösen, und dass gegen Häme und Hass Aufrichtigkeit und Mitgefühl hilft.
Diese vielen kleinen Leute könnten das Gesicht der Welt, der Kirche, des Lebens im Jahr 2024 verändern. Und sei es auch nur im Kleinen, das wäre doch schon was! Vielleicht könnten wir selbst so kleine menschliche Leute sein!
Ihre Birgit Janson, Pastoralreferentin
Seelsorgebereich Lichtenfels-Obermain