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LICHTENFELS: Wort zur Besinnung: Wort zur Besinnung von Pater Maximilian Wagner

LICHTENFELS

Wort zur Besinnung: Wort zur Besinnung von Pater Maximilian Wagner

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    Wort zur Besinnung

    Der Sonnengesang des heiligen Franz von Assisi feiert in diesem Jahr seinen 800. Geburtstag. „Laudato si, o mi‘ signore“ – so beginnt der Lobgesang der Geschöpfe, den wir als beschwingtes Lied aus Kindertagen kennen.

    Die Himmelskörper Sonne, Mond und Sterne sowie die vier Elemente, aus denen sich die Welt zusammensetzt: Feuer, Wasser, Erde und Luft werden zu Schwestern und Brüder erklärt:

    Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, besonders Bruder Sonne, der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest. Schön ist er und strahlend mit großem Glanz: von dir, du Höchster, ein Sinnbild.

    Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Mond und die Sterne. Am Himmel hast du sie geformt, klar und kostbar und schön.

    Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Wind, für Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter, durch das du deine Geschöpfe am Leben erhältst.

    Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Wasser. Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und keusch.

    Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer, durch den du die Nacht erhellst. Und schön ist er und liebenswürdig und kraftvoll und stark.

    Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt mit bunten Blumen und Kräutern.

    Interessant, dass männliche und weibliche Geschöpfe immer paarweise auftreten. Als Geschwister reichen sie sich in harmonischem Reigen die Hand und verweisen auf Gott, der alles so wunderbar geschaffen hat: Bruder Sonne und Schwestern Mond und Sterne, Bruder Wind und Schwester Wasser, Bruder Feuer und Schwester Mutter Erde.

    Mit der siebten Strophe seines Liedes hat Franz dem Bürgermeister und Bischof von Assisi damals ins Gewissen geredet, die beide verfeindet waren. Als sie diese hörten, haben sich beide angeblich sofort versöhnt.

    Gelobt seist du, mein Herr, für jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Not. Selig, die ausharren in Frieden, denn du, Höchster, wirst sie einst krönen.

    Ganz anders werden die beiden letzten Strophen seines Liedes formuliert. Wer versöhnt mit Gott und der Welt sterben kann, braucht den Tod nicht mehr zu fürchten, denn dieser ist der Übergang zum ewigen Leben bei Gott.

    Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester, den leiblichen Tod; kein lebender Mensch kann ihm entrinnen. Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben. Selig, die er finden wird in deinem heiligsten Willen, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.

    Der Mensch erscheint im Sonnengesang nicht als Beherrscher, der sich etwas untertan macht, nicht einmal als Krone der Schöpfung. Nur indirekt kommt er vor, gebrechlich und begrenzt, der Krankheit, Drangsal und dem Tod ausgesetzt. Die älteste Handschrift dieses Liedes aus dem Jahr 1250 merkt an, dass Franz diesen Liedtext zum Lob und zur Ehre Gottes verfasst hat, als er krank in San Damiano in Assisi lag. Franz schreibt es wenige Monate vor seinem Tod, als er von ständigen Schmerzen geplagt und fast blind ein Pflegefall geworden ist.

    Der Sonnengesang, mit dem der heilige Franz von Assisi die italienische Poesiegeschichte noch vor Dante Alighieri eröffnet und in die Weltliteratur eingeht, ist das Lied der Befreiung aus 50 Tagen innerer und äußerer Dunkelheit.

    Der Sonnengesang ist uns nur als Text erhalten geblieben. Die Melodie dazu haben die ersten Franziskaner mündlich weitergegeben, aber leider nicht aufgeschrieben.

    Vielleicht gar nicht so schlecht, denn zahlreiche Komponisten haben daher die Freiheit gehabt, in allen möglichen Sprachen ihre Melodie zu diesem Spitzentext zu erfinden. Auf www.youtube.com findet sich eine reiche Auswahl dazu.

    P. Maximilian Wagner, Franziskaner und Rektor der Basilika Vierzehnheiligen

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