Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

VIERZEHNHEILIGEN: Wort zur Besinnung: Lummensprung ins Ungewisse

VIERZEHNHEILIGEN

Wort zur Besinnung: Lummensprung ins Ungewisse

    • |
    • |
    Schwester Katharina Horn.RED
    Schwester Katharina Horn.RED Foto: Foto:

    Wort zur Besinnung

    Haben Sie schon mal etwas vom Lummensprung gehört? Lummen, genauer gesagt, Trottellummen, gehören zur Familie der Alkenvögel. Sie erinnern vom Aussehen an Pinguine. Im Gegensatz zu diesen können sie aber nicht nur sehr gut schwimmen und tauchen, sondern auch fliegen.

    Sie nisten in Scharen an der Steilküste Helgolands. Auf extrem schmalen Simsen des blanken Felsens legen sie ihre Eier, deren Form verhindert, dass sie abstürzen. Auf den Füßen balancierend brüten die Lummen ihren Nachwuchs aus. Wenn die Kleinen geschlüpft sind, leben sie einige Woche auf dem Felsen, bis sie so groß geworden sind, dass die Eltern nicht mehr in der Lage sind, die Jungen zu ernähren.

    Dieses Problem löst die Natur mit einer mutigen Aktion – dem Lummensprung. Ein Elternteil befindet sich unterhalb des Felsens im Wasser und ruft das flugunfähige Junge. Der andere Elternteil führt es an den Klippenrand und ermuntert es, ins Ungewisse zu springen.

    Wagt es schließlich den Absprung, fliegt dieses Elternteil parallel zum springenden Jungvogel und begleitet den Nachwuchs bei seinem Fall.

    Bis zu 50 Meter hoch ist die Steilküste von Helgoland, und wer davon hört, dass die kleinen Vögel springen müssen, befürchtet schwere Verletzungen. Doch in Wahrheit ist ihr Körperbau zu dieser Zeit noch so flexibel, dass sie den Sprung unbeschadet überstehen.

    Durch den Sprung bleibt die Familie zusammen. Das Junge kann ernährt werden und schwimmt mit den Eltern in den Norden. Dort lernt es fliegen und kehrt irgendwann nach Helgoland zurück, um selbst für Nachwuchs zu sorgen.

    Ich konnte vor einigen Wochen vier Lummen bei ihrem Sprung beobachten. Das Sprungverhalten war sehr unterschiedlich: Eines der vier Jungvögel sprang mit großer Eleganz hinab in die Tiefe, als hätte es das bereits mehrmals gemacht. Ein anderes zögerte, bis es dem Ruf des Elternteils traute. Ein weiteres schien eher abgerutscht, als richtig gesprungen zu sein. Das vierte lief viermal wieder von der Kante weg und traute sich erst, beim fünften Mal zu springen.

    Mich beschäftigte dieses Ereignis sehr lange, und ich zog Parallelen zu unserem Menschenleben. Bei den meisten großen Entscheidungen ist der weitere Verlauf ungewiss. Je nach persönlicher Erfahrung oder Einstellung entscheiden sich die einen schneller, die anderen erst nach reiflicher Vorbereitung und Zögern.

    Auch unser Glaube ist wie ein solcher Sprung. Lasse ich mich auf Gott ein, habe ich keine Sicherheit, ob ich damit wirklich zum Leben finde und schließlich „fliegen“ lerne, oder ob ich nicht doch abstürze.

    Es hilft, wenn da schon jemand ist, der diese Erfahrung hinter sich hat und mich begleitet. Doch springen kann ich nur selbst. Das erfordert Mut, ohne Frage. Jeder Sprung ist individuell – da gibt es keine Gebrauchsanleitung oder ein Procedere, das geübt werden kann. Ich kann mich nur auf andere verlassen, die mich ermutigen und bei meinem Sprung begleiten können.

    Im Blick auf die vier Lummen, finde ich es tröstlich, dass es egal ist, wie elegant ich springe – unten ankommen und sich dabei nicht verletzt haben, ist eine Erfahrung für alle.

    Sr. Katharina Horn,

    Franziskusschwester

    von Vierzehnheiligen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden