Gestern, am Karfreitag, war alles, wie es so ist in unserer Welt: leise, tot, lebensfeindlich. Alles, wie gewohnt. Doch Ostern stellt alles auf den Kopf, Gott bringt alles durcheinander. Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, erhaben ist mein Haupt in dem Herrn.
Mein Herz wird am Ostermorgen in Lichtenfels fröhlich sein. Die Trauer und Angst verfliegen. Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn. Deswegen sollen wir Pfarrer auch an Ostern gute Witze in der Kirche erzählen. Denn an Ostern kann ich fröhlich, lustig und ausgelassen sein. Alles ist neu. Das Leben bricht aus allen Ecken und Enden hervor. Ich kann und darf fröhlich singen. Ein Danklied für unverhofftes Glück – ich singe dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. Ich lache ausgelassen und froh, denn Gott macht mich lachen.
Vielleicht wundern Sie sich über meine Worte. Es siegen doch scheinbar immer der Tod, der Hass und die Gewalt in unserer Welt. Mit dem Karfreitag damals und dem Karfreitag heute scheint jede Hoffnung sinnlos zu sein. Ich kenne dieses Gefühl der Sinnlosigkeit sehr gut aus meinem Leben.
Der plötzliche Tod des 25-jährigen Sohnes meines Freundes, eines tollen Arztes. Der Freund in El Salvador, der als Arzt nach dem Bürgerkrieg wieder Leben retten wollte und an der Hand seiner dreijährigen Tochter von einer rechten Todesschwadron ermordet wurde. Menschen in der von mir geleiteten Klinik, die todkrank in unserem Krankenhaus versorgt wurden. Keine Hoffnung mehr. Karfreitag überall.
Aber so ist es nicht. So leicht kann ich mich nicht damit abfinden. Ostern kommt. Ostern geschieht. Ostern bringt mich zum Aufstehen, zum Aufstand fürs Leben. Wenn mich einer fragt, was ist denn Ostern, sage ich nur: das Leben siegt. Trotz des Todes um mich herum traue ich dem Leben mehr zu. Warum?
Es ist niemand heilig wie Gott, außer dir ist keiner, und ist kein Fels wie unser Gott. Die Christus ans Kreuz schlugen, meinten ihn auf den Müllplatz der Geschichte werfen zu können. Sie dachten, sie seien fertig mit ihm. Pustekuchen – Ostern ist nicht nur das Gegenteil von Karfreitag. Ostern ist der Sieg über den Karfreitag.
Das Leben siegt. Wir lachen dem Tod und seinen Handlangern ins Gesicht. Auch wenn noch manche Träne fließen wird. Christen und Christinnen sind Protestleute gegen Tod. Wir leisten
Unsere jüdischen Schwestern und Brüder machen das schon seit Jahrtausenden. Sie leisten Widerstand. Immer wieder wollten die Perser, die Römer, die Christen ihnen das Ende bereiten. Doch der Mandelzweig des Lebens blüht immer wieder, als Zeichen, dass das Leben siegt. Deshalb kann ich an Ostern so gut jüdische Witze erzählen und herzhaft mit Euch darüber lachen. Denn sie sind der beste Beweis dafür, dass das Leben siegt und sich das Lachen lohnt.
So teile ich diesen jüdischen Witz mit euch an Ostern: In einem kleinen Tal droht ein Hochwasser. Ein Mann eilt mit seinem Auto zum Haus des Rabbis, um ihn in Sicherheit zu bringen. „Nicht nötig“, antwortet der fromme Rabbi, „Gott wird mich schon retten.“ Als der Rabbi wegen des Hochwassers in den ersten Stock geflüchtet ist, kommt ein weiteres Gemeindeglied vorbei, um den Rabbi mit einem Boot zu retten. „Nicht nötig“, antwortet der fromme Rabbi, „Gott wird mich schon retten.“ Am Schluss sitzt der Rabbi auf dem Dach, so hoch ist das Wasser schon gestiegen. Ein Hubschrauber kommt, um den Rabbi zu retten. Aber auch der Pilot bekommt die gleiche Antwort wie seine beiden Vorgänger. „Nicht nötig“, antwortet der fromme Rabbi, „Gott wird mich schon retten.“ Schließlich ertrinkt der Rabbi und steht klagend vor Gott: „Herr, wo warst du? Warum hast du mich nicht gerettet?“ „Nun,“ antwortet Gott, „ich habe dir ein Auto, ein Boot und einen Hubschrauber geschickt. Die Frage ist doch: Worauf hast du gewartet?“
Ich warte auf Ostern – jedes Jahr. Damit ich aufstehe ins Leben. Hier und jetzt. Damit ich den Aufstand übe für das Leben! Damit ich dem Tod auf der Nase herumtanze – auch wenn der erste Schritt noch schwerfällt. Doch Christus tanzt mit uns –heute und in Ewigkeit. Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Frohe Ostern!
Dr. Christian Frühwald,
evangelischer Pfarrer,
Lichtenfels