Wort zur Besinnung
Es vergeht momentan kaum ein Tag, an dem wir nicht mindestens eine Hiobsbotschaft für unseren Alltag bekommen.
Da gibt es den Krieg in der Ukraine, der unser Leben noch teurer gemacht hat, als wir es uns wohl jemals haben vorstellen können. Die Folgen sind hohe Energiekosten und Rettungsmaßnahmen unserer Regierung, damit die Betriebe am Laufen gehalten werden. Ja, manchmal kann man da schon die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und es bleibt uns der Atem weg, weil wir nicht wissen, wie es weitergehen soll.
Und was macht der Mensch in solchen Fällen? Er fängt an zu murren und zu meckern. Am Ende bleibt die Klage darüber, wie schlecht es uns geht.
Und ich kann das gut verstehen. Denn auch ich weiß nicht, wie teuer das Leben am Ende sein wird. Ich kann nicht sagen, ob mein Geld ausreicht, um alle Lebenshaltungskosten bezahlen zu können. Das macht mir zu schaffen.Da tut es mir gut, einmal eine andere Perspektive anzunehmen. Die Perspektive, die uns der Psalmbeter des 145. Psalms anbietet. Es ist der 15. Vers und der Spruch, der über dem Erntedankfest steht: Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Hier lese ich nichts von einem Mangel. In dem gesamten Psalm lese ich vor allem von dem Dank, Gott gegenüber, für alles, was er uns Gutes getan hat. Es ist ein Loblied des Königs David für die Güte Gottes.
Auch David kannte den Mangel und wirklich schlimme Tage. Er hatte mit seiner großen Familie einen ganzen Sack voller Probleme. Und auch er hat geklagt. Allerdings hatte seine Klage immer einen Adressaten: den Herrn, seinen Schöpfer.
Und David hat auch in den schweren Tagen nicht vergessen, was er Gutes bekommen hat. Er erinnert sich an die guten Tage, die sein Leben auch bereichert haben. Er bleibt nicht nur bei der Klage, sondern wendet seinen Blick immer wieder dahin, woher er das Gute hat und woher seine Hilfe kommt. Sein Blick geht hin zu seinem Schöpfer.
Und das können wir auch in dem Spruch für das Erntedankfest lesen: Aller Augen warten auf dich. Wir können hier ergänzen: Aller Augen warten auf dich, Herr. Der Blick richtet sich auf Gott, der uns so viel Gutes im Leben getan hat. Und wer das begriffen hat, der wird seinen Blick schärfen können, für das, was in seinem Leben noch gut ist.
In unserem Partnerdekanat in Tansania gibt es Menschen, die wirklich Hunger leiden. Wir versuchen ihnen, so gut es geht zu helfen. Dieses Wissen aber zeigt mir, wie gut ich es haben darf. In unserem Land können wir irgendwie doch immer wieder satt werden. Und auch wenn das Leben schwieriger wird, sorgt Gott dafür, dass wir Gutes empfangen.
Wir haben in unserem Land ein überaus gutes Gesundheitssystem. Und auch, wenn dieses System an manchem krankt, ist es doch besser als in fast allen Ländern dieser Welt. Wie gut ist es, dass ich wissen darf, dass ich nicht ins Bodenlose falle, wenn ich einmal arbeitslos werde. Wir haben es in unserem Land immer noch so gut. Dafür dürfen wir dankbar sein.
Nun ist es aber so, dass wir Menschen möglichst immer alles sofort haben wollen. Reichtum, Wohlstand und Sicherheit sollen genauso vorhanden sein, wie Freiheit und Gerechtigkeit. David sagt uns in unserem Vers: Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Wir bekommen genug zum Leben. Aber nicht immer dann, wenn wir es erwarten, sondern wenn es gut für uns ist.
Ich wünsche uns allen ein dankbares Herz, inmitten aller Unsicherheiten des Alltags, die unsere Herzen mit Sorgen belasten wollen.
Ihr Pfarrer Kornelius Holmer
Zapfendorf